Bergisch Gladbach – Wer in Köln nach der Mitte sucht, wird unweigerlich am Dom landen. Von den Koordinaten seines Dachreiters aus wird sogar in weit entfernten Städten die Entfernung nach Köln berechnet. Aber von wo aus misst man, wie weit es bis nach Bergisch Gladbach ist?
Ein Wahrzeichen wie den Dom hat die Stadt an der Strunde nicht. Legen Entfernungsexperten also das virtuelle Maßband eher am Bensberger Schloss an? Immerhin war das mal Jagdsitz des Kurfürsten. Oder am weltbekannten Bensberger Rathaus von Gottfried Böhm? Oder doch im Stadtteil „Stadtmitte“, beispielsweise am Brunnen in der Mitte des zentralen Konrad-Adenauer-Platzes?
Einer, der sich damit auskennt wie kaum ein anderer, ist Andreas Heinze vom Geodatenmanagement der Stadt Bergisch Gladbach. Doch auch er kennt mehrere Mittelpunkte der Kreisstadt – und die relativ vagen rechtlichen Vorgaben: In der Straßenverkehrsordnung werde lediglich festgelegt, dass die Entfernung zur Ortsmitte zu messen sei, also nicht etwa nur bis zur Stadtgrenze.
Doch auch die Ortsmitte ist ein dehnbarer Begriff, den schon verschiedene Internetnavigationssysteme unterschiedlich auslegen: Der Stadtplandienst etwa misst vom Kreisverkehr neben dem Gladbacher S-Bahnhof an der Johann-Wilhelm-Lindlar-Straße, Open-Street-Map-Dienste nehmen den S-Bahnsteig als Referenzpunkt und die viel genutzte Google-Maps-Karte einen Punkt an der Paffrather Straße 12. Heinzes eigenes Auto-Navigationssystem verwendet das Forum an der Hauptstraße zur Navigation ins Zentrum von Bergisch Gladbach.
Immerhin führt keins der Navigationssysteme den Ortsunkundigen zum mathematisch zu berechnenden Flächenschwerpunkt. Dieser liegt schließlich mitten im Waldgebiet der Hardt, dem grünen „Herzen“ der Kreisstadt. Ganz einfach praktisch ermitteln lässt er sich, wenn man die Umrisse des Stadtgebiets von einer Landkarte auf eine gleichmäßig starke Papp- oder Holztafel überträgt, dann den Umriss ausschneidet und die so erhaltene Stadtfläche auf einem Nagel ausbalanciert. Dieser markiert dann, wenn die Stadtfläche gerade austariert ist, den Gewichtsmittelpunkt des Stadtgebiets.
Mit einer Stele wollte der Verschönerungsverein 1999 genau diesen Mittelpunkt des Stadtgebiets markieren. Allein, der tatsächlich ermittelte Punkt lag dann doch in so unwegsamem Gelände, dass man sich am Ende für einen besser erreichbaren Ort direkt am Wanderweg zwischen Schmalzgrube und Eicherhof entschied, wo bis heute die von Friedel Lenges gestaltete Stele dem Wanderer die „Mitte unserer Stadt“ erklärt.
„Papperlapapp – von wegen mathematische Berechnungen “, höre ich da meinen Bekannten Werner schon maulen: „Die Mitte liegt im »Bock«, »Quirl’s« oder »Postillion« – da triffst du jeden, da schlägt das Herz der Stadt.“ Seine Kollegin Marie wird dann sofort einwerfen, dass die Villa Zanders oder der Bergische Löwe viel eher die Mitte Bergisch Gladbachs ausmachten, weil sich dort das kulturelle Leben der Stadt abspiele – und das gesellschaftliche gleich mit. Es ist eben eine ganz persönliche Frage der Perspektive, wo die Mitte liegt.
Andreas Heinze vom Gladbacher Geodatenmanagement hat am Ende übrigens auch herausgefunden, warum die Kölner wohl anders als ihre bergischen Nachbarn niemals den Flächenschwerpunkt ihrer Stadt ausweisen würden: Denn der liegt eindeutig auf der falschen Seite – auf der Schäl Sick, hinterm Tanzbrunnen. Für einen Domstädter ganz klar undenkbar.
Weitere Infos zu den Geodaten der Stadt Bergisch Gladbach gibt’s auch auf der Internetseite der Kreisstadt.
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Wir kommen zu Ihrem Mittelpunkt
Wo liegt die gefühlte Mitte Ihres Ortes? Ob gesellschaftlicher Treff, zentrale Anlaufstelle für das ganze Dorf oder einfach nur die geografische Mitte ihrer Heimat – nennen Sie uns Ihren persönlichen Mittelpunkt. Schreiben Sie uns an folgende Adresse:
Möglichst viele dieser Mittelpunkte unserer Leser möchten wir bei der Planung unserer diesjährigen Sommertour berücksichtigen, die am Montag, 27. August, startet und wieder durch das gesamte lokale Verbreitungsgebiet von Odenthal bis Rösrath und von Bergisch Gladbach bis Kürten und Overath führen soll.
Mit dabei ist der historische Schulbus der Humanitären Hilfe Overath um den jüngst zum Overather Ehrenbürger ernannten Norbert Kuhl. Der Bus dient nicht allein als mobile Redaktion, sondern soll unseren Lesern auch wieder die Möglichkeit geben, sich den Oldtimer anzuschauen und zu Terminen, die noch bekannt gegeben werden, auch eine kleine Fahrt damit zu unternehmen. (wg)