Keine einfache FinanzierungSo viel kosten die Karnevalszüge in Brühl und Kerpen
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Kerpen/Brühl – „In so einem Rosenmontagszug steckt eine Menge Vorbereitung“, sagt Klaus Jahn und zeigt einen dicken Aktenordnungen, der unter anderem die Anmeldebögen der Zugteilnehmer und Tüv-Bescheinigungen sowie Versicherungsnachweise der Festwagen enthält. 1969 ging der heute 70-jährige Karnevalist, der dem Festkomitee Kerpen/Mödrath/Langenich angehört, zum ersten Mal im Kerpener Rosenmontagszug mit. Seit 1975 ist er der verantwortlicher Zugleiter der bunten und närrischen Parade, mit der jedes Jahr rund 1000 Jecke durch die Straßen ziehen.
Jahn muss der Stadt Tüv-Berichte und Versicherungsnachweise vorlegen für die Wagen, die mitfahren sollen. Er muss auch einen Säuberungstrupp auf die Beine stellen, der den gröbsten Dreck unmittelbar nach dem Zug beseitigt. „Die Jungs machen das ja nicht umsonst“, sagt Klaus Jahn. „Ohne Geld geht es sowieso nicht. Der Zug kostet uns als Festkomitee rund 4000 bis 5000 Euro jedes Jahr. Und wir kriegen keine Zuschüsse.“
Insbesondere die Musikkapellen seien kostspielig und schlügen mit jeweils rund 600 Euro zu Buche. „Wir haben immer mindestens fünf bis sieben dabei“ sagt Jahn. Das sei nun einmal wichtig für die Stimmung, sagt der Karnevalist. „Ohne Kapellen geht es nicht.“
Festkomitee feiert 50 Jahre
Ein Team von acht bis zehn Leuten hilft ihm bei der Organisation des Zuges. Das ist die wichtigste Aufgabe des Festkomitees. Es feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen. 1968 haben sich die die Karnevalsgesellschaften in den Orten Kerpen-Mitte, Mödrath und Langenich zu diesem Festkomitee zusammengeschlossen. Es ist nicht zu verwechseln nicht mit dem für die Gesamtstadt zuständigen Festkomitee der Stadt Kerpen 1980.
Kapellen gehen ins Geld
Mit Gesamtkosten von rund 15 000 Euro rechnet der Festausschuss Brühler Karneval für den Närrischen Elias. Die Straßenreinigung und Kosten für Absperrungen und innerstädtische Sicherheitsmaßnahmen trägt die Stadt Brühl. Etwa 1500 Euro an Versicherungskosten für die Zugteilnehmer fallen an. Teilweise werden diese refinanziert durch die Zuggebühr. Fünf Euro zahlt ein Mitglied eines Karnevalsvereins, der dem Festausschuss angeschlossen ist, zehn müssen Nicht-Mitglieder berappen. Kinder bis 16 Jahre müssen nichts zahlen. Rund 1000 Euro kosten die Hilfsdienste den Festausschuss, etwa 10 000 Euro die Kapellen. (nip)
Zur Zeit machen die Gesellschaften KG Gemütlichkeit, KC Schwarz Gold, KG Jecke 11, KG Löchte Lämpche und TC Edelweiß im Festkomitee Kerpen/Mödrath/Langenich mit.
„Früher musste jeder Zugteilnehmer fünf Mark zahlen, um die Zugkosten zu finanzieren“, berichtet Jahn. Das sei aber abgeschafft worden, um die Teilnehmer nicht weiter zu belasten. Sie müssen ohnehin schon für ihre Kostüme, für das Wurfmaterial und auch für die Wagen aufkommen.
Heutzutage finanziere das Festkomitee die Zugkosten aus Beiträgen der einzelnen Mitgliedsgesellschaften, aus dem Erlös eines Glühweinstands, der alljährlich zum Weihnachtsmarkt auf Schloss Loersfeld aufgebaut wird, und aus dem Verkauf von Stickern. Auf dem diesjährigen steht das Motto „Jeck in Kerpen“. „Den gibt es überall, wo wir unterwegs sind, für 2,50 Euro“, erläutert Klaus Jahn. Mitgliedsbeiträge, Glühwein und Sticker – das hat bislang gereicht und soll auch in Zukunft reichen. Das hofft jedenfalls Klaus Jahn. „Wir haben jedes Jahr einen wunderschönen Zug und viele Zuschauer. Damit sind wir zufrieden.“ Neue Einnahmequellen – etwa durch Werbung – sollten seiner Meinung nach nicht erschlossen werden. „Ich finde so ein Rosenmontagszug muss möglichst frei von kommerzieller Werbung sein“, sagt er.
In Brühl läuft die Finanzierung des Karnevalszugs, des Närrischen Elias am Karnevalssonntag, zum großen Teil über Sponsoren. Für die ausrichtenden Karnevalsgesellschaften wird es grundsätzlich nicht einfacher, ein solches Ereignis auszurichten. „Es wird schon schwieriger, so einen großen Zug zu finanziell zu stemmen“, sagt Wilfried Hägele vom Festausschuss Brühler Karneval. Es falle heutzutage nicht leicht, Sponsoren für das jecke Großereignis aufzutreiben.
„Früher haben sich Firmen vielfach mehr mit dem heimischen Brauchtum verbunden gezeigt“, sagt Hägele. Er möchte sich aber nicht beklagen. Viele Unternehmen seien Ableger internationaler Firmen, gibt der Karnevalist zu bedenken. Da sei die Verbindung zum örtlichen Brauchtum zwangsläufig nicht mehr so gegeben.
Dennoch freuten sich die Brühler zum Beispiel, dass Galeria Kaufhof, seit 2015 Teil der kanadischen Hudson’s Bay Company, im letzten Jahr die Karnevalisten mit Anzügen ausstattete. Das Problem sei jedoch nicht nur in den kleineren Kommunen aktuell.
Brühler Festausschuss erhebt kleine Gebühr
Auch in Köln sei die Finanzierung eines Zuges nicht mehr so einfach. „Man muss sich schon etwas strecken“, sagt Hägele. Von jedem Zugteilnehmer erhebt der Brühler Festausschuss eine kleine Teilnahmegebühr, die größtenteils aber für Versicherungen draufginge. „Ohne größere Zuwendungen kämen wir nicht aus“, sagt er.
Besonders die Banken und die Stadtwerke unterstützten die Brühler Karnevalisten. Als Dank besucht das Dreigestirn die Förderer in der Session regelmäßig. Klinkenputzen sei für den Zug glücklicherweise noch nicht angesagt, berichtet Hägele. Viele über Jahre oder Jahrzehnte gewachsene Beziehungen würden helfen.
Schon seit 45 Jahren stellt Renault kostenlos einen Wagen für das Dreigestirn zur Verfügung, seit 15 Jahren bekommt das Kinderprinzenpaar sein Gefährt von Nissan geliehen. „Das hat sich eingespielt, es besteht wirklich ein Vertrauensverhältnis“, zeigt sich Wilfried Hägele glücklich.
Der Karnevalszug sei schließlich ein „nicht unerheblichen Wirtschaftsfaktor“, gibt Hägele zu bedenken. Im vergangenen Jahr hätten rund 40 000 Besucher am Zugweg gestanden, davon habe die Gastronomie mit Sicherheit profitiert, glaubt er. Einen Teilertrag der Finanzierung generiert der Brühler Festausschuss durch die Anzeigen in der Festschrift. „Da ist dann schon Klinkenputzen angesagt, was früher auch einfacher war“, sagt Hägele.