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Sieger nach Blitzbeifall-EntscheidLasse Samström gewinnt ersten Poetry-Slam

Lesezeit 3 Minuten

Lasse Samström, Spezialist für Schüttelprosa und Konsonantentausch, war beim Poetry Slam im Quadrath-Ichendorfer „Gleis 11“ schlicht zu nagen, beziehungsweise nicht zu schlagen. Er durfte zu guter Letzt den Siegerpokal in die Höhe halten.

Bergheim-Quadrath-Ichendorf – Wortgewandt hatten die jungen Hüpfer ihre besten Sprachkreationen in die Waagschale geworfen. Im finalen Duell waren die alten Hasen dann doch wieder unter sich – und sie lieferten sich einen hochklassigen Schlagabtausch auf Augenhöhe. Hier Herausforderer Christian Gottschalk, die scharfe Zunge mit dem bösen Blick für geschmacklose Möbel und andere Alltagsabsurditäten aller Art.

Und in der anderen Ecke der vielfache Titelträger Lasse Samström als genialischer Schüttelprosa- und Schüttelprosa-Komponist, der jeden penibel am Duden klebenden Scrabble-Gegner mit seinen Wortneuschöpfungen mit Leichtigkeit in den Wahnsinn treiben oder auch in den „Trahnsinn weiben“ kann.

Samström gewinnt per Blitzbeifall-Entscheid

Den Siegerpokal in die Höhe halten durfte zu guter Letzt der Eifeler Post-Dadaist Lasse Samström, der in Wirklichkeit ganz anders heißt und mit seinem Künstlernamen darauf Bezug nimmt, dass sich der Akt seiner Zeugung dem Vernehmen nach vor etwa 50 Jahren in Norwegen abgespielt haben soll.

Es war aber ein knappes Rennen. Weil der normale Publikumsapplausvergleich kein eindeutiges Ergebnis gebracht hatte, musste der als Moderator glänzende Kölner Szene-Star Quichotte im Stechen den Zwei-Sekunden-Blitzbeifall-Entscheid heranziehen.

Zehn Dichterinnen und Dichter kämpften um den Titel

Die Hauptgewinner des Abends waren aber ohnehin eindeutig die rund 80 staunenden Zuhörerinnen und Zuhörer im fast ausverkauften neuen Kulturzentrum „Gleis 11“ in Quadrath-Ichendorf. Erstmals stand dort ein Poetry-Slam-Wettbewerb auf dem Programm. Die beliebte BergReim-Auf-ein-Wort-Reihe war vom Medio in den alten Bahnhof umgezogen, und die neue Spielstätte bewährte sich auf Anhieb.

Insgesamt zehn Dichterinnen und Dichter wetteiferten in den beiden Vorrunden mit jeweils maximal sechsminütigen wortakrobatischen Beiträgen gestenreich rezitierend um die Gunst der Publikumsjury. Auffällig: Die Nachwuchsleute setzten in ihren fein geschliffenen Texten vorwiegend auf ernste Themen.

Liebe, Enttäuschung, Depression wurden beim Poetry-Slam thematisiert

Um die Wut und Enttäuschung nach einer gescheiterten Liebesbeziehung ging es da, um die Suche nach dem Sinn des Lebens in einer kalten Umwelt oder auch um das teuflische Krankheitsbild der Depression, die auch die besten Freunde zuweilen erst erkennen, wenn es zu spät ist.

Im Vorderfeld mit dabei auch die Neu-Bergheimerin Fatima Talalini. Die junge Journalistin ist erst vor wenigen Tagen in die Kreisstadt gezogen, weil sie sich in Köln nach eigenem Bekunden hätte entscheiden müssen, ob sie sich dort entweder regelmäßig etwas zu essen kaufen oder aber ihre Miete pünktlich zahlen soll.

Fatima Talalini begeisterte mit Humor

Mit frecher Ironie erzählte die als Tochter eines syrischen Vaters und einer polnischen Mutter in Dortmund geborene Autorin darüber, was Frau hierzulande so zu hören bekommt, wenn sie Fatima heißt. „Du siehst aber gar nicht aus wie eine Fatima. Wo kommst du denn her?“ „Aus Dortmund“. „Nein, ich meine, wo kommst du denn wirklich her.“ „Aus meiner Mutter!“

Das eindringlich gesellschaftskritische junge Wort kam gut an beim Publikum, doch noch besser punkteten die stärker auf Wortwitz, Humor und die Gelassenheit des Alters setzenden Poetry-Veteranen Gottschalk und Samström. Allerdings setzte sich auch Letzterer in seinem unschlagbaren Finalbeitrag mit Grundfragen des Lebens auseinander – aber eben auf seine ganz eigene Art: „Warum noch Sinder in die Welt ketzen? Weil: Nur die Rinder können uns ketten.“