Leichlingen – Mit dem neuen Integrationsrat ist zu rechnen. Es scheint ein frischer Wind zu wehen in der Interessenvertretung der Einwohnerinnen und Einwohner mit Migrationsgeschichte und ausländischer Staatsbürgerschaft. An der Abstimmung, die im September 2020 am Tag der Kommunalwahl erfolgte, hatten sich zwar nur enttäuschende 16,8 Prozent, 579 der 3450 Wahlberechtigten, beteiligt. Aber die Mitglieder des nahezu komplett neu besetzten Gremiums haben sich mit Elan an ihre ehrenamtliche Arbeit gemacht und starten selbstbewusst mit Anträgen und Plänen durch.
Stärkste Liste ist „Wir Leichlingen Bunt"
Drei Tage vor Heiligabend haben die Mitglieder in ihrer ersten Sitzung die Grundlagen für die künftige Arbeit geschaffen und ihren Vorstand gewählt. Für ihr Engagement spricht, dass gleich drei Bewerber für das Amt des Vorsitzenden kandidiert haben. Gewählt wurde im ersten Durchgang mit acht von zehn Stimmen schließlich der 45-jährige Witzheldener Sozialdemokrat Önder Balkaya von der Liste „Wir Leichlingen Bunt“ (WLB), die mit fünf Mitgliedern die stärkste Gruppe im Integrationsrat stellt. Zu seinen Stellvertretern wurden einstimmig Birgit Pohle (WLB) und Uwe Mähler (Linke internationale Liste) gewählt.
Elf Mitglieder
Bei der Wahl zum Leichlinger Integrationsrat sind am 13. September 2020 folgende acht Kandidaten in das Gremium gewählt worden: Önder Balkaya, Birgit Pohle, Hakan Sahan, Nada Hadid und George Aleilo (alle von der Gruppe „Wir Leichlingen Bunt“), Uwe Mähler und Frank Noth (Linke Internationale Liste) und Heinrich Witprächtiger. Drei Mitglieder hat der neue Stadtrat entsendet: Doris Weiske-Kirbisch (CDU), Matthias Ebecke (SPD) und Cerstin Geldmacher (Grüne). (hgb)
„Eine der ersten Aufgaben wird es sein, die Entsendung von Vertretern in die Fachausschüsse der Stadt Leichlingen zu beschließen, eine Geschäftsordnung zu verabschieden und dafür Sorge zu tragen, dass dem Rat unsere bereits gestellten Anträge zur Entscheidung vorgelegt werden“, gibt Balkaya den Kurs und das Tempo für die nächste Sitzung vor. Bei der steht am Montag, 18. Januar, (ab 17 Uhr öffentlich im Ratssaal) eine umfangreiche Tagesordnung auf dem Programm.
Die beiden Listen WLB und LiL arbeiten offenbar gut zusammen. Sie haben im Vorfeld bereits gemeinsam Vorschläge für die Finanzierung der Sacharbeit, die Geschäftsordnung und eine Änderung der Hauptsatzung der Stadt vorbereitet. Ziele sind eine Stärkung der Beteiligungsrechte und der finanziellen Möglichkeiten des Integrationsrates.
Unterstützung beantragt
So wird beantragt, dass die Arbeit des Gremiums aus dem Stadtetat künftig mit jährlich 8640 Euro unterstützt werden soll (bisher 500), dass die Verwaltung die Schriftführung stellt und die Mitglieder stärker an den Beratungen von Rat und Fachausschüssen beteiligt werden.
„Wir wünschen uns für das neue Jahr eine gute Zusammenarbeit mit der Politik und die Umsetzung der bereits geplanten Projekte“, erklärt Balkaya, der bei der Kommunalwahl für die SPD auch für den Stadtrat kandidiert hat. 2020 hätten Deutschkurse, Schulunterricht, Home-Schooling und Migrationsarbeit wegen der Corona-Epidemie unter entfallenen Kontaktmöglichkeiten und in vielen Haushalten fehlenden technischen Geräten gelitten. „Wir haben große Herausforderungen vor uns, die wir angehen müssen, damit 2021 ein starkes Jahr für die Integration wird“, sagt Balkaya.
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Gedanken macht er sich auch über die Wahlordnung, die dazu geführt habe, dass nur vier Mitglieder selbst einen Migrationshintergrund haben, was nicht im Sinne der Sache sei. Darüber hinaus wünscht er sich: „Alle, die hier gemeldet sind, sollten das Recht haben, zumindest bei der Kommunalwahl wählen zu dürfen“, findet Balkaya. Der 45-jährige Deutsche ist in der Türkei geboren und mit zwei Jahren mit seinen Eltern nach Deutschland gekommen. Der IT-Fachmann und Vater zweier Kinder engagiert sich seit 2015 im ökumenischen Arbeitskreis Migration, kümmert sich um Sprachvermittlung und Kinderbetreuung, wirkt im Sozialkaufhaus Globolus und im Jugendamts-Elternbeirat sowie im Landeselternbeirat für Kindergärten mit.
In der Corona-Krise hat er gebrauchte Laptops und Tablets gesammelt, zum Laufen gebracht und älteren Mitmenschen und Familien gespendet. „Die guten Schüler sind besser geworden, die weniger guten haben es jetzt schwerer“, bewertet der Sozialpolitiker die Folgen der Notzeit. Auch bei der Wohnungssuche sei Ausgrenzung zu spüren: „Da werden manche gar nicht ernst genommen, das ist eine subtile Diskriminierung“, klagt er.