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NachbildungGesicht der Leiche aus dem Königsforst könnte rekonstruiert werden

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Rund zwei bis drei Wochen benötigt die Rechtsmedizinerin Constanze Niess von der Universität Frankfurt, um auf dem Schädel eine Gesicht aus Plastilin zu formen.

Bergisch Gladbach – Das Gesicht der unbekannten Leiche aus dem Königsforst wird unter Umständen anhand des Schädels rekonstruiert. Ob es dazu kommt, hängt von den Informationen ab, die in den nächsten Wochen aus der Bevölkerung bei den Ermittlern eingehen.

„Vier Hinweise haben wir in den letzten 24 Stunden schon erhalten“, berichtet Ermittler Jens Tintelnot. Ob diese sich zielführend als zielführend erweisen, muss sich in den nächsten Tagen zeigen. Falls die Tipps aus der Bevölkerung nicht weiterhelfen, ist die Weichteil-Rekonstruktion des Gesichtes die letzte Möglichkeit.

„Eine solche Rekonstruktion ist allerdings kostspielig und muss vorher von der Staatsanwaltschaft genehmigt werden“, erklärt Tintelnot. Es sei halt die letzte Möglichkeit, die noch bleibe, um der Identität der Frau auf die Spur zu kommen. Zur Gesichtsrekonstruktion werde erst dann gegriffen, wenn alles andere „ausgereizt“ sei. Es wäre eine Premiere für die Beamten der Kreispolizei. Eine Gesichtsrekonstruktion als Bestandteil einer Fallbearbeitung habe es bei der Kreispolizei noch nicht gegeben.

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Rund zwei bis drei Wochen benötigt die Rechtsmedizinerin Constanze Niess von der Universität Frankfurt, um auf dem Schädel eine Gesicht aus Plastilin zu formen, das dem ehemals aus Fleisch und Blut bestehenden Antlitz ähnelt. „Vor der eigentlichen Rekonstruktion brauche ich rund drei bis vier Tage Vorbereitungszeit“, erklärt die Medizinerin. Der Schädel müsse gereinigt und präpariert werden. Rund ein Woche betrage die Lieferzeit für die Glasaugen.

Ermittler Jens Tintenot deutet auf die Fundstelle der Leiche. Sie lag zwischen zwei Bäumen.

Niess beginnt ihre Arbeit mit kleinen Radiergummistiften. Diese werden an markanten Stellen am Schädel fixiert. Dazu gehören unter anderen die Partien oberhalb und unterhalb der Augen, aber auch Stellen rund um den Mund, am Kinn und an der Stirn. Die kleinen Gummis werden entsprechend der Dicke des Gewebes zugeschnitten.

Die Gewebepartien sind bei Männern und Frauen unterschiedlich dick. „Mittlerweile gibt es wissenschaftlich erhobene Durchschnittswerte, die in Dateien vorhanden sind“, sagt Niess. Dies erleichtere die Arbeit. Die Daten resultieren aus Tausenden tomographischer Untersuchungen des menschlichen Schädels.

Sind alle Radiergummis sorgfältig positioniert, modelliert die Gerichtsmedizinerin mit Plastilin das Gesicht. Stück um Stück wird die Modelliermasse auf den Schädel aufgetragen. Die Gummistifte dienen als Anhaltspunkt für die Gewebedicke an den prominenten Stellen. Es entsteht ein Gesichtsrohling.

Feinheiten des Gesichts

Nun beginnt die künstlerische Arbeit. Mit Bildhauerwerkzeugen arbeitet Niess die Feinheiten des Gesichtes heraus – die letzten individuellen Merkmale werden eingearbeitet. Letztendlich gibt die Medizinerin mit ihrer Arbeit den Toten ihr Gesicht zurück. Ein Schädel ist für die Ärztin so einzigartig wie ein Fingerabdruck. Niess: „Er reicht aus um die individuellen Züge eines Menschen nachzuformen.

Ob die Rheinisch-Bergischen Kriminalisten auf die Hilfe der Frankfurterin oder einer ihrer Kollegen zurückgreifen, ist auch eine Geldfrage. Tintelnot: „So eine Rekonstruktion ist nicht billig.“ Die Gerichtsmedizinerin wirkt eher belustigt, wenn sie nach den Kosten gefragt wird. So recht will Niess nicht mit der Sprache heraus. „Es ist billiger als viele glauben“, sagt sie.

Rund 60 Stunden modelliert die Medizinerin – oder sollte man besser sagen Künstlerin? – an einem Gesicht.