Alt-Hürth – Vor knapp einem Jahrzehnt lösten die Pläne zum Umbau des maroden Schwimmbads am Brabanter Platz in ein Therapiezentrum noch große Begeisterung in Hürth aus. Für einen Euro verkaufte die Stadt das Bad an einen Investor. Doch im Rathaus ist längst Ernüchterung eingekehrt. Denn aus dem Umbau wurde bisher nichts, stattdessen verfällt das historische Gemäuer. Nun will die Stadt die Reißleine ziehen. Der Hauptausschuss beschloss hinter verschlossenen Türen die Rückabwicklung des Vertrags.
Gebäude steht unter Denkmalschutz
2007 hatte die Stadt den Stöpsel gezogen in der Badeanstalt, die in den Jahren 1929 und 1930 erbaut wurde und seit 1987 unter Denkmalschutz steht. Grund waren hohe Sanierungskosten. Mehrere Vorschläge zur Folgenutzung scheiterten, darunter Pläne zum Umbau in ein Brauhaus, an dem sich die Bürger als Aktionäre beteiligen sollten.
Realistischer erschien das Projekt, das Klaus Luig vom Architekturbüro 3L aus Menden im Sauerland den Hürthern vorschlug. Durch den Umbau in ein Wassertherapiezentrum hätte das Nass weiter eine Rolle in der Badeanstalt gespielt. Zum symbolischen Preis verkaufte die Stadt das Schwimmbad, der Kaufvertrag wurde im Januar 2012 besiegelt.
Im Oktober 2013 erteilte die Stadt die Baugenehmigung. Doch gebaut wird am Brabanter Platz immer noch nicht. Hinter der verfallenden Fassade diente das Bad zuletzt als Filmkulisse. Die Fernsehproduktion Action Concept ließ das Becken wieder volllaufen, um filmreif ein Auto darin zu versenken. Vor Wochen wurde in dem Gebäude für eine Netflix-Serie gedreht.
„Dass man von außen nichts sieht, heißt nicht, dass an dem Projekt nicht gearbeitet wird“, sagt Architekt Luig. Ein Projekt dieser Größenordnung brauche Zeit, gerade, wenn es um denkmalgeschützte Gebäude gehe. Luig erklärt die Verzögerungen auch mit veränderten Rahmenbedingungen beim Denkmalschutz, die sich auf die Wirtschaftlichkeit ausgewirkt und die Finanzierung erschwert hätten. Die Planung habe mehrfach angepasst werden müssen.
Vorschläge für alternative Nutzungen
Luig sagt, er habe der Stadt mehrere alternative Nutzungen vorgeschlagen. Der Architekt kann sich das Schwimmbad als fünfgruppige Kita vorstellen. „Der Bedarf ist da“, ist der Projektentwickler überzeugt. Weil weniger Technik erforderlich sei und die Flächen nur zum Teil gebraucht würden, rechne sich das Invest. Im März habe er der Stadt das Konzept vorgelegt, „inklusive Finanzierungsbestätigung“.
Doch Verwaltungsleuten und Politikern ist offenbar der Geduldsfaden gerissen. Im Hauptausschuss am 14. Mai soll von einem zerrütteten Vertrauensverhältnis die Rede gewesen sein; mehrfach habe sich der Investor nicht an Absprachen gehalten. Das Rücktrittsrecht vom Kaufvertrag wird damit begründet, dass der Investor gegen die Verpflichtung verstoßen habe, innerhalb von zwei Jahren nach Erteilung der Baugenehmigung zu bauen. Die Verwaltung will dazu keine Stellung nehmen und verweist darauf, dass die Sitzung nichtöffentlich gewesen sei.
Bereits 1,4 Millionen Euro ausgegeben
Offen ist unterdessen, zu welchem Preis die Stadt das Schwimmbad zurückbekommt. Projektentwickler Luig rechnet vor, dass für Planung und Gutachten bereits mehr als 1,4 Millionen Euro ausgegeben worden seien. Bei der Stadt geht man deshalb davon aus, dass der Investor für die Rückabwicklung eine erhebliche Summe verlangen und womöglich vor Gericht ziehen werde. Luig betont, dass er bisher weder eine Forderung geltend gemacht noch ein Angebot von der Stadt erhalten habe.
Unterdessen üben die Freien Wähler öffentlich Kritik am Verfahren. Der Hauptausschuss habe „in aller Heimlichkeit beschlossen, das gesetzliche Rücktrittsrecht auszuüben, das mit erheblichen rechtlichen und finanziellen Risiken behaftet ist“, sagt Fraktionschef Kurt Martmann.