CDU-Kandidatin Caroline Bosbach gewinnt mit großem Vorsprung den Wahlkreis 99 Rheinisch-Bergischer Kreis.
BundestagswahlDas steckt hinter den Zahlen der Wahl in Rhein-Berg

Strahlend: Caroline Bosbach (4.v.l.) mit Schwester Viktoria, Mutter Sabine, Vater Wolfgang, Schwester Natalie und Schwager Camer Can.
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Richtig zufriedene Gesichter gibt es nicht im großen Sitzungssaal des Kreishauses am Sonntagabend – bis sich plötzlich das gesamte Geschehen ins Foyer verlagert. CDU-Direktkandidatin Caroline Bosbach kommt ins Kreishaus. Applaus brandet draußen auf, „Caro“-Rufe sind zu hören. Die 35-Jährige kämpft mit den Tränen. Freudentränen. Und Tränen der Erleichterung.
Drinnen im Saal präsentieren die Mitarbeiterinnen der Kreispressestelle Zwischenergebnisse. Noch längst sind nicht alle 323 rheinisch-bergische Wahlbezirke ausgezählt, doch die Tendenz ist klar: Caroline Bosbach hat mehr als 40 Prozent der Erststimmen geholt, und auch das Zweitstimmen-Ergebnis der CDU liegt mit rund 34 Prozent deutlich über dem Bundesergebnis der Union.

Hätten sich mehr erhofft: Landrat Stephan Santelmann (CDU), CDU-Kreisparteichef und scheidender MdB Dr. Hermann-Josef Tebroke, NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU).
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Britta Santelmann reicht Caroline Bosbach ein Taschentuch: Jetzt ist Strahlen angesagt. Es gibt Blumen von CDU-Kreisparteichef Dr. Hermann-Josef Tebroke und von Landrat Stephan Santelmann (CDU). „Die letzten Wochen mit Euch haben richtig Spaß gemacht“, sagt Caroline Bosbach, dankt ihren Unterstützern, ihrer Familie und den Mitbewerbern, von denen Hinrich Schipper (SPD) als erster beglückwünscht: „Haben Sie eine gute Hand für diesen Wahlkreis“, wünscht der SPD-Kreisparteichef und „hoffentlich Zweiter bei den Direktkandidaten“ der Siegerin. Die verspricht, „alles zu geben für unsere bergische Heimat und mit aller Kraft und mit ganzem Herzen“ in Berlin die Arbeit aufzunehmen, auch wenn sie weiß: „Es warten schwere Aufgaben auf uns.“ Aber: „Auch gerade für die, die mir nicht ihr Vertrauen schenken konnten, werde ich alles geben“, sagt die 35-Jährige, will einen Tag ausschlafen und am Dienstag loslegen.
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Auch Innenminister Reul ist am Wahlabend nach Rhein-Berg gekommen
Nicht zufrieden ist NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) mit dem Ergebnis der Bundestagswahl: Weil die Union bundesweit unter 30 Prozent bleibt („Ich hatte schon ein Ergebnis deutlich über 30 Prozent erwartet“) und weil es nicht gelungen sei, der AfD nachhaltig Wind aus den Segeln zu nehmen.

