Mancher Teilnehmende musste inkognito kommen, als sich 400 Menschen aus 50 Nationen bei Kolping International in Bergisch Gladbach trafen.
Kolping-WeltversammlungEin Verfolgter aus Myanmar trifft in Bensberg die Welt
Der junge Mann mit dem orangefarbenen Schal lächelt. Erleichtert, ein wenig müde, und doch frei für ein paar Tage. Er hat es geschafft, herauszukommen aus Myanmar. Zusammen mit einem Begleiter. Keine Selbstverständlichkeit. Daheim hat er wie viele Christen unter Repressionen zu leiden. Nur weil er einige lokale Nichtregierungsorganisationen unterstützt, die landwirtschaftliche Projekte zur Unterstützung armer Landbewohner aufbauen wollen, erzählt der junge Mann, den wir „Lian“ nennen. Sein richtiger Name darf nicht öffentlich werden. Sonst könne es sein, dass er auf der Rückreise schon an der Grenze verhaftet werde, erzählt er.
Für ein paar Tage in Freiheit und Menschen aus aller Welt treffen
Für ein paar Tage ist er in Freiheit, um sich mit Gleichgesinnten aus anderen Ländern in Bensberg auszutauschen. Beim Aktionstag „Eine Weltfamilie“ des katholischen Sozialverbands Kolping International, der am Wochenende parallel zur Generalversammlung des internationalen Verbandes in Bensberg stattfand – mit knapp 400 Teilnehmern aus 50 Nationen. Aus Lateinamerika sind sie ebenso angereist wie aus Afrika, Asien und dem übrigen Europa.
„Ich nehme eine Reihe von Erfahrungen mit, die Menschen in anderen Teilen der Erde gemacht haben und von denen wir in unseren Projekten in Myanmar profitieren können“, sagt „Lian“ und berichtet von neuen landwirtschaftlichen Versorgungsansätzen der Hilfe zur Selbsthilfe.
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„Ein Teil gibt, und ein Teil nimmt – aber mit Stolz, auf Augenhöhe“, erläutert der Generalpräses von Kolping International, Monsignore Christoph Huber, im Podiumsgespräch mit Fernsehmoderatorin Yvonne Willicks, selbst Kolpingmitglied, eine der Grundlagen der internationalen Kolping-Gemeinschaft und ihres Austauschs:„Jeder hat etwas zu geben – und zu empfangen.“
Und das keineswegs ausschließlich ideell. So berichtet Generalpräses Huber sichtlich bewegt davon, wie er nach dem Weltgebetstag von Vertretern ärmster Länder Zentralafrikas eine Spendensammlung überreicht bekam – zur Unterstützung der Menschen in der Ukraine (siehe auch „Ukraine-Hilfe“).
Bundesregierungsvertreter spricht von „Juwel der Sozialstrukturförderung“
Die Begegnung auf Augenhöhe bei Kolping weiß auch der Beauftragte der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Frank Schwabe, zu schätzen: Der Sozialverband stehe für ein aktives Christentum, das auf langfristige Förderung abziele und daher nachhaltig Veränderungen erreichen könne.
Die weltweit existierenden, verwurzelten und vernetzten Kolpingsfamilien seien ein „Juwel der Sozialstrukturförderung“, so Schwabe in seinem Eröffnungsvortrag zum Kolping-Aktionstag „Eine Weltfamilie“ am Samstag im Albertus-Magnus-Gymnasium.
Dass der Laienverband Kolping damit durchaus Vorbild für die katholische Kirche sein könne, lässt auch die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Dr. Irma Stetter-Karp, durchblicken. Es sei wichtig, weltweit besser zuzuhören und dann zu handeln, ist sie sich mit Rufino Rodriguez, dem Nationalsekretär von Kolping Honduras, einig.
Sorge bereite ihr allerdings die Verführbarkeit vieler Menschen gerade auch in Deutschland für rechte Parolen etwa der AfD. „Da müssen wir gerade als Christen viel widerständiger sein“, so die ZdK-Präsidentin.
Die Podiumsrunden in der proppenvollen AMG-Aula werden simultan in Deutsch, Englisch, Spanisch und Französisch übersetzt, eigens sind dazu im hinteren Teil der Aula Sprecherkabinen für die Dolmetscher eingebaut worden.
Die Impulse aus den Podiumsrunden greifen die Kolpingsschwestern und -brüder am Nachmittag auch in Workshops auf, die sich in verschiedenen Sprachen mit Themen wie der Unterstützung von Frauen, der Wassergewinnung in Trockengebieten oder Bildungsprojekten gegen Armut befassen.
Dass zur internationalen Hilfe auch ein Umdenken in den Reicheren Ländern unabdingbar ist, wird im Außenbereich des Albertus-Magnus-Geländes deutlich: Anhand von Fragen etwa nach dem eigenen Konsum oder der Autonutzung auf großen Fußumrissen können Teilnehmerinnen und Teilnehmer den persönlichen ökologischen Fußabdruck ermitteln und konkret erkennen, was dieser für den Rest der Welt bedeutet. Gleich gegenüber lässt sich am Kolping-Klimamobil mit der Aufschrift „Kolping wird's zu heiß“ erfahren, wie viel Bewegungsenergie nötig ist, um mit Hilfe eines Dynamos Elektrizität zu erzeugen. Gleich daneben stehen Menschen unterschiedlicher Nationen, um bei einer Suppe über die eigenen Erfahrungen zu diskutieren.
„Europäer und Menschen aus dem globalen Süden können sich hier begegnen“, sagt der Generalsekretär von Kolping International, Dr. Markus Demele, und freut sich: „Der alte Wert der Völkerverständigung wird hier mit Leben gefüllt.“
Ukraine-Hilfe von Kolping International
„Kolpingsfamilien aus allen Teilen der Welt zu treffen, ist immer schon ein einmaliges Erlebnis gewesen – aber diesmal ganz besonders“, sagt Vasyl Savka.
Nur mit einer Sondergenehmigung hat der 43-Jährige aus seinem Heimatland Ukraine ausreisen dürfen, um in Bensberg für weitere Humanitäre Hilfe zu werben. Dabei ist er froh und auch ein bisschen stolz, wie schnell die internationale Solidarität innerhalb des Sozialverbands der Kolping-Weltfamilie in der Ukraine spürbar war. Bereits nach der russischen Annexion der Krim ist sie angelaufen. Hilfe für die Vertriebenen aus der Ostukraine habe damit vor Ort rasch aufgebaut werden können, berichtet Savka.
Mit dem massiven Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar vergangenen Jahres sei die Hilfe dann abermals sehr schnell ausgebaut worden. „Auf einen Schlag waren ja zehn Millionen Ukrainer auf der Flucht, rund die Hälfte von ihnen sind in der Ukraine geblieben, in der Mitte und im Westen, und mussten versorgt werden“, berichtet Savka.
„In 43 Jahren habe ich das erste Mal leere Regale in Lebensmittelläden gesehen – und Kilometer lange Schlangen vor Tankstellen.“ Lebensmittel, Kleidung und Stromaggregate seien zu Anfang die wichtigsten Hilfen gewesen. „Nun ist es auch die psychologische Hilfe, die wir organisieren.“