Frechen/Kerpen – Mit Wehmut blickt Frank Viehofen, Teamleiter des Ausbildungszentrums HW Grefrath, auf seinen Kollegen Horst Zacharzewski. „Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass er nicht mehr hier ist. Sein Wort hat Gewicht, die Azubis schätzen ihn. Wenn Horst den Jungs was sagt, wird das gemacht.
Und von den „Jungs“, die so respektvoll auf den Kollegen hören, gibt es viele: Mehr als 1400. Seit August 1984 hat Horst Zacharzewski etliche Jahrgänge von Auszubildenden betreut, durch alle Schwierigkeiten gelotst und auf dem beruflichen Werdegang begleitet. Nun feiert er selbst ein seltenes berufliches Ereignis: Am 31. Juli arbeitet er seit 50 Jahren bei RWE. Nur einem Monat nach seinem goldenen Dienstjubiläum scheidet er aus dem Berufsleben aus und geht in die wohlverdiente Rente.
Mit 14 Jahren als Dreher in Frechen-Grefrath angefangen
Begonnen hat alles am 1. August 1972: Mit gerade 14 Jahren startete Horst Zacharzewski bei den Rheinischen Braunkohlekraftwerken eine Lehre als Dreher in der Ausbildungsstätte Grefrath – genau dort, wo er später selber lehrend tätig werden sollte. „Wir mussten damals noch unsere Arbeitskleidung und Schuhe selber kaufen“, erinnert er sich mit Blick auf ein leicht verblichenes Foto, das ihn mit Kollegen zum Berufsstart zeigt, „heute wird alles gestellt.“
Zur Berufsauswahl stand für ihn damals auch noch eine Lehre als Dekorateur beim Kaufhof in Köln, aber er hatte damals „Manschetten vor der großen Stadt“ und entschied sich für Grefrath.
Kerpener blieb RWE Jahrzehnte treu
Unzählige Stationen und Fachbereiche passierte Zacharzewski bei seinem Arbeitgeber, dem er die ganzen Jahre treu blieb. Weiterbildungen, neue Aufgaben und Verantwortungen sowie spannende Projekte brachten Abwechslung in sein Berufsleben. Gerade im Ausbildungsbereich erkennt er aber auch einen Wandel: „Die Auszubildenden sind heute älter und eckiger, da gibt es schon einmal Gegenwind. Die Disziplin ist eine andere geworden, heute muss man mehr schubsen und sich den Respekt erarbeiten.“
Dass sich sein Einsatz für die jungen Menschen lohnt, hat ihm besonders ein Ereignis gezeigt, das er „mit als schönstes Berufserlebnis“ betitelt: 2018 gab es für zwei seiner Auszubildenden zum Zerspanungsmechaniker, Arthur Rohrer und Georg Erlinghagen, eine IHK-Bestenehrung und eine Feier im Phantasialand – beide hatten ihren Abschluss „über Eins“ gemacht. „Da sieht man, die Arbeit hat sich gelohnt“, freut sich Zacharzewski noch heute. „Horst ist sich für nichts zu schade, auch offen für die Digitalisierung und immer für Neues engagiert“, lobt Viehofen, der sich für die Abschiedsfeier seines Kollegen noch etwas Besonderes ausdenken möchte.
Jubilar will Obst und Gemüse im Kerpener Garten pflegen
„Der Kontakt zu den vielen Menschen wird mir fehlen, es wird bestimmt einsamer. Wichtig ist, dass man den Kopf im Gang hält, damit man nicht verblödet“, resümiert der beliebte Ausbilder, „man hat ja auf einmal neun Stunden mehr Zeit am Tag.“ Doch diese neun Stunden werden allerdings wohl kaum für die Pläne des agilen RWElers ausreichen: Am Eigenheim in Kerpen-Buir gibt es einiges zu renovieren, zudem ist da ein Springbrunnenprojekt im Garten und er ist jetzt schon begeisterter Hobbygärtner mit eigenem Obst- und Gemüseanbau.
Die fast zweijährige Enkeltochter freut sich auf mehr Zeit mit dem Opa, an den Häusern seiner Tochter und seines Sohnes stehen kleinere Handwerkerarbeiten an. Und auch seine Ehefrau, die noch zwei Jahre weiterarbeiten möchte, kann sich freuen: „Ich unterstütze dann natürlich im Haushalt, ich mache alles, und natürlich ist gekocht, wenn die Frau von der Arbeit nach Hause kommt.“ Zudem wollen die Beiden ungezwungener reisen und auch einfach mal spontan losfahren. Dafür gibt es sogar noch ein ehrgeiziges Vorhaben: „Ich möchte unbedingt Holländisch lernen, es ärgert mich, wenn ich dort nichts sagen kann.“
Aber trotz aller Pläne, auf die sich Horst Zacharzewski freut: „Jetzt hat man nur noch einen Abschnitt vor sich, man wird langsamer und muss ein neues Tempo finden. Mit 14 hat man noch alles vor sich.“, sinniert er nachdenklich. Um den Übergang etwas leichter zu gestalten, bleibt der 64-jährige noch bis August 2024 im IHK-Prüfungsausschuss und wird für diese Tätigkeit auch ab und zu als Gast an seine alte Wirkungsstätte zurückkehren. Eines ist aber bereits heute wohl sicher: „Wenn ich dann am 31. August den Schlüssel hier abgebe, dann habe ich bestimmt Pipi in den Augen.“