AboAbonnieren

Urteil wegen TotschlagsSiebeneinhalb Jahre Haft im „Kiosk-Mord“

Lesezeit 3 Minuten

Nicht wegen Mordes, wie es die Anwälte der Familie beantragt hatten, sondern wegen Totschlages verurteilte die 5. Große Strafkammer den 47-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten.

Bergheim/Köln – Ein bisschen nervös waren die Verantwortlichen beim Landgericht, als am Dienstag das Urteil im Prozess gegen einen 47-jährigen Kioskbesitzer gesprochen wurde: Immerhin acht Justizwachtmeister hatten in Saal 210 um den Angeklagten Stellung bezogen. Aufmerksam beäugten sie den Zuschauerraum, wo Freunde des Opfers in schwarzen T-Shirts mit der weißen Aufschrift „R.I.P“ („Rest in Peace“, Ruhe in Frieden) Platz genommen hatten.

Am Ende blieb es ruhig, auch wenn das Urteil für die Freunde und die Familie des 30-jährigen Mannes, der im Februar 2013 vor einem Kiosk am Bahnhof in Quadrath-Ichendorf von drei Schüssen getroffen und getötet worden war, zur Enttäuschung wurde: Nicht wegen Mordes, wie es die Anwälte der Familie beantragt hatten, sondern wegen Totschlages verurteilte die 5. Große Strafkammer den 47-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten. „Entscheidend kam es für uns darauf an, was zu der Tat geführt hat“, erklärte der Vorsitzende Richter Heinz Hemmers.

Kein Tötungsvorsatz

Die Kammer, so Hemmers, gehe nicht davon aus, dass der Kioskbesitzer nach dem vorangegangenen Streit zwischen seinem Sohn, dessen Freund und der Gruppe mit dem Plan zum Bahnhof gefahren sei, „einen von denen abzuknallen“.

„Er hat so etwas zwar vorher schon einmal gesagt“, räumte Hemmers ein. Das Motiv dafür, dass der Angeklagte dann doch geschossen habe, sei jedoch ein „Bündel aus Wut und Verärgerung verbunden mit dem allgemeinen Ärger über Leute, die ihn nicht in Ruhe seinen Kiosk betreiben ließen“.

Hemmers verwies auf eine Vielzahl von Strafanzeigen wegen Diebstählen, Sachbeschädigungen und angeblicher Schutzgelderpressungsversuche: „Nach Aussagen von Polizeibeamten scheint es, als sei die Umgebung in erheblichem Maße von kriminellem Vorgehen heimgesucht worden.“ Der Richter stellte aber klar, dass „zumindest objektiv“ keine direkten Bezüge zwischen jenen Vorfällen rund um den Kiosk und der Gruppe um das Opfer hergestellt werden konnten.

Ein minder schwerer Fall des Totschlages, wie ihn Verteidiger Rüdiger Buhr ins Spiel gebracht hatte, liege nicht vor. Dagegen spreche unter anderem, dass einer der Schüsse – nach Ansicht der Kammer der letzte der drei – aus einem Meter in den Bauch des 30-Jährigen mit direktem Tötungsvorsatz abgefeuert wurde: „Er wusste, dass der Schuss tödlich sein kann und wollte das auch.“

Kritisch befasste sich der Richter auch mit dem Verhalten der Gruppe um das Opfer nach den Schüssen: „Aus Angst vor der Polizei“ seien einige sofort verschwunden, andere hätten den Mann in ein Hochhaus geschleppt, so dass die Rettungskräfte zunächst vergeblich nach ihm suchten. „Mindestens 15 Minuten sind unnütz vergeudet worden“, kritisierte Hemmers. Letztlich habe der 30-Jährige laut Rechtsmediziner aber unabhängig davon ohnehin nicht mehr gerettet werden können.

„Das ist ein sachgerechtes Urteil“, erklärte später Verteidiger Buhr. Die Anwälte der Familie kündigten hingegen an, Revision einlegen zu wollen, um doch noch eine Verurteilung wegen Mordes zu erreichen. „Es ist für uns zum Beispiel nicht nachvollziehbar, wie das Gericht nach der Beweisaufnahme dazu kommt, dass der Bauchschuss der dritte und nicht der erste war“, sagte Anwalt André Birkner.