Erftstadt – Wie konnte das passieren? Wie haben die Betroffenen die Katastrophe verarbeitet? Und was muss getan werden, um solche Wetterextreme in Zukunft wenigstens besser zu beherrschen, wenn man sie schon nicht verhindern kann? Diese Fragen brennen den Menschen an der Erft und in der Region auch 14 Monate nach der verheerenden Flut vom 14. und 15. Juli 2021 noch unter den Nägeln.
So führte am Wochenende auch bei den Regionalen Wassertagen kein Weg an der Auseinandersetzung vorbei. Dennoch kam auch der Spaß rund ums Wasser nicht zu kurz. Einen besseren Schauplatz als das naturnah gestaltete Hochwasserrückhaltebecken am Ortsrand von Niederberg hätten die Organisatoren vom Leaderprojekt „Wassernetz Zülpicher Börde“ unter der Federführung des Erftverbandes kaum wählen können. Denn das ist ein Ort, an dem selbst Fachleute wie der Erftverbandsvorsitzende Dr. Bernd Bucher zuweilen ihren Augen kaum trauen.
Dürren und Starkregen
So war es in jenem Juli, als der normalerweise so idyllisch dahinfließende Rotbach das komplette Becken plötzlich mit derart gewaltigen Wassermassen füllte, dass sie zwei Tage lang ohne Unterbrechungen unaufhaltsam über den Betonüberlauf schossen. Am Samstag staunte Bucher aus einem anderen Grund: „So trocken, braun und ausgedörrt wie jetzt habe ich den Damm und die Wiesen im Retentionsraum noch nie gesehen.“
Lange Dürren im Sommer und zwischendurch gefährlicher Stark- und Dauerregen mit enormen Hochwasserpotenzial – das ist das Szenario, das die meisten Expertinnen und Experten auch für die Region in verstärktem Ausmaß befürchten. Bei den Wassertagen tauschten sich bei drei einstündigen Podiumsdiskussionen am Samstagnachmittag vor rund 100 Gästen gleich 14 Fachleute darüber aus.
Experten diskutierten
Das Aufgebot reichte von Meteorologen, Agrar- und Raumplanungswissenschaftlerinnen über Wasserwirtschaftsprofis und Naturschützer bis hin zu Menschen, die die Juli-Tage wie Thomas Smarsly von der Euskirchener Feuerwehr, Oberstleutnant Hans-Peter Limburg von der Bundeswehr und die Journalistin Ulla Jürgensonn hautnah erlebt haben. Sie alle schilderten in bewegenden Worten ihre Fassungslosigkeit angesichts der kaum für möglich gehaltenen Zerstörungskraft des Wassers, hoben aber auch den unermüdlichen Einsatz der Helferinnen und Helfer und das in den Tagen der Not entstandene Gemeinschaftsgefühl hervor.
Kritik aus dem Publikum
Aus dem Publikum wurde auch Kritik laut. So können sich einige Betroffene immer noch nicht erklären, weshalb die Menschen in den bedrohten Orten nicht früher gewarnt worden sind. Man sei doch selbst vom Ausmaß und vom Tempo der Überflutungen überrascht worden, räumten Fachleute ein, betonten aber, dass intensiv an einer Verbesserung der Vorwarninstrumente gearbeitet werde.
Derweil nahm Dirk Jansen vom Bund für Umwelt und Naturschutz die Politik in die Pflicht: „Wir müssen zum Beispiel den Flüssen wieder mehr Raum geben, ökologischere Strukturen in der Land- und Forstwirtschaft schaffen, für lebendige Auen sorgen und den Flächenfraß stoppen.“ Doch obwohl längst bekannt sei, was getan werden müsse, fehle vielen politischen Akteurinnen und Akteuren der Mut zur Umsetzung. Jansen forderte ein radikales Umdenken und Umsteuern.
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Nach vielen ernsten Worten klang der Samstag fröhlich aus: „Katie & The Swing Aces“ und die „Hop Stop Banda“ spielten Benefizkonzerte für die Erftstädter Initiative Baustoffspenden. Am Sonntag stand in der Rotbachaue ein Wassererlebnistag für Familien auf dem Programm mit Infoständen, Besichtigungen, Spielen rund ums Wasser und reichlich Livemusik.