Rhein-Erft-Kreis – Hans Weber ist 88 Jahre alt und impfwillig, seine ein Jahr jüngere Frau ebenfalls. Doch die beiden Bedburger stehen vor dem Problem: Wie kommen sie nach Hürth ins Impfzentrum? „Meine Frau fährt zwar noch Auto, aber nur im engeren Umkreis“, sagt Weber, früher Vorsitzender der Senioren-Union in Bedburg. Kinder, die sie fahren könnten, hätten sie nicht. Die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln sei zwar am Tag der Impfung kostenlos, aber nicht so einfach zu bewerkstelligen.
Eine direkte Verbindung nach Hürth mit öffentlichen Verkehrsmitteln gebe es nicht, beklagt Weber.
Steigt er am Bedburger Bahnhof in den Bus, müsste er beispielsweise in Horrem umsteigen, um dann schließlich nach fast zwei Stunden Busfahrt in Hürth-Mitte am Impfzentrum auszusteigen. „Das wäre für uns sehr beschwerlich“, sagt Weber, der nach eigenem Bekunden gehbehindert ist, „aber nicht so stark, dass ich auf einen Taxischein hoffen dürfte“.
Eine kürzere Fahrtzeit ergäbe sich auch nicht, wenn die Webers mit dem eigenen Wagen nach Elsdorf fahren und dort in einen der neuen Schnellbusse steigen. Auch hier wäre ein Umstieg nötig, ebenfalls in eine Schnellbuslinie in Brühl. Das dauert zwar nur anderthalb Stunden Busfahrt für eine Strecke, aber rechnet man die Anfahrt mit dem eigenen Pkw hinzu, verkürzt sich die Fahrtzeit nicht wirklich.
In Bedburg und Pulheim gibt es nun politische Vorstöße, die Senioren bei der Fahrt zum Impfzentrum zu unterstützen. Die Bedburger CDU etwa will von der Stadtverwaltung prüfen lassen, ob sich zum Beispiel in Zusammenarbeit mit Bus- und Taxiunternehmen sowie karitativen Organisationen eine Beförderung in das mehr als 30 Kilometer entfernte Hürth auf die Beine stellen lässt. „Sowohl das Erreichen der Haltestellen als auch das Tragen einer FFP2-Maske während der langen Fahrtzeit sieht die CDU Bedburg für zahlreiche Personen als Problem“, sagt Fraktionsvorsitzender Michael Stupp.
Sascha Solbach spricht sich für Impfzentrum in Bedburg aus
Der Bürgerverein Pulheim schlägt ähnliches vor: Die Verwaltung möge rasch ein Hilfsangebot aufbauen. „Um die personellen Kapazitäten bei der Stadt zu entlasten, soll dabei auch ausdrücklich die Einbindung von Ehrenamtlern geprüft werden“, schlägt der BVP vor.
Die Problematik beschäftigt das Bedburger Rathaus schon länger. „Wir haben bereits vor Wochen angeboten, in Bedburg ein Impfzentrum einzurichten“, sagt Bürgermeister Sascha Solbach. „Unser Testzentrum ist noch in Bereitschaft und kann dafür genutzt werden.“ Doch Bund und Land hätten anders entschieden. „Die Entscheidung muss man nicht gut finden, aber akzeptieren.“
Bislang habe sich in Bedburg erst ein Angehöriger wegen der Transportfrage im Rathaus gemeldet. „Natürlich versuchen wir hier und in anderen Fällen nach besten Kräften zu unterstützen“, sagt Solbach. Ein Sammeltransport, der ohnehin eine zusätzliche Infektionsquelle darstellen würde, sei schwierig, denn die Termine würden zentral vergeben und seien nicht bekannt.
ÖPNV zum Impfzentrum am Impftag kostenlos
Die Stadt Pulheim verweist auf die kostenfreie Nutzung des ÖPNV am Tag des Impftermins und auf einen Hinweis des Rhein-Erft-Kreises auf Paragraf 60 des Sozialgesetzbuches V: Krankenkassen würden unter bestimmten Bedingungen Kosten für Fahrten etwa mit einem Taxi aus zwingenden medizinischen Gründen übernehmen.
Für viele ältere Menschen sei die Frage der Erreichbarkeit des Impfzentrums sehr wichtig, sagt Pressesprecherin Ruth Henn. „Zwar gibt es beispielsweise durch die neuen Schnellbuslinien von einigen Stadtteilen aus eine gute Verbindung mit dem ÖPNV. Dies gelte allerdings nicht für alle Stadtteile.“
Laut Kreis setzt die REVG zusätzliche Busse auf den Linien zum Impfzentrum ein. Eine Alternative zum Impfzentrum gebe es nicht – außer, auf eine Impfung durch den Hausarzt zu warten.