Volker Erner ist bei der vergangenen Kommunalwahl in Erfstadt nicht mehr als Bürgermeister angetreten.
Die letzte von ihm geführte Ratssitzung sorgte für Aufsehen, denn der 58-Jährige nutzte sie, um noch einmal mit der Erftstädter Politik abzurechen.
Im Interview spricht er über seinen größten Erfolge und Misserfolge, einen demütigenden Moment und seine Zukunft.
Erftstadt – Mit der Kommunalwahl war er von der Bildfläche verschwunden, die Mail-Adresse stillgelegt, das Diensthandy abgeschaltet. Jetzt ist Volker Erner wieder da, zurück aus dem Wanderurlaub mit seiner Frau in Schottland. Mit ihm sprachen Ulla Jürgensonn und Bernd Rupprecht über Erfolge und Misserfolge und über die Frage, warum er nicht noch einmal Bürgermeister von Erftstadt werden wollte.
Ihr Abschied aus der Politik kam nicht überraschend, wirkte aber dann doch etwas abrupt. Warum wollten Sie keine Verabschiedung?
Ich habe natürlich lange darüber nachgedacht. Es ist ja Brauch, dass der erste Stellvertreter sich da Gedanken macht und etwas abstimmt. Das hat man in meinem Fall offensichtlich nicht für nötig befunden, und dann habe ich gedacht, dann möchte ich das jetzt auch nicht mehr. Mein angespanntes Verhältnis zum Stadtrat ist ja durchaus bekannt. Ich wäre wenig glaubwürdig gewesen, wenn ich auf eine große, prunkvolle Verabschiedung Wert gelegt hätte. Da habe ich lieber den stillen Abgang gemacht.
Nachdem Sie öffentlich gesagt hatten, dass Sie nicht mehr antreten, wirkten Sie wie befreit. War das Amt Ihnen am Ende eine solche Last?
Dass ich befreit gewirkt hätte, habe ich öfter gehört. Hand aufs Herz: Das Amt war mir keine Last. Ich habe die Entscheidung damals aus gutem Grund getroffen und habe sie keine Sekunde bereut.
Das lässt sich nicht ausschließen. Der Umstand, der mich sehr stark ans Überlegen gebracht hat, ist bekannt: Der komplette Rat – und damit auch die CDU-Fraktion – hat Ende 2018 den damaligen Haushalt zwar mitgetragen, aber den Stellenplan 2019 nicht. Das war mit mir nicht abgesprochen, ich war in völliger Unkenntnis. Das war für einen Verwaltungschef, der das ja auch im Rathaus verkaufen muss, ein Schlag ins Gesicht. Sie können nicht professionell arbeiten, wenn Sie nicht auch das professionelle Personal dafür haben. Das 24 Stunden vor der Ratssitzung zu erfahren, habe ich als demütigend empfunden.
Zur Person
Volker Erner war seit Juni 2013 Bürgermeister in Erftstadt. Bei der Kommunalwahl im September ist er nicht für eine weitere Amtszeit angetreten. Seine Verwaltungslaufbahn hat der Volljurist als städtischer Rechtsrat in Köln begonnen. Im Januar 2001 wurde er Erster Beigeordneter in der Erftstädter Verwaltung. Seit 2000 ist er Mitglied der CDU. Seit 1994 wohnt der gebürtige Sauerländer in Lechenich. Er ist verheiratet und und hat zwei Kinder. (uj)
Die Auswirkungen dieses Beschlusses wird man noch in den nächsten Jahren merken. Das hat mich wirklich verbittert. So geht man nicht mit einem Parteikollegen um. Aber letztlich war das nur ein Puzzlestein. Wenn Sie merken, dass Fraktionen immer wieder versuchen, ins Rathaus hineinzuregieren bis auf die unterste Ebene, dann macht das keinen Sinn mehr. Wenn das Vertrauen der Politik nicht mehr da ist und man immer kämpfen muss, zermürbt das.
