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Inklusion im SchwimmbadUnterwasserclub Stommeln bildet Tauchlehrer für Behinderte aus

Lesezeit 4 Minuten

Unter Wasser zu atmen muss man lernen. Die Tauchlehrer erklären den Menschen mit Behinderung, wie es geht.

Pulheim-Stommeln – Ihre Füße berühren das kühle Nass, langsam taucht der Lift mit Joline Babel (20) immer tiefer ins Wasser des Hallenbades ein. Ein ganz und gar ungewohntes Gefühl für die junge Frau. Wann sie das letzte Mal schwimmen war? Muss ewig her sein. Tauchen jedenfalls war sie noch nie. Joline Babel hat MPS 4, eine Stoffwechselerkrankung, und ist auf den Rollstuhl angewiesen. Doch hier in der Aquarena ist sie in guten Händen, die Tauchlehrer lassen sie nicht aus den Augen.

Zuvor haben sie ihr die Techniken und Zeichen erklärt, Daumen hoch und Daumen runter. Je nachdem, in welche Richtung es im Wasser gehen soll. Allein, ihr den Neoprenanzug anzuziehen, hat eine ganze Weile gedauert, nun werden mit der Tauchermaske die Atemtechniken geübt. Für Joline Babel ist es eine ganz neue Erfahrung, für die zwölf Tauchlehrer im Hallenbad der Aquarena Bäderlandschaft Teil ihrer Ausbildung zum Behindertentauchlehrer.

Ausbildung zum Behindertentauchlehrer seit zwei Jahren

„Wir sind vor zwei Wochen vom Verband deutscher Sporttaucher zum deutschlandweiten Kompetenzcenter ernannt worden“, berichtet Frank Werner, Vorsitzender des Deutschen Unterwasserclubs Stommeln (DUC) stolz. „Eine tolle Auszeichnung. Wir bilden seit zwei Jahren von Pulheim aus deutschlandweit Behindertentauchlehrer aus.“

Joline Babel mit ihren Tauchlehrerinnen (l.). Den ersten Tauchgang haben sie erfolgreich gemeistert. 

Den Tauchclub gibt es seit 46 Jahren. Auf der Messe „Boot“ in Düsseldorf war den Vereinsmitgliedern vor drei Jahren am Tauchbecken aufgefallen, dass es dort keinerlei Möglichkeiten für Menschen mit Behinderungen gab, unterzutauchen.

Behinderteneinstieg am Fühlinger See

Das wollte der DUC schleunigst ändern. Neben der Ausbildung zum Behindertentauchlehrer organisiert der Verein an der Sporthochschule Köln einen Talenttag für Sportler mit Behinderungen und Schnuppertage an Kölner Förderschulen. Gerade verhandelt der DUC mit der Stadt Köln darüber, am Fühlinger See einen Behinderteneinstieg zu bauen.

Auch Paul ist im Wasser ganz in seinem Element.

„Schwimmen und Tauchen ist gerade für Menschen mit Behinderungen enorm wichtig“, sagt der Tauchlehrer und Arzt Heinz Albert Brüne. „Sie lernen ihren Körper ganz neu kennen, können ihre Gelenke entlasten, spüren die Entspannung und Schwerelosigkeit im Wasser. Und die neue Erfahrung stärkt das Selbstbewusstsein“.

Beim Tauchlehrgang verliebt

Gerade taucht der zwölfjährige Daniel wieder auf und strahlt. Der Junge, bei dem Teile des Gehirns bei der Geburt geschädigt wurden, hat Ringe vom Boden des Beckens aufgesammelt und freut sich riesig. „Das einzig Schlechte am Tauchen ist für ihn, dass er währenddessen nicht quatschen kann“, sagt seine Mutter Angela Schlitt und lacht. Für Uwe, der nebenan gemeinsam mit den Tauchlehrern ins Wasser gleitet, hat sich durch das Tauchen gar sein ganzes Leben verändert.

Daniel gefällt es unter Wasser. Dass er da nicht quatschen könne, sei der einzige Nachteil, sagt seine Mutter Angela Schlitt augenzwinkernd.

27 Jahre saß der junge Mann mit Querschnittslähmung im Rollstuhl, dann hat er sich beim ersten Tauchversuch in seine Tauchlehrerin Margarete verliebt. Heute sind die beiden glücklich verheiratet. „Ich liebe es, im Wasser in einen dreidimensionalen Raum einzutauchen“, sagt er. „Tauchen ist keine Therapie“, findet Heinz Albert Brüne. „Wenn die Taucher mit Beeinträchtigung mal die Technik heraushaben, sind sie genauso gut wie die Taucher ohne Beeinträchtigung.“

Berührungsängste überwinden

Manchmal sogar noch besser. Denn Gehörlose haben den Vorteil, unter Wasser mit den Händen sprechen zu können. Nervöse Spastiker seien unter Wasser oft die Ruhe selbst und vergäßen eine Weile ihre Behinderung. Bei Menschen mit einer Querschnittslähmung sei es allerdings besonders wichtig, dass die Behindertentauchlehrer darauf achteten, dass sie nicht mit den Füßen über den Beckenboden schleiften.

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Als Beraterin unterstützt Vera Thamm, Medaillengewinnerin und NRW-Behindertensportlerin 2013, den DUC und vermittelt zwischen Tauchlehrern und Tauchern mit Handicap. Wichtig sei es, die Berührungsängste hinter sich zu lassen. Das gelte besonders für die Tauchlehrer. Die Taucher mit Beeinträchtigung seien da meist unbefangener.

Lehrgang unterstützt von Deutscher Sportstiftung

Der Deutsche Unterwasserclub Stommeln stellt die Neoprenanzüge, den Lift, Schwimmhilfen und Flossenhandschuhe für Menschen ohne Beine zur Verfügung. Die Ausbildung zum Behindertentauchlehrer findet einmal im Jahr statt und endet im Sommer mit einem Tauchlehrgang im Leverkusener See. Sie wird mit 2000 Euro von der Deutschen Sportstiftung unterstützt.

Für Joline geht nach 20  Minuten der erste Tauchgang ihres Lebens zu Ende. „Sie hat unter Wasser gestrahlt“, sagt ihre Lehrerin Andrea Mau von der LVR-Anna-Freud Schule in Köln-Müngersdorf. Und Joline ergänzt mit glänzenden Augen: „Ich habe mich unter Wasser total entspannt und schwerelos gefühlt. Das mache ich auf jeden Fall mal wieder“.

www.duc-stommeln.de