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„Es lohnt nicht mehr“In Ruppichterother Familienbäckerei ist  nach 117 Jahren der Ofen aus

Lesezeit 3 Minuten
Ein Wohnhaus mit einer Bäckerei im Erdgeschoss.

1908 vom Großvater gebaut, galt es einst als "schönstes Haus in Ruppichteroth", erzählt Bäckermeister Ernst-Willi Schmitz. Der 75-Jährige hat den Betrieb geschlossen.

Wieder stirbt eine Handwerksbäckerei: Schmitz aus Ruppichteroth schloss nach 117 Jahren. Betroffen sind auch Filialen im Umkreis.

Der Familienbetrieb war sein Leben. Ernst-Willi Schmitz hat noch mit mehr als 70 Jahren in der Backstube gestanden, tatkräftig unterstützt von seinen Gesellen. Nun hat er die vom Großvater gegründete Bäckerei geschlossen, nach 117 Jahren. Warum führt kein Mitarbeiter das Geschäft weiter? Schmitz schüttelt energisch den Kopf: „Das ist keinem zuzumuten, das lohnt nicht mehr.“

Es gehe schon seit Jahren bergab. Der Meister sieht einen Verdrängungswettbewerb, von dem große, finanziell starke Ketten profitierten. Auch er habe sich für den Standort auf dem Huwil-Gelände interessiert, Edeka nahm einen Filialisten mit hinein. Die Kunden achteten zunehmend aufs Geld. Mit den Discountern mitzuhalten sei für kleinere Handwerksbetriebe unmöglich: „Billig können wir nicht.“ Dazu komme der Fachkräftemangel.

Zwei Männer in Arbeitssachen vor einer Holzhütte sitzend

Die Feierabend-Hütte baute der Meister Ernst-Willi Schmitz (r.) mit seinen Gesellen auf, Stefan Flick (l.) stehe ihm auch jetzt beim Ausräumen des Betriebs zur Seite "wie ein Sohn".

Betroffen sind außer dem Hauptgeschäft an der Brölstraße auch die Verkaufsstellen im Netto- und im Pennymarkt sowie die Filiale in Windeck-Herchen, dort war Schmitz der letzte Bäcker im Dorf. In Ruppichteroth gibt es neben der Voigt-Filiale im Edeka noch den Engelhardt.

1908 hatte der Großvater, ein Landwirt von der Hardt, das Wohn- und Geschäftsgebäude an der Brölstraße gebaut, das galt „damals als schönstes Haus in Ruppichteroth“, sagt Schmitz. Der Großvater gründete eine Schreinerei und eine Bäckerei. Damals sei die Straße viel schmaler gewesen. Die Brölbahn fuhr vor der Haustür vorbei, die Kunden mussten noch über sechs Stufen ins Hochparterre steigen.

In Ruppichteroth gab es mal drei Bäcker und drei Metzger

Im Ort habe es weitere Bäcker gegeben, „zeitweise drei Kollegen“, außerdem drei Metzger, erinnert sich der 75-Jährige. Er übernahm in den 80er Jahren von den Eltern, investierte, baute eine neue Backstube und Lagerräume im Hinterhof. Bis zuletzt nutzte er das alte Familienrezeptbuch, dessen Geheimnisse wohl gehütet wurden.

Die Bäckerei war eine Institution. Schmitz stellte Vereinen, wie dem Bröltaler SC, und Dorfgemeinschaften seine Gerätschaften zur Verfügung, um Waffelteig oder Püffert herzustellen. Gruppen aus Schulen und Kindergärten brachte der Meister sein Handwerk nahe.

Nun wird aufgeräumt. Das fällt ihm nicht leicht, auch körperlich. Nach einer Corona-Impfung war Ernst-Willi Schmitz schwer erkrankt, lag monatelang in der Klinik, die Belegschaft hielt zusammen und den Betrieb mit seiner Frau Jutta aufrecht. Der Meister, der stets viel Sport getrieben hatte, kämpfte sich zurück, doch an körperliche Arbeit sei nicht mehr zu denken gewesen.

Das Haus und die Maschinen will er verkaufen. Er sei zuversichtlich, dass seine Mitarbeiter andere Stellen finden. Der Bäckergeselle Stefan Flick hilft ihm, den Betrieb abzuwickeln. „Er macht das, als wäre er mein Sohn.“ Und er sei ein super Bäcker, lobt der Meister, „besser als ich“. Bleibt der 40-Jährige in der Branche? Flick, kein Freund großer Worte, schüttelt den Kopf: „Auf keinen Fall.“