Die Zusammenarbeit mit der Technischen Beigeordneten lief nicht rund. Gibt es im Nachhinein etwas, wo Sie sagen: Das hätte ich anders machen sollen?
Ich wüsste nicht was. Ich habe mit Frau Hallstein professionell zusammengearbeitet, ich habe ihr die nötigen Freiheiten gelassen, ich habe allerdings immer Loyalität erwartet. Sie hat sich in die Abhängigkeit eines Fraktionsvorsitzenden begeben, das hat mir nicht gefallen, und das habe ich angesprochen. Das hat sicherlich im Miteinander im Verwaltungsvorstand die eine oder andere Delle gegeben. Aber die waren ausschließlich sachlich begründet.
Im Wahlkampf hatte Monika Hallstein den Slogan „klüngelresistent“. Wie haben Sie das verstanden?
Ich habe das schmunzelnd zur Kenntnis genommen. Ich habe ein reines Gewissen. Ich habe niemals geklüngelt oder in Hinterzimmern Dinge abgesprochen.
Auf welche Entwicklungen in Ihrer Amtszeit sind Sie stolz?
Wir haben eine gut aufgestellte Verwaltung. In der Wirtschaftsförderung haben wir Dinge erreicht, die man als Meilensteine bezeichnen darf. Die Entwicklung des Wirtschaftsparks ist grandios. Die Gewerbesteuereinnahmen haben sich fast verdoppelt, das gibt ein bisschen Luft für andere wichtige Projekte. Ich bin stolz darauf, dass ich dabei war, als das Tor aufgestoßen wurde für die Ansiedlung der TH.
Zu Beginn Ihrer Amtszeit wollten Sie eine andere Atmosphäre schaffen. Der Ansatz war da, warum kam dann der Rückfall in harte, auch persönliche Auseinandersetzungen?
Die regelmäßigen interfraktionellen Gespräche am Anfang waren ganz okay. Dann hat es einen Cut gegeben, die beiden großen Fraktionen CDU und SPD haben sich komplett auseinanderdividiert. Das war bei der Frage der Gesamtschule. Das hat den Rat völlig auseinandergebracht. Interfraktionelle Gespräche haben dann nichts mehr gebracht. Das hat sich erst geändert, als das „Gestaltungsbündnis“ aus CDU, FDP und Freien Wählern entstanden ist.
Ich bin skeptisch. In der letzten Ratssitzung haben Sie gesehen, dass es eine Person geschafft hat, die komplette Tagesordnung ad absurdum zu führen (Anm. d. Red.: Bernd Bohlen hatte erst am Tag vor der Sitzung mitgeteilt, dass er nicht mehr der SPD-Fraktion angehört). Das zeigt, in welche Richtung es wahrscheinlich in den nächsten Jahren geht. Die Ratssitzung ist bewusst torpediert worden, damit es ein schlechter Start wird. Ich habe dafür keinerlei Verständnis.
Sie wird ihren Weg gehen. Sie wird noch Erfahrungen sammeln müssen, aber sie hat einen großen Vorteil: Sie hat mit Jörg Breetzmann einen wirklich fantastischen Ersten Beigeordneten. Der wird ihr sicherlich loyal zur Seite stehen. Was ich ihr Wünsche, ist einfach Respekt. Respekt, der ihr entgegengebracht wird von den Stadtverordneten. Und ich wünsche ihr so tolle Begegnungen mit Menschen, wie ich sie als Bürgermeister erleben durfte.
Wie sieht Ihre persönliche Planung für die nächste Zeit aus?
Ich möchte mich erstmal um meine Familie kümmern. Und ich habe ganz viel in meinem und um mein Haus zu tun. Im nächsten Jahr greife ich wieder an. Ich bin Volljurist, anwaltlich tätig zu werden, das reizt mich auch mit 58 Jahren noch.