Bergisch Gladbach – Zwölf wütende Bürger in neongelben Warnwesten stehen auf der Rathaustreppe und schimpfen auf Bürgermeister Lutz Urbach ein: Eine spontane Protestaktion von Flutopfern aus Refrath, die sich über mangelnden Hochwasserschutz am Frankenforstbach und über verspätetes und falsches Katastrophenmanagement der Stadt beschweren. Letztlich geht es um die Frage des Haftungsschutzes: Wer zahlt für verdorbenes Mobiliar, für ruinierte Souterrain-Wohnungen?
Bereits vor einem Jahr, am 29. Juni 2012, waren die Geschädigten von einer Flutwelle ihres Hausbaches überrollt worden. Seitdem sei nichts geschehen oder das falsche. Urbach versuchte zu beruhigen und erklärte, was er gestern anschließend auch der Presse in einer ersten Hochwasserbilanz zu berichten hatte: „Es war ein Regenereignis, das wir in dieser Form noch nicht hatten.“
Vor einem Jahr verzeichnete die Feuerwehr 60 Einsätze, diesmal waren es 140 – wobei die Einsätze nicht nur einzelne Häuser, sondern teilweise komplette Straßenzüge betrafen: „Am Vollmühlenweg zog sich der Einsatz von der Hausnummer 5 bis zur Nummer 28, und an der Vürfelser Kaule sah es ähnlich aus“, beschreibt die Lage Feuerwehrchef Jörg Huppatz, der am vergangenen Donnerstag im Hinblick auf die Unwetterwarnung Stadtalarm auslöste, als sich der Himmel verdunkelte: 155 Leute (mit DRK und THW) kämpften von halb zwölf Uhr mittags bis ein Uhr nachts gegen die Fluten. Unterstützung von außen konnte nur Burscheid stellen, alle anderen Nachbarwehren waren selbst gebunden.
Die 37 Mitarbeiter des Abwasserwerks waren im Klärwerk Beningsfeld zusammengezogen worden, um von dort in 21 Fahrzeugen ausschwärmen zu können, sobald der Regen zuschlagen würde. „Es hat keinen Zweck, die Leute vorher rauszuschicken, weil wir nicht wissen, wie die Niederschläge sich verteilen und wo die Störfälle auftreten“, weist Jens Hämmerling, Sachgebietsleiter Abwasser, Kritik an dieser Strategie zurück: 142 Rechen und Durchlässe gibt es im städtischen Gewässernetz, davon 23 mit hohem Gefahrenpotenzial.
Einer davon ist der Strunderechen an der Odenthaler Straße, dessen Blockade zur Überschwemmung der Buchmühle führte. Die zwei Leute, die dort 30 Minuten nach Regenbeginn eintrafen, standen auf verlorenem Posten. Eine Lehre daraus: Künftig soll eine Task-Force der Freiwilligen Feuerwehr die Abwasserleute verstärken und schon vorbeugend an den Rechen Aufstellung nehmen, um Treibgut zu entfernen.
Verstopfte Einlässe führten dazu, dass die Pumpe unter der Buchmühle statt 500 Liter pro Sekunde nur 330 in das Strunderohr drücken konnte. Hier machte sich auch Schlamm negativ bemerkbar, der etwa aus der „Niedrigwassertrasse“ der Strunde, wie die Fachleute das offengelegte Profil im Buchmühlenpark nennen, herausgeschwemmt wurde. Sonst hatten die Rinnen mit der Flut nichts zu tun.
Insgesamt meldeten die 50 Pumpen im Gladbacher Netz 300 mal Alarm, in 25 Fällen lief das Pumpenhaus voll. Alles in allem haben sich die Rückhaltebauwerke, etwa die, die den Hebborner Flutgraben zähmen sollen, aus Sicht der Techniker aber bewährt. Schwachpunkt des Hochwasserkonzeptes sei, dass es noch nicht fertig ist. So wird der Strundehochwasserkanal zwischen Gohrsmühle und Odenthaler Straße erst 2014 begonnen.