Naturschutzverbände sehen im Strukturwandel eine Chance, der ökologisch „geschundenen Region etwas zurückzugeben“.
StrukturwandelWie sich die Natur das rheinische Braunkohle-Revier in Rhein-Erft zurückerobern soll
Abgesehen von ein paar Gebietsstreitigkeiten mit RWE-Power seien die großen Kämpfe gegen den Braunkohleabbau ausgestanden, der Kohleausstieg beschlossen, längst sei das Rheinische Revier in die „Nachbergbauzeit“ eingetreten. Mit diesen Worten eröffnete der BUND-Geschäftsleiter des Landes-Nordrhein-Westfalen, Dirk Jansen, die Vorstellung des „Biotopverbundkonzeptes für das Rheinische Revier“.
Zusammen mit dem BUND-Landesvorsitzenden Holger Sticht, der Sprecherin des Nabu-NRW Elisabeth Stanzl und den Biologen Helmut Dahmen und Carlo T. Sánchez Osés stellte Jansen das rund 200-seitige Werk für den Naturschutz im Strukturwandel in einem Pressegespräch im Gemeindezentrum Buir vor.
Im Biotopverbundkonzept geht es um den Schutz und Erhalt von Natur als Lebensraum für Rothirsch, Haselmaus, Rebhuhn, Laubfrosch, der Zaunrüben-Sandbiene und vielen Arten mehr. Holger Sticht sieht im Strukturwandel eine Chance, durch die Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen und den Schutz der Landschaft und der biologischen Vielfalt der ökologisch „geschundenen Region etwas zurückzugeben“. Grundlage zum Schutz von Habitaten und Landschaft sei, 30 Prozent der offenen Flächen des rheinischen Revier miteinander ökologisch zu vernetzen.
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Großteil der schützenswerten Landschaften liegt an Ufern und in den Auen
„Sind Populationen nicht mehr miteinander verbunden, gehen sie zurück“, sagte der Biologe Thomas Dahmen vom Bonner Wissenschaftsunternehmen „Environmental Planning and Scientific Consulting“. Es gehe um die Sicherung von Kernflächen, die eine Verbindung von bereits vorhandenen Biotopen und Naturschutzgebieten ermöglichten.
Die Naturschutzverbände haben zusammen mit den Biologen detaillierte Landschaftskarten entwickelt, die wünschenswerte Kernflächen entlang fließender und stehender Gewässer im Rheinischen Revier beschreiben. Ein großer Teil der zu schützenden Landschaften erstreckt sich entlang der Uferbereiche und Auen der Fließwasserkorridore.
Löcher im aktuellen System könnten in und an den Tagebau-Restlöchern behoben werden, so Dahmen weiter. Die entstehenden Seenlandschaften könnten so Flächen für naturnahe Lebensräume und Besiedlung mit wildlebenden Tieren und Pflanzen werden.
Das Konzept sieht auch den Erhalt der letzten historischen Altwälder südlich von Hambach vor, beispielsweise den Hambacher Forst und weiterer Waldstrukturen wie das Manheimer Sündenwäldchen, den Kerpener Dickbusch oder den Lörsfelder Busch. Aber auch die dauerhafte Erhaltung wertvoller Lebensräume, die bereits in der Rekultivierung durch die RWE-Forschungsstelle Rekultivierung beispielsweise auf der Sophienhöhe entstanden seien, sieht das Konzept vor.
Bei der Aufwertung von Flächen in der Agrarlandschaft beispielsweise für stark gefährdete Feldvögel oder Hasen seien vor allem die Landwirte gefragt, so Dirk Jansen. „Wir wollen die Landwirte nicht von ihren Flächen vertreiben.“ Bei der Umsetzung von Aufwertungsmaßnahmen in sogenannten Vertragsnaturschutzmaßnahmen ohne großen Flächenverlust könne sich ihr Einsatz auszahlen. „Letztlich geht es auch darum, unsere Landschaft durch Maßnahmen wie den Biotopverbund klimaresilienter zu machen, damit Landwirtschaft auch in Zukunft möglich ist“, so Jansen.
Aber er benannte auch die Konflikte im Kampf um freie Flächen. Die Kommunen konkurrierten um Ansiedlungen von Gewerbegebieten und Siedlungen und nicht zuletzt auch um Freizeitanlagen. Pläne wie ein „Berghotel“ auf der Sophienhöhe, oder Privatwege zu den entstehenden Seen seien aber sicher nicht im Sinne des Naturschutzes.
Zum Nulltarif sei Artenschutz nicht zu haben, führte Jansen weiter aus. Für den Ankauf von Kernflächen, für Vertragsnaturschutzmaßnahmen und Geld für die Bewirtschaftung schätzt er die Kosten auf zehn Prozent der Gesamtsumme, die für den Strukturwandel vorgesehenen ist: also 1,5 Milliarden Euro. „Das sollte uns der Naturschutz wert sein“, sagte Jansen. Die Naturschutzverbände schlagen zur Verwaltung des Geldes eine Stiftungsgründung vor.