Die künftigen Hausbesitzer Anita und Daniel Kühn diskutieren mit Peter Leuschner (M.) die Raumaufteilung.
Copyright: Dietmar Fratz
Unsere besten Texte 2021 – dieser Text ist erstmals am 28. Juli 2021 veröffentlicht worden.
Kerpen-Sindorf – Schwer vorzustellen anhand der Architektenpläne, wie sich das Innenleben eines geplanten Neubaus im Alltag bewährt. Ein noch junges Unternehmen schafft jetzt Abhilfe mit der originellen Idee, das Haus vor Baubeginn in Originalgröße nachzustellen.
An der Heinrich-Hertz-Straße haben Gissou und Lucas Nummer für ihr Unternehmen „Grundriss in Lebensgröße“ eine mehr als 200 Quadratmeter große Halle gemietet. Dort können Häuslebauer dem zu erwartenden Wohngefühl ein großes Stück näherkommen. Benötigt wird dazu der Architekten-Grundriss.
Den digitalisiert das Unternehmen, verteilt ihn auf acht Beamer, die an der Decke hängen und den Plan in Originalgröße auf den Fußboden projizieren. Aus dem großen Fundus an Stellwänden, Möbeln und Attrappen wird das künftige Eigenheim nach den Wünschen der Bauherren eingerichtet. Alles steht auf Rollen und kann daher mühelos bewegt werden.
Bei „Grundriss in Lebensgröße“ kommt es auf die Atmosphäre an
„Der Platz vor dem Aufzug ist ein wenig zu eng, das wirkt so nicht“, hat David Kühn beim Rundgang durch die eigenen vier Wände bemerkt. Anhand des Bauplans war das nicht so klar. „Die Vorratskammer ist doch nicht zu klein, wie ich anfangs befürchtet hatte“, sagt seine Frau Anita. Die Familie baut ein Haus in Lüdenscheid, und gerade schachten die Bagger dort die Baugrube aus.
Der Architektenentwurf wird über acht Beamer in Originalgröße auf den Fußboden projiziert.
Copyright: Dietmar Fratz
David Kühn hatte Geburtstag, und statt zu einer Party hat er seine erweiterte Familie zum Ausflug nach Sindorf eingeladen. Im Internet hatte er von der Möglichkeit erfahren. Einige Tage vor dem Termin muss der Grundriss vorliegen, damit alles vorgerichtet werden kann.
Küche mit Kochinsel, Wohnzimmer, Essecke, ein offener Kamin, Gästetoilette, Wintergarten und Eingang samt Liftschacht sind aufgebaut, der Tisch ist nett gedeckt, Musik erklingt im Hintergrund – „die Atmosphäre ist wichtig, um sich, wenn auch nur provisorisch, zu Hause zu fühlen“, sagt Gissou Nummer.
„Grundriss in Lebensgröße“: Wände und Möbel werden einfach verschoben
Wände werden verschoben, Möbelattrappen gerückt. Nach einer Stunde mit Beratung durch Standortleiter Peter Leuschner und Kundenberaterin Cora Schmitz hat David Kühn die Problemecken notiert. Während eines Imbisses bauen die Berater die nächste Etage auf. In gut zehn Minuten ist das Parterre geräumt und es stehen Bad, Schlaf- und Kinderzimmer zur Begutachtung bereit. Und im Untergeschoss kann man gar testen, wie das Auto in die virtuelle Garage passt.
Die findigen Unternehmer sind gelernte Immobilienmakler. Häufig begegneten sie der Kundenfrage, wie man sich ein Objekt besser vorstellen könnte. So entstand die Idee. Sie organisierten die Technik und gingen Anfang 2021, als erste in Europa, wie Gissou Nummer betont, in ihrer Heimatstadt München an den Start. „Wir wurden geradezu überrannt“, sagt Gissou Nummer.
So viel müssen Häuslebauer in Kerpen zahlen
Im Sommer 2021 folgte der Rheinland-Standort, danach Niederlassungen in Berlin, Hamburg, Frankfurt und Stuttgart. In diesem Jahr will das Unternehmerpaar das Probewohnen im benachbarten Ausland anbieten. Die Nutzung des Grundrisses in Lebensgröße kostet zwischen 500 und 3000 Euro. „Manche Kosten lassen sich vermeiden, weil man Baufehler vermeiden kann“, sagt Gissou Nummer. Weitere Informationen gibt es unter www.grundriss-in-lebensgroesse.de.
„Jetzt haben wir ein richtiges Gefühl für die Größen und Sichtachsen“, sagt David Kühn. „Es ist fast schon ein bisschen wie eingezogen“, spricht seine Frau von deutlich gesteigerter Vorfreude auf das neue – echte – Haus.
