Tierhaltung im GartenAbends gucken die Hühner Fernsehen
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Erftstadt/Pulheim – Sobald Tobias (15) in den Garten geht, ist das Gegacker groß. Aus den Büschen, von der Wiese, und aus dem Hühnerhaus kommen sie angelaufen und umkreisen ihn gackernd. „Von wegen dumme Hühner!“, sagt Tobias. „Sie kennen mich alle und freuen sich, wenn ich komme.“
Tobias kennt seine Hühner. Jedes der zehn Brahma-Hühner, einer uralten, imposanten Hühnerrasse, hat einen Namen, und ihr Halter erkennt bei jedem einzelnen Federvieh einen eigenen Charakter. „Mathilda zum Beispiel ist zurückhaltend und brütet am liebsten“, nennt er ein Beispiel. „Schokobrownie ist gesellig und läuft mir immer hinterher, und die Hähne Anton und Gregor sind äußerst höflich. Sie lassen immer den Hennen den Vortritt beim Futter.“
Doch Tobias’ Lieblingshuhn ist die braun gefiederte Rosie. Er kennt sie seit sie geschlüpft ist, das verbindet. „Rosie hüpft mir immer auf den Arm“, erzählt Tobias. „Am liebsten mag sie es, wenn ich ihr Gefieder am Hals kraule.“ Im Haus hat Tobias eine Aufzuchtbox, da hinein kommen die Eier bei exakt 37,8 Grad. Und nach 21 Tagen schlüpfen die Küken.
„Das ist jedes Mal faszinierend und ein wahres Wunder“, sagt sein Vater Hans-Werner Dürr (61). Mit ihm teilt Tobias seine Leidenschaft für das quirlige Federvieh. Hans-Werner Dürr hat zehn Sundheimer-Hühner, eine vom Aussterben bedrohte Rasse aus dem Badischen. Für die Hühner der beiden gibt es nur das Beste: Dinkelstroh auf dem Boden und im Nest, Salat, Äpfel und geriebene Möhren. Sie tun dies, sagen beide, aus Respekt vor der Schöpfung. „Manchmal sitzen wir einfach nur im Garten und schauen ihnen zu. Unsere Hühner sind sehr aktiv, sie scharren, gackern und picken pausenlos. Abends steht die Herde dann manchmal geschlossen vor dem Wohnzimmerfenster und guckt mit uns Fernsehen.“
Ganz nebenbei produzierten sie auch die leckersten Eier der Welt, sagt Dürr. „Unsere Hühner legen fast jeden Tag ein Ei“, berichtet Tobias. „Das tun sie nur, weil sie so glücklich hier sind.“
Rund 218 Eier verzehrt jeder Deutsche im Verlauf eines Jahres. Doch nicht zuletzt wegen der Massentierhaltung nehmen manche Abstand. Dioxin, Salmonellen, genmanipuliertes Futter und zuletzt das Insektengift Fipronil verunsichern beim Eierkauf im Supermarkt. Da ist man mit einem Ei aus dem heimischen Garten auf der sicheren Seite. Unbelastet, lecker und ganz frisch.
„Zu uns kommen immer öfter Leute, die Hühner für ihren Garten kaufen wollen“, sagt Willi Otten (63) vom Biohühnerhof Otten in Pulheim-Stommeln. „Ich sage ihnen aber sofort: »Wenn Sie einen kleinen Garten haben, sieht der nach ein paar Tagen aus wie ein Acker.« Die Hühner lieben die Würmer in der Erde und scharren den ganzen Tag.“ Er selbst hat 300 Legehennen der Rasse Lohmann braun und zwei männliche Lütticher Kämpfer, Hansi und Willi, die auf einem riesigen Grundstück leben. Ihre Eier legen die Hennen in ein Hühnermobil, das immer mal wieder auf frische Wiesen verlegt wird, damit sich das Gras erholen kann. „Am liebsten sind sie im Sommer auf der Streuobstwiese. Da ist es schön schattig und es gibt Fallobst,“ berichtet der Biolandwirt. „Wir haben viel Kontakt zu unseren Hühnern. Wir reden mit ihnen, und abends in der Dämmerung sammeln wir sie ein, damit der Fuchs sie nicht erwischt.“ Aus Respekt vor den Lebewesen tue er das, sagt Willi Otten.
Genau wie Tobias und sein Vater Hans-Werner Dürr. „Wir möchten unseren Hühnern ein schönes Leben bieten. Wenn Sie glücklich sind, freuen wir uns. Dann schmecken auch ihre Eier besonders lecker.“