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Pferdehof vom Krater verschlucktFamilie Spoo aus Blessem steht vor ungewisser Zukunft

Lesezeit 3 Minuten
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Der Boden unter dem Pferdehof ist nach dieser Aufnahme abgesackt.

  1. Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Text aus unserem Archiv, der unsere Leserinnen und Leser besonders interessiert hat. Er wurde zum ersten Mal am 9. August 2021 veröffentlicht.

Erftstadt-Blessem – Martin Spoo schwankt zwischen Verzweiflung und Pragmatismus. Der Mann, den Pferdezüchter in ganz Deutschland kennen, steht vor den Trümmern dessen, was er und seine Frau sich in vier Jahrzehnten aufgebaut haben. Aber: Alle 60 Pferde sind gerettet, und kein Mensch ist zu Schaden gekommen.

Wie ein makaberes Mahnmal ragen die Reste der Reithalle in Blessem in den strahlend blauen Himmel. Ein großer Teil des Gebäudes ist weggerissen, verschwunden in dem Krater, den die Wassermassen am Donnerstag vor mehr als drei Wochen haben entstehen lassen. Immer noch stehen Pfützen auf dem Sandboden, auf dem Pferd und Reiter trainiert haben.

Erftstadt: An einen Wiederaufbau der Halle ist nicht zu denken

Aber nicht nur die halbe Halle, sondern auch der Grund, auf dem sie stand, ist schlicht und einfach weg. Und wer sich aus der Ruine Richtung Radmacherstraße wagt, sieht, wie weit die Fluten sich unter das Gebäude gefressen haben. Auch ein Teil der Häuser, die dem Wasser zum Opfer gefallen waren, gehörten zum Besitz der Familie Spoo.

Das Wasser hat in Blessem einen Krater gerissen.

Daran, die Halle wieder aufzubauen, ist nicht zu denken. Martin Spoo weiß überhaupt noch nicht, ob und wie es weitergeht mit dem Hof, der seit 1880 der Familie seiner Frau Beate gehörte. Vor vier Jahrzehnten hatte das Ehepaar begonnen, ihn als Reitstall zu etablieren. Immer wieder wurden neue Boxen angebaut.

Hochwasser: Auto und Pferdeanhänger stecken 16 Stunden fest

Spoo führt durch die Ställe, in denen die Pferde bis zum Bauch in der braunen Brühe gestanden haben. An den Boxentüren hängen noch die Namensschilder, bei manchen steht der Hinweis, wie viel wann gefüttert werden soll. Vor dem Hof verläuft ein Wall, der mal die schmucke weiße Mauer war, die den Stall Spoo unverkennbar machte. Davor türmen sich Halfter, Bürsten, Stiefel.

Das Wasser stand gut 1,40 Meter hoch.

Die Flutnacht hat Mensch und Tier traumatisiert. Pferdebesitzer und Helfer kämpften sich mit den Pferden zum Ortsausgang durch, eine Gruppe steckte mit Auto und Pferdeanhänger 16 Stunden im Wasser fest. Martin Spoo wusste zwei Tage lang nicht, ob und wo seine Frau die Katastrophe überstanden hatte.

60 Pferde aus Blessem auf andere Ställe verteilt

Vor zwei Jahren haben die Eheleute den Betrieb ihrer Tochter übergeben. Sie wohnte mit Mann und Töchterchen im Haus neben der Reithalle. Ob das noch mal betreten werden kann, ist unklar. Beate und Martin Spoo lebten im Haus auf dem Hof. „Als das Wasser kam, saßen wir im Wohnzimmer“, erzählt er. „Irgendwann haben wir gemerkt, dass, wenn wir einen Eimer Wasser rausgetragen haben, 50 reingelaufen sind.“ Auch dieses Gebäude ist beschädigt, der Keller voller Schlamm.

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Martin Spoo hat bis zum Ruhestand als Geschäftsführer des Rheinischen Pferdestammbuchs Züchter beraten. Und gleichzeitig den Hof zu einem florierenden Unternehmen mit Pensionsstall und Ausbildung für Reiter und Pferde entwickelt. Jetzt sind die 60 Pferde auf Ställe in der Umgebung verteilt.

Das Holzpferd der Enkelin ist gerettet worden – ein Lichtblick für Martin Spoo.

RWE Power habe der Familie als Zwischenlösung einen Hof in Alt-Morschenich angeboten, erzählt er. Die Pferdebesitzer hätten schon gesagt, dass sie eine Umzug dorthin mitmachen würden. Das freut Martin Spoo. Und eine Kleinigkeit macht ihn beinahe glücklich: Ein Holzpferd ist zwar vom Wasser weggetragen, aber später geborgen worden. Da spiele seine Enkelin so gern drauf.