- Im Bergeimer Medio finden im Jahr rund 250 Veranstaltungen statt.
- Wegen des Coronavirus mussten alle Veranstaltungen bis Ende April jetzt verschoben werden.
- Über Nachholtermine, die Auswirkungen des Coronavirus auf den Kulturbetrieb und Forderungen an die Politik, spricht Geschäftsfürer Dr. Stefan Holzporz.
Bergheim – Dr. Stefan Holzporz ist Geschäftsführer der BM Cultura, der Betreibergesellschaft des Bergheimer Medio und des Bürgerhauses in Quadrath-Ichendorf. Rund 250 Veranstaltungen im Jahr finden im Medio statt, etwa 70 000 Besucher kommen.
Alle Veranstaltungen bis Ende April mussten nun wegen des Coronavirus verschoben werden. Niklas Pinner sprach mit Stefan Holzporz über die Folgen für Kulturschaffende.
Herr Holzporz, haben Sie für alle Veranstaltungen Nachholtermine gefunden?
Holzporz: Zum Teil suchen wir noch, aber für die meisten haben wir schon Nachholtermine gefunden, überwiegend im Herbst, teilweise aber auch 2021. Bei zwei Veranstaltungen ist das so, dass sie im nächsten Jahr etwa zu gleicher Zeit stattfinden, wie sie dieses Jahr hätten stattfinden sollen.
Alle Verlegungstermine geben wir natürlich tagesaktuell auf unserer Homepage bekannt. Da es hier und da nicht ganz einfach ist, neue Termine zu finden, und viele Absprachen getroffen werden müssen, bitten wir unsere Besucher um etwas Geduld. Die Karten für die verschobenen Termine behalten natürlich Gültigkeit.
Neue Termine
Für drei Veranstaltungen im Medio gibt es bereits neue Termine. Achim Hagemann kommt als Pawel Popolski mit „Nach der Strich und der Faden“ am Donnerstag, 22. Oktober, 20 Uhr nach Bergheim. Das Konzert der Queen Revival Band wird auf Samstag, 13. Juni, verschoben. Der neue Termin für „Frau Höpker bittet zum Gesang“ ist Sonntag, 11. Oktober. Bereits gekaufte Karten bleiben gültig. (nip)
Wie wirken sich die Verlegungen auf den Geschäftsbetrieb aus?
Nach einem guten Jahr 2019 haben wir mit Blick auf einen gut gefüllten Belegungsplan für 2020 sogar mit einem noch besseren Geschäftsjahr gerechnet. Und wenn wir nun Veranstaltungen in den Herbst verschieben, werden sich die Kartenverkäufe auf viele weitere attraktive Programmangebote verteilen, die wir saisonal dort ohnehin schon haben. Und da wir auch einige Veranstaltungen ins nächste Jahr verschieben mussten, verschieben sich entsprechend auch die Einnahmen.
Der Ausfall bis zur Sommerpause wird also schon sehr schmerzlich. Wir versuchen aber, das Beste daraus zu machen. Arbeiten und Projekte, die wir eigentlich für die Sommerpause geplant haben, werden nun vorgezogen, zum Beispiel die jährliche Parketteinpflege oder die Modernisierung unserer Medientechnik. Und ansonsten bauen wir Überstunden ab, damit wir im Herbst wieder mit voller Kraft loslegen können.
Wie war Ihre persönliche Reaktion darauf, erst einmal alles verschieben zu müssen?
Ich war natürlich besorgt, in mehrerlei Hinsicht. Zum einen, was unser eigenes Veranstaltungsgeschäft betrifft, dann aber auch was die Künstler und Ensembles betrifft. Die regionale Kulturszene, aber auch die Veranstaltungsbranche insgesamt werden jetzt in dieser Krise auf eine sehr harte Probe gestellt. Viele Unternehmen und Dienstleister der Kreativwirtschaft kämpfen um ihre Existenz.
Wie haben die Künstler auf die Verschiebungen reagiert?
Trotz der teils im Einzelnen sehr einschneidenden Konsequenzen ist der Dialog mit den Künstlern und Agenturen von hohem Verständnis für die Gesamtsituation geprägt. Insgesamt läuft das sehr ruhig, besonnen und umsichtig – von allen Seiten. Auch bei den Zuschauern sind wir durchweg auf positive Resonanz gestoßen. Gemeinsam ist es so gelungen, gute und faire Lösungen zu finden. Am stärksten betroffen sind aber natürlich die Künstler, die noch nicht so bekannt sind und von den Auftritten ihren Lebensunterhalt bestreiten. Diese Einnahmen fallen jetzt erst einmal ersatzlos weg. Dieser Problematik muss sich nun die Politik sehr schnell annehmen.
Wer sollte etwas tun, um diesen Künstlern zu helfen?
Zum Beispiel die Landesregierungen und die Bezirksregierungen könnten helfen. Dort werden die Förderungen für das Kulturgeschehen verwaltet. In den letzten Jahren sind die Fördermittel deutlich aufgestockt worden, was natürlich sehr positiv ist. Aber um an Fördergelder heranzukommen, muss man gewisse bürokratische Hürden überwinden, was nicht so ganz einfach ist.
Das könnte Sie auch interessieren:
Da die Mittel jetzt da sind, aber nicht abgerufen werden können, weil die Veranstaltungen nicht stattfinden, muss man vielleicht darüber nachdenken, die Mittel umzuwidmen für eine Soforthilfe für die Kulturszene. Besonders für die freie Szene, zum Beispiel kleine Theater und Spielstätten, die nicht staatlich oder kommunal unterstützt werden. Und natürlich für die Kulturschaffenden, für jeden einzelnen Betroffenen, und zwar möglichst schnell und unbürokratisch.
Kann man aus dieser Situation eine Lehre ziehen?
Mit Sicherheit, ja. Es gibt ja Sicherungsmechanismen, zum Beispiel die Künstlersozialkasse in Sachen Altersvorsorge. Ähnlich müsste man einen Fonds auflegen für solche Katastrophenfälle.
Wann, glauben Sie, geht es im Medio weiter?
Wir rechnen damit, dass wir unser Veranstaltungsgeschäft spätestens nach der Sommerpause wieder hochfahren können, und werden, bis es soweit ist, mit den Einschränkungen leben müssen. Für alle angeordneten Maßnahmen zum Schutz unseres Gesundheitssystems und derjenigen, die darauf dringend angewiesen sind, haben wir großes Verständnis. Wir sind uns unserer gesellschaftlichen Verantwortung absolut bewusst und teilen den Solidargedanken. Umso mehr hoffen wir, dass wir mit unserem Kulturangebot bald auch wieder aktive Beiträge zur Regeneration nach dieser Krise leisten können.