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Investitionen geplantMartinswerk in Bergheim modernisiert Gebäude

Lesezeit 3 Minuten

Mit dem Bunsenbrenner präsentiert Jens Pfeiffer die Wirkung: Ein Kunststoffstreifen ohne Flammschutzmittel aus dem Martinswerk fängt Feuer, während das Gegenstück den Flammen trotzt.

Bergheim-Quadrath-Ichendorf – Sehr vereinfacht ausgedrückt, stellt man im Martinswerk aus weißem Pulver weißes Pulver her. Allerdings bedarf es einer ausgeklügelten Verfahrens- und Prozesstechnik, um einfaches Aluminiumhydroxid (gewonnen aus dem Erzgestein Bauxit) hochrein zu veredeln oder um es durch Wasserentzug und andere aufwendige Schritte in eine breite Palette feinster Aluminiumoxidprodukte zu verwandeln. Und da macht den Martinswerkern weltweit so schnell niemand etwas vor. Beim bundesweiten Tag der offenen Tür der Chemie gewährte das Traditionsunternehmen am Samstag vielen Hundert Besuchern einen interessanten Blick hinter die Kulissen.

Mehr als 100 Jahre

Um was es geht, wurde am besten im Versuchslabor deutlich. Dort hielt Mitarbeiter Jens Pfeiffer den Bunsenbrenner nacheinander an zwei auf den ersten Blick völlig identische Kunststofftafeln. Während das erste Täfeln nach wenigen Sekunden in Flammen aufging, verformte sich das andere zwar ein wenig, aber es fing kein Feuer. „Man sieht es nicht, aber im zweiten Täfelchen ist unser Martinal enthalten“, verriet Pfeiffer den staunenden Zuschauern.

Martinal, Magnifin und Martoxid auf Aluminiumhydroxid- beziehungsweise Magnesiumhydroxidbasis gehören zu den Hauptprodukten. Die in Dutzenden Variationen erhältlichen Spezialchemikalien setzt die Kunststoffindustrie vor allem als Flammschutzmittel ein – etwa in Autoarmaturen, Kabelummantelungen, Flugzeugsitzen oder Bodenbelägen.

Eindrucksvolle Zahlen

Auch in Keramikerzeugnissen oder Spezialpapieren werden Martinswerk-Chemikalien zur Verbesserung der Produkteigenschaften verwendet. „Mit rund 500 Mitarbeitern, darunter 20 Auszubildende, verwandeln wir auf unserem 120 Hektar großen Betriebsgelände jährlich 260.000 Tonnen Rohstoff in rund 200.000 Tonnen an Endprodukten – Tendenz steigend. Mehr als 70 Prozent davon gehen in den Export in weltweit 50 Länder. Insbesondere bei den halogenfreien Flammschutzmitteln gehören wir damit zu damit zu den führenden Herstellern“, nannte Bruno von Trosdorf, Leiter der Finanz- und Controlling-Abteilung, eindrucksvolle Zahlen.

Dass am Ortsrand von Quadrath-Ichendorf schon seit mehr als 100 Jahren Chemie gemacht wird, ist vor allem der Braunkohle zu verdanken. Mit deren Hilfe wurde und wird im eigenen Kraftwerk der bei der Produktion in großen Mengen benötigte Wasserdampf erzeugt. „Wir machen uns aber schon jetzt für die Zeit nach der Braunkohle Gedanken. So könnte eine Umstellung auf Gas dafür sorgen, dass die Lichter hier nicht ausgehen“, sagte von Trosdorf. Überhaupt nimmt man im Martinswerk unter der Leitung von Geschäftsführer Martin Schulting derzeit viel Geld in die Hand. Die Firmenspitze hat ein millionenschweres Investitionsprogramm zur Modernisierung der teils uralten Gebäude und zur Erweiterung der Produktpalette aufgelegt. Unter anderem wird an Spezialoxiden zur Verbesserung der Batterien in Elektroautos gearbeitet.

In den höchsten Tönen loben viele Mitarbeiter ihren neuen Eigentümer. Vor zweieinhalb Jahren hat die US-amerikanische J.M. Huber Corporation den Standort von der ebenfalls in den USA beheimateten Albemarle Company übernommen. „So ein Eigentümerwechsel lässt in der Belegschaft natürlich zunächst einmal Ängste aufkommen“, sagte von Trosdorf, „für uns hat sich dieser Wechsel von einer börsennotierten Aktiengesellschaft in ein international erfolgreiches selbstständiges Familienunternehmen aber absolut bewährt. Es herrscht ein ganz anderer Geist, eine andere Unternehmenskultur, eine bessere Kommunikation. Wir erleben gerade hautnah, dass J.M. Huber das, was sie an Investitionen und Modernisierungen versprochen haben, tatsächlich auch umsetzen.“