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Ein Drittel der Bäume schon wegRodung durch RWE verläuft ohne Zwischenfälle – 18 Uhr Arbeiten am Sündenwäldchen eingestellt

Lesezeit 4 Minuten
Das Bild zeigt mehrere Polizeifahrzeuge einer Hundertschaft.

Die Polizei ist in Bereitschaft und beobachtet die Rodungsarbeiten am Sündenwäldchen.

Vier Wochen vor Ende der Rodungsfrist hat RWE mit den Rodungsarbeiten am Sündenwäldchen begonnen. Am Nachmittag waren viele Bäume schon gefällt.

Im Sündenwäldchen am Tagebau Hambach in Kerpen laufen seit Mittwoch die Rodungsarbeiten. Die ersten Bäume fielen am Vormittag. Die Aktivisten sitzen zusammen und verhalten sich bislang friedlich. Mit einer Drohne wird der Wald von der Polizei überwacht. Beamte einer Polizeihundertschaft stehen bereit, wenn es zu Zwischenfällen kommen sollte.

Die rechtliche Grundlage liegt seit Dienstag (28. Januar) vor. Die Antwort des Oberverwaltungsgerichts in Münster über die Ablehnung des Eilantrags des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) gegen die Rodung des Sündenwäldchens war am Vormittag eingetroffen, da wurden bei RWE offenbar direkt weitere Maßnahmen getroffen.

Urteil des OVG Münster: RWE darf sofort mit der Rodung des Sündenwäldchens beginnen

Mit dem Urteil durfte der Energiekonzern sofort mit der Rodung der Bäume beginnen. Und RWE ließ auch keine weitere Zeit verstreichen. Denn die Rodungsfrist endet in gut vier Wochen, am Freitag, 28. Februar. In den vergangenen Tagen hatten immer mehr Aktivisten ihr Lager im Wald aufgebaut.

Das Bild zeigt Arbeiter und einen Bagger neben gefällten Bäumen

Die ersten Bäume im Außenbereich des Sündenwäldchens in Kerpen werden gefällt.

Dass der Konzern schon vor mehreren Wochen die Rodungsmaßnahmen vorbereitet hatte, war naheliegend. Auf mehrfache Nachfrage hatte das Unternehmen nie einen Zeitpunkt genannt, wann sie mit den Rodungsarbeiten beginnen würden. Doch als am Dienstag das OVG den Eilantrag des BUND zum Rodungsstopp abgelehnt hatte, gab es für RWE keinen juristischen Grund mehr, noch länger zu warten.

Sündenwäldchen bei Kerpen: Aktivisten wollen nicht widerstandslos abziehen

Am Dienstagabend ahnten die rund 30 Aktivisten, die sich derzeit im Wald aufhalten sollen, offenbar nicht, dass es so schnell losgehen würde. Doch als am Mittwochvormittag die ersten RWE-Fahrzeuge und die eines Sicherheitsdienstes im Bereich Sündenwäldchen anrollten, war auch dem letzten Aktivisten klar, dass nun die Rodungsarbeiten beginnen würden.

Das Bild zeigt mehrere Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes auf einem Feld am Sündenwäldchens in Kerpen.

Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma überwachen die Rodungsarbeiten.

Am vergangenen Freitag waren erstmalig RWE-Mitarbeiter auf vermummte Aktivisten gestoßen, als die Zufahrt zu einer Pumpstation blockiert worden war. Die Aktivisten hatten einen Baumstamm senkrecht in den Boden gesteckt. Einer der vermummten Waldbesetzer hockte mehrere Stunden in etwa vier Meter Höhe, bevor er von der Polizei heruntergeholt wurde. Die Polizei und RWE nutzen die Gelegenheit, um sich selbst einen Überblick über den Umfang der Barrikaden im Wald und die Anzahl der Aktivisten im Wald zu machen. Nicht ohne Grund kreiste über dem Sündenwäldchen ein Polizeihubschrauber.

Das Bild zeigt eine Barrikade auf einer Straße am Sündenwäldchen in Kerpen.

Barrikaden versperren den Mitarbeitern von RWE die Weiterfahrt.

Auch wenn der Abbau von Braunkohle eingestellt wird, benötigt RWE den im Bereich des Sündenwäldchens (grenzt an den ehemaligen Stadtteil Kerpen-Manheim-alt) vorhandenen Sand und Kies, um die Uferböschungen für den geplanten Hambacher See zu stabilisieren.

Der geplante Hambacher See soll nach derzeitigen Planungen ab 2030 mit Wasser aus dem Rhein gefüllt werden. Eine entsprechende Leitung, die in Höhe Dormagen zum Tagebau Hambach führen soll, ist in Vorbereitung. Entsprechende Genehmigungen von der Bezirksregierung Arnsberg liegen seit mehreren Wochen vor. Der Hambacher See soll zwar nicht der flächenmäßig größte See, aber einer der Seen in Deutschland, die das meiste Wasser führen werden. Der Hambacher See hat eine Tiefe von bis zu 380 Metern.

Der Energiekonzern appelliert in einer Mitteilung angesichts von strafbaren Handlungen gegen RWE Power und ihre Beschäftigten in den vergangenen Wochen, das Betriebsgelände des Unternehmens nicht zu betreten, sich nicht an gesetzeswidrigen Aktionen zu beteiligen und in einem möglichen Protest besonnen zu bleiben. Gewalt ist vollkommen inakzeptabel. Vorsorglich weist RWE Power zudem auf die Gefahren hin, die von allen betrieblichen Einrichtungen und Arbeitsabläufen ausgehen und die man als Ortsunkundiger nicht einschätzen kann. Aus diesem Grund ist Betriebsfremden das Betreten des Betriebsgeländes und der dortigen Einrichtungen generell verboten. Wer das Verbot ignoriert, bringt sich leicht in ernste Gefahr und riskiert eine Strafanzeige, so das Unternehmen weiter.

Marius von der Mahnwache Lützerath, der mit Gleichgesinnten bereits seit mehreren Wochen ein Camp am Waldrand aufgeschlagen hat, meldete sich am Mittwoch zu Wort: „RWE steht bereits in den Startlöchern, um die Aktivist*innen, die den Wald besetzen, zu räumen und das Sündenwäldchen zu roden. „Wir sind entsetzt über den Ausgang des Gerichtsverfahrens und empören uns über die fortschreitende Zerstörung durch RWE.“