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Grundstück mit SchlüsselrolleWie ein Stück Land dem Gladbacher Straßenverkehr hilft

Lesezeit 4 Minuten

Die Stadt hat sich die Grundstücke am Gewerbepark Kuhlerbusch gesichert.

Bergisch Gladbach – Die Stadt hat neuerdings ein unscheinbares Gewerbegrundstück in ihrem Bestand. Es ist rund 30 000 Quadratmeter groß und liegt an der Straße Am Kuhlerbusch, Hausnummer 16. Es ist eine trist wirkende Gewerbe-Parzelle mit Werkzeugverleih, Logistikdienstleister und einem Gebrauchtwarenkaufhaus. Da hat die Kreisstadt wahrlich schönere Flecken zu bieten. Das Areal befindet sich im Stadtteil Gronau im sogenannten Gleisdreieck, zwischen den uralten Gleisbögen von der S11-Bahnstrecke zur ehemaligen Sülztalbahn-Linie nach Bensberg. An die Bahnvergangenheit erinnert hier nichts mehr.

Was will die Stadt bloß mit diesem Grundstück?, könnten sich manche fragen. Ein Bürgerbüro passt hier jedenfalls nicht hin, auch ein neues Rathaus eher nicht. Es geht um nichts weniger als um die Zukunft des Straßenverkehrs, und dieses Grundstück am Gleisdreieck hat dabei eine Schlüsselrolle. Warum? Über die Fläche soll in nicht allzu ferner Zukunft eine Entlastungsstraße quer rüber in Richtung Kalkstraße/Stadtmitte führen. An der Kalkstraße wäre Anschluss an die Hauptachsen Schnabelsmühle, Gohrsmühle und Paffrather Straße möglich.

Die neue Entlastungsstraße soll von der Bahnunterführung Buchholzstraße (1) zur Kalkstraße (2) über das Gleisdreiecksgrundstück (4) führen.

Legende für die Karte

Punkte Gleisdreieck

1) Bahnunterführung Buchholzstraße

2) Kalkstraße

3) Bahnübergang Tannenbergstraße mit Stellwerk

4) Von der Stadt gekauftes Grundstück

5) Gleis Richtung Gronau/Bensberg

6) Ehem. Gleistrasse von Gronau in Richtung Köln

Bei kommender Schließung des Bahnübergangs Tannenbergstraße

Die neue Entlastungsstraße soll den Verkehr aufnehmen, der bei einer kommenden Schließung des Bahnübergangs an der Tannenbergstraße einen neuen Weg zur Querung der Schienen benötigt. Das zweite S-Bahn-Gleis, das von Dellbrück kommen soll, bringt fast einen Fünf-Minuten-Takt, und als Folge der dann langen Schließzeiten von 45 bis 50 Minuten je Stunde wird der Bahnübergang für immer dicht gemacht. Die Idee mit der neuen Straße: Ab der ausgebauten Bahnüberführung (mit großer neuer Brücke) an der Buchholzstraße soll der Verkehr übers Gleisdreieck in die Stadtmitte rollen. Das ist die Vision der kommunalen Stadtplaner um den grünen Beigeordneten Ragnar Migenda. Und ohne Grundstück keine neue Straße quer über das Gleisdreieck – das ist die einfache Logik.

Im September 2020 hat laut Verwaltung der Stadtentwicklungsbetrieb SEB im Verwaltungsrat den Kauf der Parzellen beschlossen. Im vergangenen Jahr sei der Kauf des Grundstücks dann vollzogen worden, berichtet Sprecher Martin Rölen. Über den Kaufpreis beziehungsweise zum Verkäufer macht die Stadt keine Angaben, auch nicht zur Frage, wer da auf wen zugegangen ist. Dass die Gleisdreieck-Grundstücke von strategisch höchster Bedeutung sind, betont auch der Sprecher: „Sinn und Zweck ist es, für die durch den S-Bahn-Ausbau notwendige Änderung der Verkehrsführung vorzusorgen und die Flächen, die für die künftige Straßenführung nötig sind, bereits vorzuhalten.“

Bergisch Gladbacher Eisenbahngeschichte

Gleisdreieck-Historie

Das Gleisdreieck ist ein Relikt der Bergisch Gladbacher Eisenbahngeschichte. Die Verbindungskurve, die in Gronau (Kuhlerbusch) von der Hauptstrecke abzweigte und vor der Bahnbrücke Mülheimer Straße mit der Sülztalbahn zusammentraf, diente als Umfahrung des Kopfbahnhofs Bergisch Gladbach. Am 4. Januar 1912 fuhren die ersten Züge über den Gleisbogen und hielten am damals neu errichteten Gladbacher Bahnhof (heute Gebäude der Fachhochschule der Wirtschaft, Hauptstraße 2). Das heutige Bahnhofsgelände wurde über Jahrzehnte nur als Güterbahnhof genutzt, erst ab 1953 hielten wieder Züge in „Bergisch Gladbach Stadtmitte“ (offizielle Bezeichnung). Stillgelegt wurde die Gronauer Verbindungskurve zum Sommerfahrplan 1960, anschließend wurden die Schienen abgebaut. (cbt)

DB benötigt in Gleisnähe Abstellflächen

Es gebe für den Bereich der Bahndammtrasse zwar eine städtische Vorkaufsrechtssatzung, die allerdings nur dann ziehe, wenn tatsächlich ein Verkauf oder Kauf zwischen Privaten anstehe und die Stadt in einen solchen Vertrag als Käufer eintrete. Das sei hier allerdings nicht der Fall gewesen. Der Sprecher: „Das Grundstück wurde freihändig erworben.“ Möglicherweise hilft das Areal auch anderweitig: In Gleisnähe benötigt die Deutschen Bahn zwingend Abstellflächen, um ihre Bahnen nächtlich zu reinigen. Diese Flächen sind auch eine Voraussetzung, um ein zweites Gleis zu bauen. Wo die Abstellflächen sein werden, wird aktuell zwischen Bahn und Stadt besprochen. Vielleicht am Gleisdreieck?

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Über die weiteren Schritte, was die konkrete Verkehrsführung betrifft, laufen Vorplanungen auf Hochtouren. Politik und Verwaltung sollen im Lauf des Jahres 2022 in den zuständigen Fachausschüssen beraten, kündigt der Sprecher an. Politische Beschlüsse zur neuen Straße liegen seit September vor: Für die Planung der neuen Straße soll es zunächst Verkehrszählungen und -simulationen geben.