Neben Konvois, die der Verein Hilfe Litauen Belarus in die Ukraine gebracht hat, unterstützt er die Ärmsten in Belarus – und erklärt warum.
Neben Ukraine-HilfskonvoisWarum Bergisch Gladbacher auch den Ärmsten in Belarus helfen
Es ist eisig an diesem Morgen. Doch die Verladearbeit wärmt auf: Jugendliche und Senioren, Familienväter und Seelsorger wuchten Kartons mit warmer Kleidung, Waschmaschinen, Betten und Rollatoren in den Sattelzug mit polnischem Kennzeichen.
Es ist auch für die Helfer des Vereins Hilfe Litauen Belarus kein gewöhnlicher Hilfstransport, den sie hier an der Bensberger Kaule beladen: Vier Hilfskonvois mit Lebensmitteln, Medikamenten, medizinischem Gerät und Winterkleidung hat der Verein in den vergangenen Monaten gemeinsam mit der Humanitären Hilfe Overath in die von Putins russischer Armee angegriffenen Ukraine gebracht. Dieser Transport soll nach Belarus gehen – in das russische Nachbarland, das Russland auch immer wieder als Ausgangspunkt für seine Angriffe auf die Ukraine nutzt.
Nicht nur die Mitarbeiterin des Bürgermeisters von Butscha, die während der Konvoivorbereitung in Bergisch Gladbach zu Gast ist, kann das zunächst nicht nachvollziehen.
Zufällige Begegnung mit Vertreterin aus Butscha in Bergisch Gladbach
Zufällig begegnete Ulrich Gürster vom Verein Hilfe Litauen Belarus, der im Hauptberuf Polizeibeamter ist, dieser Tage in Gladbach auch Alina Saraniuk vom Bürgermeisterbüro im ukrainischen Butscha. Sie konnte es zunächst kaum fassen, dass aus Gladbach auch Hilfe in jenes Land Belarus gebracht wird, von wo aus russische Angriffe auf die Ukraine ausgeführt werden. Auch Raketen werden von dort aus auf die Ukraine abgefeuert.
Gürster erläuterte unterdessen, dass der Verein Hilfe Litauen Belarus im vergangenen Jahr bereits vier Hilfskonvois in die Ukraine organisiert habe, aber auch die bereits zuvor unterstützten Ärmsten in Belarus nicht vergessen wolle, zumal diese keineswegs hinter der pro-russischen Politik des belarussischen Präsidenten stünden. „Viele leiden unter dem Ukraine-Krieg, weil sie dagegen sind“, so Gürster.
Auch sonst gebe es einige Anfragen, wie man Belarus jetzt noch helfen könne, so Ulrich Gürster, Vorsitzender des Vereins Hilfe Litauen Belarus. Seine Antwort: „Wir helfen den Ärmsten der Armen, nicht irgendeinem Staat, denn die Lage in der einfachen Bevölkerung hat sich durch den Krieg auch in Belarus nochmals verschärft. Alles ist leergekauft und die Menschen haben dort Angst, auf die Straße zu gehen.“
Priester aus Belarus ist beim Beladen des Hilfstransports mit in Bensberg
Aufmerksam hört Andrei Lischko zu. Der 38-Jährige kommt aus Belarus, ist dort Pfarrer und nur wegen eines Studiums zurzeit im Rheinland. Er schaut nachdenklich, als würde er etwas sagen wollen. Er tut es nicht. Nur so viel: „Es ist schön, dass Liebe keine Grenzen kennt.“
Sagt’s und greift nach dem nächsten Karton mit Hilfsgütern, um ihn auf den Lkw zu laden. Voraussichtlich im Sommer muss er zurück nach Belarus. Nicht auszudenken, was wäre, wenn er gleich an der Grenze des von Präsident Lukaschenko autoritär und repressiv regierten Landes abgefangen würde . . .
„Wir wollen und werden unsere Projekte in Belarus und in Litauen in keinem Fall vernachlässigen“, sagt Stephan Glaubitt, Zweiter Vorsitzender des Vereins Hilfe Litauen Belarus. „Die armen Menschen in diesem seit vielen Jahren von einem rücksichtslosen Diktator geschundenen Land können nichts für ihre aussichtslose Situation.“ Versuche, sich aufzulehnen, seien „brutal niedergeknüppelt worden“, so Glaubitt: „Tausende wurden verhaftet und mit Geldstrafen belegt, die den Jahreslohn um ein Vielfaches übersteigen.“
Die Gladbacher Helfer unterstützen seit Jahren Kinder- und Seniorenheime und die Caritas im belarussischen Bistum Grodno. Aktuell wird ein Seniorenheim für 40 Menschen in Sopotskin errichtet.
Hilfstransporte von Bergisch Gladbach nach Belarus sind schwieriger geworden
Dabei ist das Helfen durch den Krieg nochmals schwieriger geworden. „Vorher hat man mit einem Lkw einen bis drei Tage an der Grenze gestanden, jetzt sind es bis zu 14“, weiß Ulrich Gürster. So sei es nur noch sehr schwer möglich, überhaupt eine Spedition zu finden, die einen Transport übernehme – trotz mehr als verdoppelter Preise von mittlerweile bis zu 7000 Euro. „Aber klar, wenn ein Lkw zwei Wochen ins Land rein, und zwei wieder raus an der Grenze steht, ist er einen ganzen Monat nicht anderweitig nutzbar“, so Gürster.
Mit Hilfe der Caritas aus Grodno fanden die Gladbacher ein belarussisches Transportunternehmen. „Einen Teil der Transportkosten hat die Bistumscaritas übernommen“, freut sich Schatzmeister Heinz-Bernd Padberg.
Um die insgesamt elf Tonnen Hilfsgüter zu verladen, haben die Gladbacher zudem tatkräftige Hilfe von Pfarrer Joachim Decker aus Düsseldorf. Er unterstützt die Hilfe Litauen Belarus seit seiner Kaplanzeit in Bensberg/Moitzfeld Anfang der 90er Jahre und hat zum Verladen 13 Jugendliche und junge Erwachsene aus seiner Pfarrei mitgebracht.
„Die Hilfe ist gerade jetzt seit Beginn des Ukraine-Kriegs wichtig, weil es so noch schwerer geworden ist, die Ärmsten der Armen in Belarus zu erreichen.“ Durch die langjährigen Verbindungen zu kirchlichen Organisationen gelingt das den Gladbacher Helfern derzeit noch. „Der Krieg darf sich nur nicht ausweiten, damit sich die Grenzen nicht ganz schließen“, hofft Gürster. „Für die einfachen Menschen dort wäre das fatal.“
Wer die ehrenamtliche Hilfe des Vereins Hilfe Litauen Belarus unterstützen oder spenden möchte, erreicht Ulrich Gürster unter 0179 - 45824 44. Weitere Infos gibt es auch hier im Internet.