Es gibt erstaunliche Parallelen zwischen der Politik und der fünften Jahreszeit. Dieses Mal sogar zeitliche, findet Jörn Tüffers.
KommentarOhne Helfer funktionieren Wahlen und Karneval in Rhein-Erft nicht
Kann das Zufall sein? Am 23. Februar 2025 wird ein neuer Bundestag gewählt – und nur wenige Tage später regiert ab Weiberfastnacht Prinz Karneval: wie alle Jahre zuvor mit dem ehrenhaften Ziel, den Regierenden und Mächtigen den Spiegel vorzuhalten.
Ob dann feststeht, welche Parteien bis 2029 eine Regierung bilden werden, darf getrost bezweifelt werden. Am Abend des 23. Februar werden dann wieder Sätze fallen wie „Wir werden mit allen demokratischen Parteien Gespräche führen“ oder „Die Wählerinnen und Wähler haben uns den Auftrag erteilt, eine Regierung zu bilden“. Je nachdem, wer das sagt, kann das durchaus närrische Züge annehmen.
Objekt der Begierde beginnt bei Karnevalisten und in Rathäusern mit „Wa“
Demokratie und Brauchtum – beide verbindet weitere Gemeinsamkeiten. Denn bevor Bürgerinnen und Bürger ihre Stimme abgeben können und an den tollen Tagen prächtige und lebensbejahende Karnevalszüge durch die Ortschaften ziehen können, bedarf es langer Vorbereitungen . . . und größerer Mengen Papier. Aber davon, dass nicht genügend Wahlzettel gedruckt werden können, ist nun ja auch nicht mehr die Rede. Warum auch? Karnevalisten haben noch nie über einen Konfetti- oder Pappmache-Engpass zum Bau von Mottowagen geklagt.
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Bedarf besteht gleichwohl an anderer Stelle, und zwar hier wie dort. Und in beiden Fällen beginnt das Objekt der Begierde mit „Wa“.
„Was?“ mögen Sie sich fragen. Aber das lässt sich schnell auflösen: ohne Wahlhelfer keine Wahl und ohne Wagenengel keine Karnevalszüge. Und weil das so ist, werben Städte und Karnevalsgesellschaften um sie. Denn weder die Organisation einer Wahl noch der ordnungsgemäße Ablauf eines fröhlichen Zuges mit zahlreichen feiernden Menschen ist ein Selbstläufer.
So suchten auch in dieser Woche Vereine – bevorzugt in den sozialen Medien – nach Menschen, die mit einer gelben Warnweste kostümiert ihren Karnevalszug begleiten und dafür sorgen, dass niemand zu Schaden kommt. Und auch die Kommunen im Rhein-Erft-Kreis werden nicht müde, um Unterstützung zu bitten, damit sonntags in den Wahllokalen alles ordnungsgemäß läuft und nach 18 Uhr richtig gezählt wird.
Für den, der in Frechen zählt, zahlt es sich am meisten aus
Dafür schaffen die Städte sogar Anreize. Die einen nennen es Erfrischungsgeld, die anderen Aufwandspauschale. Wobei der Grat des Erfrischungszustand durchaus variieren kann. In Elsdorf beispielsweise erhalten Wahlhelfer zwischen 30 und 50 Euro, in Frechen dagegen bis zu 60 Euro. Spötter könnten hinter der höheren Vergütung vermuten, diese sei dem Umstand geschuldet, dass es in Frechen oftmals etwas länger mit dem Auszählen dauert.
Während andernorts Wahlhelfer zu Hause bereits ihr wohlverdientes Bier und das aufgewärmte Mittagessen genießen und dabei am Fernseher die Elefantenrunde mit den Spitzenkandidaten verfolgen, raufen sich in so manchem Frechener Wahlbüro Frauen und Männer die Haare, weil beim Auszählen der Stimmen die Stimmenanteile nicht so recht übereinstimmen mögen. Vielleicht hilft es den Wahlhelfern ja, ein wenig karnevalistische Schunkellieder im Hintergrund mitlaufen zu lassen . . . Einen Versuch wäre es ja wert!
Kommen wir noch einmal auf die zeitliche Nähe dieser wichtigen Ereignisse im Kalender zurück: Für Karnevalisten, die aktuelle politische Entwicklungen aufspießen, ist dies herausfordernd. Sie müssen Nachtschichten einlegen, wenn sie den Ausgang der Bundestagswahl mit überspitzten närrischen Sprüchen für ihre Mottowagen oder in Büttenreden aufgreifen wollen.
Und die Moral der Geschicht'? Politiker sollten sich nicht zu ernst und zu wichtig nehmen.