Kommt als erster Direktkandidat in den Saal - und bekommt Blumen: SPD-Kandidat und -Kreisvorsitzender Hinrich Schipper.
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Wenig deprimiert wirkt SPD-Direktkandidat Hinrich Schipper über sein Ergebnis von 18,8 Prozent: Er freue sich über die „paar Prozentpunkte“, die er in dieser Wahl bekommen habe. Fokussieren wolle er sich nun auf die Aufgabe, die er bereits ausübe: „Ich bin und bleibe mit Herzen Kreisvorsitzender.“ Trotz des Ergebnisses gehe er davon aus, dass die SPD auch in Zukunft Verantwortung übernehmen werde. Bundesweit sehe er eine Koalition aus CDU und SPD vorne. Wichtig sei, zu verhindern, dass eine „Nazi-Partei“ wie die AfD Teil der Regierung werde. Auch mit Blick auf die Kommunalpolitik werde es mit der AfD „nicht einfach“. „Unser Ziel vor Ort sollte sein, uns so aufzustellen, dass die AfD auch auf kommunaler Ebene keine Macht hat“, betont Schipper.
Christian Lindner (FDP) erklärt in Berlin seinen Rückzug
Bei den Liberalen begann der Abend bei 4,9 Prozent (ARD) oder 5,0 Prozent (ZDF). „Da hatten wir mehr erhofft, aber es bestand noch Hoffnung“, sagt Dorothee Wasmuth, die Kreisvorsitzende der FDP. Kurz vor 21 Uhr dann der de-facto Rücktritt von Christian Lindner.
Die FDP ist auf 4,7 Prozent gesunken, der Einzug in den Bundestag ausgeschlossen. Wasmuth hat die Entwicklung verfolgt und sagt nun: „Natürlich sind wir vor den Kopf gestoßen.“ Der Wahlkampf sei komplett auf Christian Lindner zugeschnitten gewesen. Deshalb sei es konsequent, dass er nun auch die Verantwortung übernehme: „Dafür zolle ich ihm Respekt.“ Lindner selbst liegt bei den Erststimmen in seinem Wahlkreis sogar noch hinter dem rheinisch-bergischen Zweitstimmenergebnis seiner Partei.
Tomás M. Santillán (Linke) erreicht mehr Prozente als Christian Lindner (FDP)
Nicht nur das: Der Linke Tomás M. Santillán erreicht mehr Prozente als Christian Lindner – das gab es noch nie. „Das hätte ich wirklich nicht erwartet“, sagt Santillán. Auch wenn die FDP nicht der politische Hauptgegner sei, freue er sich darüber, besser als Lindner abgeschnitten zu haben. Generell sei der Abend für die Linke gut gelaufen. „Unser Bundesziel waren mindestens fünf Prozent. Das haben wir übertroffen“, sagt er. Was die gute Laune doch trübt: „Wir hatten gehofft, dass die demokratischen Parteien die AfD weiter eindämmen“, meint er.

Freude: Der Linke Tomás M. Santillán (2.v.l.) erreicht mehr Prozente als Ex-Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP).
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Lange Gesichter gibt es auch bei den Grünen – und das nicht nur wegen des AfD-Ergebnisses: „Wir sind mit dem Bundesergebnis nicht glücklich“, sagt Maik Außendorf. Trotz Enttäuschung wolle er das Positive nicht aus dem Blick verlieren. Auch wenn sie an Zustimmung verloren haben, sei das immer noch das zweitstärkste Ergebnis seiner Partei. Und im Vergleich zum Sommer hätten sie noch etwas Aufwind bekommen.
Direktkandidat der Grünen, Maik Außendorf, hätte mehr erwartet
Dennoch: Der Direktkandidat der Grünen habe sich mehr erwartet – besonders vom Ergebnis im Rheinisch-Bergischen Kreis. Nach den ersten Hochrechnungen ist er noch zuversichtlich, dass er wieder in den Bundestag einzieht, das NRW-Ergebnis liegt noch bei rund 14 Prozent.
Im Laufe des Abends schrumpft die Zuversicht allerdings und die Gesichter werden länger: In NRW sind die Grünen mittlerweile auf rund 12 Prozent abgerutscht. „Jetzt könnte es doch knapp werden“, sagt der Grüne. Er wirkt, als könne er die Situation noch nicht ganz fassen. Mit diesem schlechten Ergebnis hätte niemand gerechnet. „Es bleibt noch den ganzen Abend spannend“, meint Außendorf.
Von der AfD war im Kreishaus zwar viel die Rede, aber niemand vertreten. Dort blieben die demokratischen Parteien unter sich.