Vera Gercke gibt Ideen für kreatives Schreiben weiter und hat selbst das Buch „Auf die Lücke, fertig los!“ verfasst.
Kreatives RefugiumVera Gercke aus Wesseling entwickelt Ideen für andere in einem Bauwagen

Im Bauwagen entwickelt Vera Gercke Ideen für kreatives Schreiben, hier gibt sie auch angehenden Schriftstellern kreative Impulse. Ums Denken, was man noch nie gedacht hat, geht es in ihrem Buch „Auf die Lücke, fertig los!"
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Schreiben vergleicht Vera Gercke gerne mit Trompete spielen. Es gehe niemand davon aus, dass gleich beim ersten Reinpusten Musik rauskomme. Das setzten viele beim ersten Versuch, ein Buch zu schreiben, aber voraus. Denn Schreiben, so viel sei gewiss, das habe man ja schließlich in der Schule gelernt, würden viele denken.
Mit dem Satz „Früher war ich beim Fernsehen – heute arbeite ich im Bauwagen“ hatte Vera Gercke in einer E-Mail an die Redaktion Neugierde geweckt. Beim Besuch erzählt die 54-jährige Ehefrau, Mutter zweier mittlerweile erwachsener Kinder, gelernte Gärtnerin, VHS-Dozentin für kreatives Schreiben, Schreibtherapeutin, Buchautorin und Fachfrau für Story-Coaching von ihrer Arbeit.
Ideen entstehen mit Blick auf das Vorgebirge
Ihr Büro hat sie in einem alten Bauwagen auf ihrem Grundstück mit den einstigen Gesindehäusern und einer Stallung des Dikopshofes aufgeschlagen. In handwerklicher Arbeit liebevoll restauriert von ihrem Ehemann, seines Zeichens Elektriker. Seit diesem Winter gebe es dort sogar eine Klimaanlage gespeist von einer Wärmepumpe, erzählt Vera Gercke nicht ohne Stolz. Mit Blick über die Felder auf die Erhöhungen des Vorgebirges, auf den Brühler Wasserturm, Kirchen und die Baulichkeiten des Phantasialandes entwickelt sie im Bauwagen Ideen, wie kreatives Schreiben leichter von der Hand geht.
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Hier empfängt sie Autorinnen und Autoren, um mit ihnen die einmal niedergeschriebene Prosa Szene für Szene durchzugehen. Hier gibt sie Anregungen zur Entwicklung von Charakteren, Handlung und Dramaturgie. Das größte Hindernis beim Schreiben von Fiktion sei oft nicht die Entwicklung einer Idee, sondern ihre Ausgestaltung, sagt die Buchautorin. Den Spannungsbogen beispielsweise könne man mit Konflikten zwischen den Charakteren und deren Lösungen besser vorantreiben als mit Harmonie.
Ihr eigener Weg zum Schreiben sei ein steiniger gewesen, der mit dem enttäuschenden Ende ihrer zwölfjährigen Tätigkeit als Aufnahmeleiterin bei einer Fernseh- und Filmproduktionsfirma begonnen habe. Die projektbezogenen Arbeitsverträge für Produktionen mit Fernsehpromis wie Anke Engelke, Dirk Bach oder für Switch und ähnliche Sendungen seien in dem Moment versiegt, als sie mit der Tochter schwanger gewesen sei. Mit Nachwuchs hätte sie ohnehin kaum der Aufforderung zu nächtelangen Dreharbeiten nachkommen können, sagt Vera Gercke. Dann habe sie mit Online-Lehrgängen zum Schreiben begonnen, nur um festzustellen, dass Kinder eben nicht stundenlang brav neben dem Schreibtisch spielten oder immer nur schliefen.
Ihre Schreiblehrstunden habe sie also überwiegend nachts absolvieren müssen. Aber sie habe mit dem Schreiben den erneuten Anschluss an die Fernsehwelt geschafft und für die Filmpool-Produktionsgesellschaft Drehbücher für Scripted-Reality-Serien geschaffen, also jene Fernsehserien, in denen echte Polizisten, Feuerwehrleute, Rettungssanitäter und Ärzte mit Komparsen nach einem Drehbuch agieren, dessen Inhalt ihnen bis auf das Ende nicht bekannt ist. An über 1000 Sendungen für die „Klinik am Südring“ habe sie unter anderem getextet.
Konzepte zur Ideenfindung entwickelt und weitergegeben
Es sei eine Fließbandarbeit gewesen, die sie gezwungen habe, sich Methoden zu überlegen, möglichst schnell immer neue zündende Ideen für filmreife Konfliktsituationen zu erfinden. Zunehmend habe sie beispielsweise Konflikte, die sich im Alltag abzeichnen, weitergesponnen. Wenn im Kindergarten etwa eine Mutter einen Schuh in der Garderobe ihres Sohnes vermisste, habe sie sich sofort gefragt, wer wohl den Schuh genommen haben könnte – und zu welchem Zweck. Die entwickelten Konzepte zur Ideenfindung gebe sie jetzt weiter, denn die Vermittlung ihres Wissens gelinge ihr viel besser, als selbst zu schreiben, sagt Vera Gercke.
Im Buch „Auf die Lücke, fertig, los!“ hat Vera Gercke 52 Übungs- und Schreibstücke formuliert
Im Buch „Auf die Lücke, fertig, los!“ hat Vera Gercke 52 Übungs- und Schreibstücke formuliert, die helfen können, die kreative Lücke, den Blackout am Laptop zu füllen, mit nur zehn Minuten Schriftstellerei pro Woche, ein Jahr lang. Angehende Schriftsteller fordert sie darin auf, sich Dinge vorzustellen, die sie noch nie gedacht haben. Neben Übungen wie möglichst viele Begriffe etwa zum Thema Turmspringen zu sammeln und neue zu erfinden, macht sie im Buch recht unkonventionelle Vorschläge.
Im Umgang mit dem „größten Feind der Kreativität“, dem Perfektionismus, empfiehlt sie jeden Tag der Woche einen Satz zu schreiben, dem jedes Sprachgefühl fehlt – und sich dafür zu feiern, wenn es gelingt. Außerdem fordert Vera Gercke nicht nur ihre Leser auf: „Schreibe das, was du zu sagen hast.“ Denn es brauche Kreativität und Freiheit, Geschichten, die die Zukunft beschreiben, um sie zu meistern. (otr)