Kritik an einer Wohnanlage für bis zu 270 Menschen äußerten insbesondere Bürgerinnen und Bürger aus Brauweiler. Sie sei überdimensioniert.
BürgerversammlungPulheimer befürchten Verlust an Lebensqualität durch Geflüchtetenunterkünfte
Rund 400 Bürgerinnen und Bürger haben sich am Montagabend im Köster-Saal versammelt. Nur wenige Plätze waren noch frei. In der guten Stube Pulheims hat die Stadtverwaltung ihre Pläne für neue Unterkünfte für Geflüchtete vorgestellt. Bekanntlich erwägt sie, auf drei städtischen Grundstücken Wohnblöcke in unterschiedlicher Größe zu errichten.
Auf dem ehemaligen Aschenplatz an der Bernhardstraße in Brauweiler könnten bis zu 270 Menschen eine Bleibe finden, an der Christophstraße/Ecke Hedwigstraße in Sinnersdorf bis zu 54 und auf dem ehemaligen Bolzplatz hinter der Turnhalle „An der Kopfbuche“ in Stommeln bis zu 72. 13,5 Millionen Euro stehen dafür im Haushalt bereit.
Geplante Wohnanlage in Pulheim ist überdimensioniert
Kritik an den Plänen äußerten insbesondere Brauweilerinnen und Brauweiler, darunter einige Anwohner des Laurentiusweges, der an den Sportplatz grenzt, als „unmittelbar Betroffene“. Aus Sinnersdorf waren nur wenige kritische Stimmen zu hören, zu den Plänen für den Mühlenort äußerte sich in der Bürgerversammlung niemand.
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Von Ghettobildung war die Rede, die Wohnanlage sei überdimensioniert und bedeute für die Anwohnerinnen und Anwohner einen Verlust an Lebensqualität. Der Laurentiusweg sei eine Sackgasse, eine Spielstraße, er werde als Schulweg genutzt, sei gerade mal 3,20 Meter breit, beklagte eine Anwohnerin, deren Haus an der schmalsten Stelle steht. „Es wird alles getan, um uns unsere Nachtruhe zu rauben“, sagte sie mit Blick auf die Unterkünfte an der Donatusstraße, wo Tag und Nacht die Fenster geöffnet seien und Licht brenne.
Zahl der Geflüchteten in Pulheim ist stetig gestiegen
Die Hauptzufahrt erfolge über die Bernhardstraße, nicht über den Laurentiusweg, erwiderte der Beigeordnete und Kämmerer Jens Batist. Die Anordnung der Gebäude auf dem Gelände könne man noch verändern, wenn das ein Anliegen der Bewohner sei. „Sie ist nicht in Stein gemeißelt.“
Den Vorwurf einiger Bürgerinnen und Bürger, die Stadtverwaltung hätte früher reagieren und für dezentrale Unterkünfte sorgen müssen, versuchte Bürgermeister Frank Keppeler mit Zahlen zu entkräften. „Im Januar 2022 lebten 370 Geflüchtete in der Stadt.“ Derzeit seien es 998 in 28 städtischen Unterkünften, die sich auf Brauweiler, Pulheim, Sinnersdorf, Sinthern und Stommeln verteilten.
Dritte Turnhalle in Pulheim wird Notunterkunft
Die Zahlen blieben hoch, und in den Unterkünften seien nur noch 87 Plätze frei. Daher auch müsse die Stadt ab dem 13. Mai die Dreifachturnhalle am Schulzentrum Brauweiler belegen, um dort eine Notunterkunft einzurichten. Es sei eine Herausforderung, aber die Stadt wolle mehr Plätze schaffen und einen Puffer schaffen, so Jens Batist. Dezernentin Nina Löbbert sagte es deutlich: Kleinteilige Flächen für eine dezentrale Unterbringung, die kurzfristig bebaut werden könnten, gebe es nicht. „Uns bleibt eigentlich nur die Notlösung.“
Von Landwirten Ackerflächen zu mieten oder kaufen, um dort Unterkünfte für Geflüchtete zu errichten, wie von einigen Bürgerinnen und Bürgern als „außergewöhnliche Idee“ in einer Notsituation vorgeschlagen, schließt Jens Batist aus. Das sei in Deutschland nicht möglich. Außerdem müssten die Grundstücke erschlossen sein, Strom, Wasser und Kanalisation müssten vorhanden und die Flächen müssten zügig bebaubar sein.
Überprüfen möchte die Stadt einen Vorschlag eines Sinnersdorfers. Er hatte angeregt, statt an der Christophstraße eine größere Wohnanlage auf dem Bolzplatz nahe dem Randkanal zu bauen. Dort könne man 100 bis 120 Geflüchtete vernünftig unterbringen und in Brauweiler eine kleinere Wohnanlage errichten.
Die Entscheidung über die Bauprojekte trifft der Stadtrat voraussichtlich kommenden Dienstag, 7. Mai. Allerdings hat der Bürgerverein Pulheim (BVP) schon beantragt, die Entscheidung zu vertagen. Die Präsentation, die im Köster-Saal gezeigt wurde, ist auf der Homepage der Stadt zu finden.