AboAbonnieren

Im VideoWaschbären in Rhein-Berg werden mehr – Nachtsichtkamera filmt Verhalten

Lesezeit 4 Minuten

Waschbären werden im Rheinisch-Bergischen Kreis seit 2020 immer mehr. Einziger „natürlicher“ Feind ist das Auto. Ein Video aus Odenthal.

Es ist Nacht in Odenthal. Die Siedlung an der Buchmühle liegt in Dunkelheit, auf den Straßen ist nichts mehr los. Nur in einem der Gärten herrscht reges Treiben. Vier ausgewachsene Waschbären erkunden offensichtlich, ob es für sie hier Futterquellen gibt. Fündig werden sie fast immer. Denn wählerisch sind die Tiere nicht.

Waschbären sind – wie Menschen – Allesfresser, gelten aber eher als Sammler, denn als Jäger. Auf ihrem Speiseplan stehen Regenwürmer, Mäuse und Frösche, Insekten, Ratten und Igel, Ei-Gelege, Enten, Hühner und Fische. Dazu aber auch pflanzliche Kost – Obst und Wildfrüchte, Eicheln, Nüsse und Bucheckern. Hausgärten haben da allerhand zu bieten.

Nachtsichtkamera filmt Familienausflug der Waschbären

Die heimliche Erkundungstour in Odenthal blieb nicht unentdeckt: Eine Nachtsichtkamera filmte den tierischen Familienausflug, der nicht ganz so putzig ist, wie die Waschbären mit ihrer hübschen Fellzeichnung aussehen. Abstand ist angesagt, denn Waschbären sind Wildtiere, können Krankheiten übertragen und Schäden verursachen. Wie die Ratte gilt der Waschbär als Schädling – nur niedlicher.

„Es gibt immer wieder mal Sichtungen“, sagt Michael Erker, Leiter des Odenthaler Ordnungsamtes. Von einer „Plage“ am Ort könne man aber nicht sprechen. Das sehen Naturschützer unterdessen ganz anders, fürchten um den Bestand kompletter Amphibienbestände (siehe separater Bericht unten). Seit 2020 hat sich die Zahl der von Jägern erlegten oder tot aufgefundenen Waschbären im Kreisgebiet laut Kreisveterinäramt versechzehnfacht (siehe Grafik).

Rheinisch-Bergischer Kreis geht von stark erhöhter Population aus

Entsprechend stark dürfte sich die Population der ursprünglich aus Nordamerika stammenden Kleinbären erhöht haben. „Während in früheren Jahren nur in Einzelfällen Beschwerden von Haus- und Gartenbesitzern zur Unteren Jagdbehörde gelangten, hat die Zahl der Beschwerden insbesondere in diesem und im zurückliegenden Jahr deutlich zugenommen“, sagt Kreissprecherin Nina Eckardt.

Ähnlich wie Wildschweine seien Waschbären in waldnahen Siedlungen eher anzutreffen als in verdichteten, städtischen Zentren, so das Odenthaler Ordnungsamt. Denn in Ballungsräumen tritt auch der einzige „natürliche Feind“ des Waschbären in Massen auf: das Auto. Zur Eindämmung bleibt den Behörden dann oft nur die Lebendfalle. Ein Euphemismus, denn am Ende werden die Tiere normalerweise nicht in die Freiheit entlassen, sondern getötet.

Waschbären stellen eine Gefahr für heimische Singvögel dar

Waschbären stellen „grundsätzlich eine Gefahr für heimische Singvögel und Kleinsäuger“ dar. Für den Menschen von Bedeutung ist laut Kreis der sogenannte Waschbärspulwurm, dessen Eier mit dem Kot des Waschbären ausgeschieden werden. Besonders beim Entfernen von sogenannten Latrinen, also Orten, an denen Waschbären immer wieder ihren Kot absetzen, etwa auf Speichern oder in Gartenhäusern, sei daher besondere Vorsicht geboten.

Ein Waschbär guckt aus seinem Versteck unter Dachpfannen hervor.

Ein Waschbär schaut aus seinem Versteck. Gerne lebt er auf Dachböden.

Kreisveterinär Dr. Thomas Mönig rät dazu, unbedingt Atemschutzmasken und Handschuhe zu tragen und über den Restmüll zu entsorgen. „Insbesondere die jungen Waschbären sehen zwar putzig aus, es sind und bleiben aber Wildtiere, die Parasiten haben“, so der Tiermediziner.

Waschbären dürfen während der Jagdzeiten getötet werden

Um die Tiere zu vertreiben und gegebenenfalls zu fangen, solle auch der zuständige Jagdausübungsberechtigte angesprochen werden, so der Kreisveterinär. In Nordrhein-Westfalen zählt der Waschbär zum jagdbaren Wild, darf also während der Jagdzeiten getötet werden. Trotz verstärkter Bejagung geht Kreisveterinär Mönig davon aus, dass sich der Waschbär in den nächsten Jahren weiter verbreiten wird.

In keinem Fall sollten Waschbären gefüttert werden, warnt Kreisveterinär Mönig: „Die schlauen Tiere lernen sehr schnell und lassen sich dann auch gern dort, wo sie gefüttert werden, nieder.“ Dabei machten sie nicht nur kräftig Lärm und setzten Kot ab, sondern verwüsteten auch ganze Dachböden.

An der Buchmühle in Odenthal will man die Lage erst einmal weiter beobachten: „Vielleicht handelt es sich ja um Tiere auf der Durchreise“, hofft Hans-Josef Schmitz, dessen Nachbarn die Waschbären bei sich im Garten entdeckt haben. Doch etwas skeptisch ist er schon. „Die Katze nebenan ist seit kurzer Zeit sehr verschreckt“, sagt er. „Ich habe das Gefühl, dass die schon ihre Erfahrung gemacht hat.“

Ein Video des nächtlichen Besuchs von Waschbären in Odenthal ist im Internet zu sehen.