Bergisch Gladbach – Ob Valeria bei der Benefizveranstaltung für Afrika mit dabei sein soll, darüber bricht schon gleich am Anfang der erste Streit aus. Valeria ist „Afro-Rheinländerin“ und somit aufgrund ihrer Hautfarbe ein Problemfall. Sie mitmachen zu lassen: Ist das inklusiv oder übergriffig im Sinne der antirassistischen Korrektheit?
Ingrid Lausunds beliebte Satire „Benefiz – Jeder rettet einen Afrikaner“ geht gleich in die Vollen, und das tut das Theaterensemble „DéJE-vu“ in der Inszenierung von Kristin Trosits auch. Die fünf jungen Schauspieler und Schauspielerinnen, ehemalige Mitglieder des Jungen Ensembles im Theas Theater, geben richtig Gas in der ersten Szene, die äußerst authentisch rüberkommt.
Proben sie noch oder sind sie schon mitten im Stück, in dem es ebenfalls um eine Probe geht? Eine Probe zu besagtem Benefizabend, auf dem Spenden gesammelt werden sollen für den Bau einer Schule in Guinea-Bissau, einem Ministaat in Westafrika, zwischen Senegal und Guinea gelegen.
Viel zur Intensität des Szenarios trägt der Schauplatz bei, wir befinden uns im Flur des repräsentativen ehemaligen Verwaltungsgebäudes der Papierfabrik Zanders. Rechts und links liegen Besprechungsräume mit imposanten Ölporträts früherer Direktoren – das Bespielen ungewöhnlicher Schauplätze ist seit der ersten Produktion in der Stadtbücherei eine Art „Markenzeichen“ der Truppe.
Nach dem ersten Scharmützel geht es in den Konferenzraum, wo Christine (Emma Braun), Rainer (Ruben Loers), Eckhard (Andreas Schröder), Leo (Luke Thüring) und Eva (Marie Zintl) einen Durchlauf des Abends versuchen. Doch auch hier gerät schon bald die Dramaturgie hoffnungslos ins Hintertreffen.
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Leo ist sauer, dass man sein Super-Intro gestrichen hat, ohne ihn zu fragen. Eva ist beleidigt, dass die anderen ihre liebevoll gebastelte Papp-Palme peinlich finden. Rainer verheddert sich im Blattsalat seines Vortrags, der doch so anspruchsvoll die schreckliche Armut des afrikanischen Landes analysieren sollte.
Christine muss ihren emotionalen Diavortrag mit Impressionen aus den Dörfern vor der dunklen Leinwand halten, weil der Projektor nicht funktioniert – und findet sich überhaupt viel besser als die anderen. Und Eckhard erntet mit seiner Lesung aus dem Neuen Testament eine erbitterte Debatte darüber, ob der Bau einer Schule für arme schwarze Kinder in Wirklichkeit nicht genau jene Barmherzigkeits-Klischees bedient, vor denen man sich doch so selbstzufrieden gefeit sah.
Befindlichkeiten überall. Man hat es nicht einfach als Gutmensch, vor allem, wenn man sich ständig selbst und gegenseitig reflektiert. Das ist teils großartig bis an die Schmerzgrenze gespielt, und die Idee, das Lachen immer wieder in Nachdenklichkeit aufzulösen, funktioniert vor allem im ersten Drittel der Aufführung sehr gut. Es fordert dem Publikum hohe Aufmerksamkeit ab und sorgt für spannende Überraschungsmomente.
Allerdings zerfleddert das Stück gegen Ende ein bisschen ins weitschweifig Debattenhafte, und die Komik kommt nur noch auf ganz leisen Sohlen um die Ecke. Dennoch: ein extrem anregender, relevanter Abend.
Premiere am Samstag, 6. November, 20 Uhr im historischen Verwaltungsgebäude der Papierfarbik Zanders, Haupteingang An der der Gohrsmühle. Weitere Vorstellungen am 7., 13., 14., 20., 21., 27. und 28. November 20 Uhr. Unterstützt wurde das Projekt von der Rembold-Stiftung, Kulturbüro Bergisch Gladbach und Projektgruppe Zanders. Karten sind online erhältlich.