AboAbonnieren

Urteil in SiegburgManager nennt Strack-Zimmermann „Hexe“ – und kassiert Geldbuße

Lesezeit 3 Minuten
Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, spricht bei einer Sitzung des Bundestags. (Archivbild)

Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, spricht bei einer Sitzung des Bundestags. (Archivbild)

Ein Manager aus Neunkirchen-Seelscheid hatte einen Tweet der FDP-Politikerin kommentiert – das hat nun Konsequenzen.

Nur drei Worte, schnell getippt auf dem Kurznachrichtendienst Twitter (heute X), brachten einen Manager aus Seelscheid vor Gericht. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, und auch Politiker müssen sich nicht beleidigen lassen, das stellte Amtsrichter Michael Krah klar. Der 33-jährige Angeklagte hatte einen Tweet der FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann grob und für tausende Nutzer sichtbar kommentiert: „Halt dein Maul.Hexe“.

Die Bundestagsabgeordnete erstattete daraufhin persönlich Anzeige gegen ihren Follower. Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Köln, zuständig für solche Fälle bundesweit, machte den Urheber im Rhein-Sieg-Kreis ausfindig und verhängte eine saftige Geldstrafe per Strafbefehl: 1200 Euro (40 Tagessätze à 30 Euro). Dieser Eintrag wäre zwar nicht auf dem einfachen Führungszeugnis aufgetaucht, auf einem erweiterten aber sehr wohl zu sehen gewesen.

Siegburger Richter erinnert an den Fall Renate Künast

Über einen Anwalt legte der Manager, der bei einer Software-Firma angestellt ist, Einspruch ein. Deshalb kam es zur Hauptverhandlung in Siegburg. Vor dem Gerichtssaal scherzte der Verteidiger noch über den Begriff Hexe, der ja so schlimm wohl nicht sei. Im Prozess gab sich der Angeklagte nach kurzem Zögern kleinlaut und reumütig: „Man darf ja eine politische Meinung haben und die auch äußern. Aber Beleidigungen gehen nicht.“ Es tue ihm leid.

Eine bewusste Herabwürdigung erschüttere das Vertrauen in die Integrität von Politikern, ermahnte ihn Richter Krah und erinnerte an den Fall der Grünen-Politikerin Renate Künast, der vor einigen Jahren Schlagzeilen machte. Der Gesetzesgeber schiebe mit der erst kürzlich erfolgten Erweiterung des Paragraphen 188 (Beleidigung von Personen des politischen Lebens) dem bewusst einen Riegel vor.

Geständnis ermöglichte die Einstellung vor dem Siegburger Gericht

Dass der 33-Jährige nun Verantwortung für sein Tun übernehme, ermögliche die Einstellung des Verfahrens, so der Richter, die der Anwalt angeregt hatte. Allerdings nur mit der Auflage einer Geldbuße. 600 Euro seien angemessen, schlug die Staatsanwältin vor.

Sie sei anders als einige Kollegen der Meinung, dass die in einer Verhandlung verhängte Geldbuße niedriger sein dürfe als die Summe im Strafbefehl. Die besagte Beleidigung bewege sich noch am unteren Rand dessen, womit die Experten der zentralen Anklagebehörde täglich zu tun hätten.

Unter dem Re-Tweet des Angeklagten hatten sich weitere User geäußert, teils in wesentlich drastischeren Worten. Das sei erschreckend gewesen, sagte der verheiratete Familienvater aus Seelscheid. Von seinem Netto-Einkommen in Höhe von 2800 Euro kann er die Geldbuße in sechs 100-Euro-Raten abzahlen. Sie kommt dem Siegburger Kinderheim zugute.

Die Verfahrenskosten trägt das Land, der Manager muss indes seinen Rechtsanwalt bezahlen. Nicht nur strafrechtlich musste sich der Seelscheider verantworten, die FDP-Politikerin hatte auch ein Zivilverfahren gegen ihn angestrengt. Das sei erledigt, sagte der Verteidiger. Der Angeklagte schließt eine Wiederholungsgefahr aus: „Ich habe meinen Account gelöscht.“