Der Ex-Mann der 35-Jährigen muss sich in einem Prozess in Köln wegen Totschlags verantworten. Die drei Kinder leben bei ihren Verwandten.
Ukrainerin in Frechen getötet„Drei Kindern wurde der Boden unter den Füßen weggezogen“

Olesya S. genoss ihre Freiheit und ihren wieder gefundenen Lebensmut, den sie an andere Frauen und Geflüchtete weiter geben wollte. Im August 2024 wurde sie Opfer einer Gewalttat und im Alter von 35 Jahren getötet. Sie hinterlässt drei kleine Kinder.
Copyright: Olesia S.
Sie war 2022 nachts überstürzt mit wenig Habseligkeiten vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine geflohen, um mit ihren drei Kindern und ihrem damaligen Ehemann ohne Angst und in Sicherheit leben zu können. Doch Olesias S. Glück währte nur zwei Jahre. In der Nacht vom 4. auf den 5. August 2024 wurde die Frau in ihrer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in der Hubert-Prott-Straße im Frechener Stadtteil Bachem getötet. Sie wurde nur 35 Jahre alt.
Von Donnerstag (3. April) an muss sich ihr Ex-Mann vor der 5. Großen Strafkammer des Landgerichts Köln wegen Totschlags verantworten. Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt davon, dass der 44-Jährige Olesia S. infolge eines Streits erwürgt hat und sie erstickt ist. Zuvor hatte sie noch ihre Kinder (6, 8 und 10 Jahre alt) ins Bett gebracht.
Auf Totschlag steht eine Freiheitstrafe nicht unter fünf Jahren
Nach der Tat hatte der 44-Jährige eine Bekannte angerufen und von dem Streit und der Tat berichtet. Sie informierte daraufhin die Polizei, die zum Tatort nach Frechen-Bachem fuhr. Am selben Abend wurde der Mann festgenommen, seitdem sitzt er in Untersuchungshaft. Bei einer Verurteilung droht ihm eine Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren. In besonders schweren Fällen kann das Gericht auch auf eine lebenslange Freiheitsstrafe entscheiden.
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An fünf Verhandlungstagen bis zum 7. Mai wollen die Richter die Gründe für die schreckliche Tat herausfinden. Fakt ist nach Recherchen dieser Redaktion: Olesia S. gewann nach der Flucht aus der Ukraine in ihrer neuen Heimat an Selbstbewusstsein, strahlte Selbstsicherheit aus. Sie machte sich selbstständig und startete als Yogalehrerin, Motivationsrednerin und Coach durch.
Meine größte Angst ist es, zu sterben, ohne wirklich mein vollstes Potenzial entfaltet zu haben. Das macht mich total verrückt
Sie organisierte Workshops für geflüchtete Frauen, war in den Sozialen Medien mit Videos und Wortbeiträgen aktiv und veröffentlichte ihr erstes Buch. Immer im Fokus: Die Chancen der Persönlichkeitsentwicklung, die sich durch den Mut zur Veränderung ergeben – gerade für Frauen.
Mit ihrem neuen Selbstbewusstsein habe es mit ihrem Mann immer öfter Streit gegeben, berichtet ihre Cousine – ohne lange nachzudenken hatte sie mit ihrem Mann die drei Kinder bei sich aufgenommen. Das Paar sei geschieden worden, aber für eine räumliche Trennung wurde keine Möglichkeit gefunden. Die Versuche Olesias, den Zustand mithilfe von Behörden zu ändern, seien fehlgeschlagen. Immer wieder habe sie ihr gegenüber geäußert, sie habe Angst, berichtet die Cousine.

Die drei kleinen Kinder von Olesia S. nahmen bei einer Seebestattung Abschied von ihrer Mutter.
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Davon schrieb Olesia S. wenige Wochen vor ihrem Tod sogar auf Social Media: „Meine größte Angst ist es, zu sterben, ohne wirklich mein vollstes Potenzial entfaltet zu haben. Das macht mich total verrückt“, heißt es in dem Beitrag, in dem sie eindringlich für ein selbstbestimmtes Leben und die Kraft zur Veränderung warb – und anderen Frauen Mut machte. Die 35-Jährige kämpfte auch für andere. Die Auseinandersetzung an jenem verhängnisvollen Abend des 4. August konnte sie offenbar aufgrund ihrer körperlichen Unterlegenheit jedoch nicht gewinnen.
Ihre Cousine kann es auch jetzt, mehr als ein halbes Jahr danach immer noch nicht begreifen: „Drei wunderbaren Kindern wurde plötzlich der Boden unter den Füßen weggezogen, und sie blicken voller Angst in eine ungewisse Zukunft. Die Situation ist für alle Beteiligten nach wie unbegreiflich, und die Trauer der Kinder und aller Angehörigen unbeschreiblich. Die Familie wurde zerstört und die Kinder stehen ohne Eltern und ohne ein finanzielles Polster da.“
Dass das Paar 2022 gemeinsam nach Deutschland flüchtete, ist der Ausnahmefall. Aus Zahlen der Bundesregierung für dieses Jahr geht hervor, dass die überwiegende Mehrheit der erwachsenen Geflüchteten Frauen ohne Partner sind, nämlich 77 Prozent. davon 48 Prozent mit minderjährigen Kindern. Nur zwölf Prozent der Frauen sind mit Partner und minderjährigen Kindern nach Deutschland geflüchtet.