Rhein-Berg – Die goldenen „Wächter der Zeit“, Kunst-Skulpturen hinter dem Bergischen Löwen, und der angrenzende Kinderspielplatz sind die entscheidenden Kriterien für Uwe Wirges, sich den Forum-Park unweit der Villa Zanders als Startpunkt seiner 1000 Schritte zur Bundestagswahl auszusuchen.
Trotz der angesichts eines Betriebsausflugs nach Köln am Vorabend eher frühen Morgenstunde, begrüßt der 60-jährige Polizist seine beiden Gesprächspartner von Radio und Zeitung gut gelaunt und erzählt sofort engagiert, was ihn und die Freien Wähler (FW) so umtreibt. „Kultur und Kinder und Jugendliche – das ist, was wir fördern wollen.“
Wirges will mehr Angebote für Jugendliche in Rhein-Berg
Der Spielplatz ist für den gebürtigen Gronauer Jungen Wirges, der abgesehen von einem fünfjährigen Intermezzo im Nachbarort Refrath sein ganzes Leben lang in Bergisch Gladbach-Gronau gelebt hat, einer der schönsten in der Stadt. „Schön gemacht mit der Strunde, die davor verläuft.“ Überhaupt liegt ihm der Nachwuchs besonders am Herzen: „Ich sehe immer wieder, dass die Jugendlichen irgendwo rumhängen, sich vorglühen und dann in Richtung der großen Stadt Köln abziehen.“ Es müssten Angebote für Heranwachsende in Bergisch Gladbach geschaffen werden.
Wir verlassen den Forum-Park – der allerdings in früheren Jahren weniger Parkplatzcharakter hatte als heute. Wirges: „Das ist wohl für die Kirmes gemacht worden und gefällt mir persönlich auch nicht so.“
Auf dem Weg über den Konrad-Adenauer-Platz sprechen wir seine früheren Ehrenämter in Karneval (Prinz von 2011) und Fußball (SSV Jan Wellem) an und fragen uns, warum es diverse Polizisten in der Kommunalpolitik gibt (etwa der verstorbene Wolfgang Krämer in Overath oder Bürgermeister Robert Lennerts in Odenthal).
Brachland alter Fabriken für Wohnungsbau nutzen
Wirges: „Ich glaube, dass Polizisten viel mitkriegen und sich deswegen entscheiden, politisch aktiv zu werden.“ Im Moment sei Corona das Thema und häusliche Gewalt. „Man merkt, dass die Leute einen kleinen Knacks bekommen.“
Direktkandidaten
Um das Direktmandat für den Bundestag im Wahlkreis 100/Rheinisch-Bergischer Kreis bewerben sich bei der Bundestagswahl am 26. September Dr. Hermann-Josef Tebroke (CDU), Kastriot Krasniqi (SPD), Christian Lindner (FDP), Maik Außendorf (Grüne), Dr. Harald Weyel (AfD), Isabelle Casel (Linke) , Uwe Wirges (Freie Wähler), Markus Blümke (Volt) und Helga Aufmkolk (Die Basis). (wg)
Weiter in Richtung Zanders-Gelände plädiert Wirges dafür, das reichlich vorhandene Brachland alter Fabriken für den Wohnungsbau zu nutzen, statt immer neues Grünland umzuwidmen. Der Weg vom Stadthaus zu Zanders ist aus der Sicht von Nicht-MIV’lern im Bereich An der Gohrsmühle ein Problem, wobei MIV die Abkürzung ist für „Motorisierter Individualverkehr“. Der hat hier das große Los gezogen, während sich der Rest der Welt einen schmalen Streifen Bürgersteig teilen muss.
Freie Wähler unterstützen Bahndamm als Fahrradstraße
Wirges bekennt: „Ich bin persönlich kein Radfahrer.“ Aber er verstehe das Anliegen und sei auch dafür, dass die Leute mehr aufs Fahrrad umsteigen. Gleichwohl ist dem Ordnungshüter einiges von dem, was aktuell in Sachen Umverteilung der Verkehrsflächen passiert, zu „gefährlich“ und zu verwirrend, siehe die Bepinselung auf der Buddestraße in Bensberg.
Gefragt, ob es denn angesichts der Topografie und des Straßennetzes überhaupt vorstellbar sei, dass sich die Kreisstadt in Sachen Fahrradfreundlichkeit erheblich verbessere, will er die Hoffnung nicht aufgeben. Er verweist aber auch darauf, dass man damit immer mal wieder Anwohnerparkplätze wegnehme. Ein guter Ort für eine Fahrradstraße wäre aus seiner Sicht der alte Bahndamm.
Skepsis, ob Stromnetz E-Autos aushält
Große Hoffnungen setzt Wirges, geschieden und seit sechs Jahren Großvater, auf die Wasserstofftechnologie – trotz der Probleme, die es aktuell noch beim „grünen“ Wasserstoff gibt. Bei den batteriebetriebenen E-Autos klingt dagegen Skepsis durch: „Mir hat ein Autohändler erzählt, dass das Stromnetz zusammenbricht, wenn alle gleichzeitig tanken.“ Auch gebe es viel zu wenige Ladestationen.
Zu teuer und zu kompliziert ist ihm der ÖPNV. „Dafür muss man ja studiert haben.“ Städte wie Hamburg oder Barcelona seien da weiter. „Einmal Drehkreuz passieren, einmal zahlen.“
Kandidat nicht mit eigenem Wahlprogramm einverstanden
Beim Wahlprogramm der Freien Wähler stimmt Wirges nicht mit allem überein. „Mit der Freigabe von Cannabis bin ich nicht einverstanden“, sagt der Polizeihauptkommissar. „Das würde eine Katastrophe geben.“ Doch ist das Wahlprogramm eh ein bunter Strauß – es reicht vom „Legalize it“ und dem Plädoyer für kostenfreie Ganztagsschulen bis hin zu der Forderung, straffällig gewordene Ausländer direkt auszuweisen.
Kandidaten-Podcast
„1000 Schritte zur Bundestagswahl“: Spaziergänge, bei denen Redaktionsmitglieder mit den Direktkandidaten der im Bundestag oder Rhein-Bergs Räten vertretenen Parteien über ihren Weg in die Politik, ihre Ziele und Arbeit sprechen, kann man im Internet kostenlos anhören und herunterladen – im Podcast von Bergischer Landeszeitung, „Kölner Stadt-Anzeiger“ und Radio Berg.
Links, rechts, links – ja, wo stehen sie denn eigentlich, die Freien Wähler? „Ich sehe die Freien Wähler in der Mitte“, sagt Wirges. „Weder links noch rechts. Sehr konservativ, teilweise aber auch wieder nicht konservativ. Wir sind offen nach jeder Seite, aber ich glaube schon, dass wir ziemlich konservativ in der Mitte bleiben. Falls wir es schaffen.“