Pulheim-Stommeln – „Das ist schon irre“, sagt Anette Göhler über die Resonanz auf eine Protestaktion. Vergangenen Donnerstag hat die Leiterin der öffentlichen Bücherei St. Martinus Stommeln mit ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitgliedern der Aktionsgruppe „Stommeln für die Bücherei“ Postkarten verteilt.
300 mit dem Schriftzug „Öffentliche Bücherei St. Martinus Stommeln retten“ versehene Exemplare haben sie in der Ortsmitte an die Frau und an den Mann gebracht. „100 unterschriebene Karten haben wir schon zurückbekommen.“ Sie werden mit all den anderen, die bis zum 22. September noch in der Bücherei eintrudeln, an das Generalvikariat des Erzbistums geschickt.
„Stommeln für die Bücherei“: 3000 Postkarten gedruckt
Weitere Exemplare liegen statt Unterschriftenlisten in der Bücherei an der Hauptstraße 55 und „in sehr vielen Geschäften“ im Mühlenort aus. Die Aktionsgruppe habe 3000 Exemplare drucken lassen für diejenigen, die ihren Protest zum Ausdruck bringen, aber keine langen Briefe schreiben wollten. Göhler: „Viele Besucher der Bücherei nehmen gleich mehrere Karten mit, verteilen sie in ihren Straßen und bringen sie gebündelt zurück.“
Auch die Gespräche, die sie während der Postkartenaktion mit Bürgern geführt hat, machen der Diplom-Bibliothekarin Mut. „Wir freuen uns wahnsinnig, wie viele Leute hinter uns stehen. Es ist überwältigend, wie viele Leute den Wert der Bücherei erkennen und in ihr einen besonderen Ort sehen.“
Berufliche Zukunft der Mitarbeiterinnen ist ungewiss
Die meisten seien schon vorab über die Pläne des Erzbistums, die Bücherei ab 2023 nicht mehr fördern zu wollen, informiert gewesen. „Sie haben mit Unverständnis darauf reagiert“, so Göhler. Einige hätten gesagt, die Bücherei laufe so gut, sie sei gelebte Gemeinschaft. Sie fragten sich, warum das Erzbistum die Bücherei nicht wertschätze und sie nicht länger finanziell unterstützen wolle. „Ein Mann hat sogar gesagt, die Bücherei sei das Herz von Stommeln.“
Trotz aller Unterstützung waren die vergangenen Wochen für Anette Göhler ein Auf und Ab der Gefühle. „Ich bin manchmal himmelhoch jauchzend, dann wieder zu Tode betrübt“, sagt die 57-Jährige. Seit 27 Jahren arbeite sie in der Bücherei, auch viele der 25 Ehrenamtler seien so lange dabei, eine Mitarbeiterin sogar seit 30 Jahren. „Nun ist meine berufliche Zukunft sehr ungewiss.“
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Sie wisse nicht, was das Erzbistum mit ihr und ihren Kolleginnen in den weiteren sechs von der Schließung bedrohten Büchereien vorhabe. „Wir hoffen, dass die Aktion Erfolg hat und das Erzbistum erkennt, was es an uns hat und uns eine weitere finanzielle Förderung gewährt.“ Geschieht dies nicht, werde die Bücherei wohl Ende 2022 schließen. Denn das ehrenamtliche Team sieht sich nicht der Lage, die Bücherei, wie vom Erzbistum vorgeschlagen, ohne Anette Göhler weiterzuführen.