Bergisch Gladbach – Dieser Montag ist ein großer Tag für Kathrin Hardenbicker: Ihr Leben auf der Baustelle ist vorbei.
Die 50-Jährige kann es noch gar nicht richtig glauben. Deshalb muss sie sich immer wieder davon überzeugen, mit einem Blick aus dem Fenster ihrer Wohnung im zweiten Stock in einem Haus, das direkt an die Odenthaler Straße grenzt: Bauarbeiter in orangefarbenen Westen sind gerade dabei, die Baustellenampel vor ihrer Haustür abzumontieren.
Nach gut zweieinhalb Jahren hat die Nervenprobe ein Ende: Die Kanalbauarbeiten Strunde hoch vier sind in Höhe der zentralen Kreuzung Hauptstraße/Odenthaler Straße sowie auf der Odenthaler Straße fertig. Die Ausschachtungsarbeiten, Verlegung der teils mannshohen Rohren zum Hochwasserschutz sowie Pflasterarbeiten gingen einher mit teils ohrenbetäubendem Lärm und massiven Verkehrsbehinderungen.
Unbekanntes Bild ohne Stau
Für Harald Flügge, Stadtbaurat seit Juli 2016, bietet sich beim Besichtigungstermin am Montag ein unbekanntes Bild: Der Verkehr rollt. „Ich kannte bis jetzt nur den Baustellenstandard mit den entsprechenden Rückstaus“, sagt er. Von einem „Meilenstein“ spricht deshalb Martin Wagner, Leiter des Abwasserwerks.
Noch allzu gut kann er sich an den verpatzten Auftakt des Mammutprojekts erinnern, als der Energieversorger Belkaw/Rheinenergie bei der Anlage der Baugruben zur Verlegung der Versorgungsleitungen von einem hohen Grundwasserspiegel überrascht wurde. Das führte zu Mehrkosten (siehe Kasten) und zu Zeitverlust.
Um zwei bis vier Monate verzögerten sich einzelne Bauabschnitte, sagt Projektleiterin Daniela Reuscher. Zum Leidwesen auch von Baustellenmanager Sebastian Höller, der dafür sorgen musste, dass der dichte Verkehr nicht zum Erliegen kam. „Ein paar graue Haare habe ich schon bekommen“, sagt er. Für ein Bauvorhaben in der Größenordnung hätte sich die Anzahl der Beschwerden entnervter Autofahrer insgesamt aber „im Rahmen“ gehalten.
Die Finanzierung
Die Kosten für das Gesamtprojekt Strunde hoch vier belaufen sich auf 25 Millionen Euro: zum Hochwasserschutz, zur Abwasserbeseitigung, zur Gestaltung der Grünanlagen sowie zum Kreisverkehr Schnabelsmühle. Damit liegt die Baustelle drei Millionen Euro über dem Soll. 60 Prozent der Kosten für den Hochwasserschutz und den Straßenbau trägt das Land. Vom Förderprogramm Regionale 2010 gibt es Zuschüsse in Höhe von 80 Prozent, etwa fünf Millionen Euro, für die Gestaltung der Grünanlagen. Etwa 300 000 Euro sind den Verzögerungen durch die Belkaw an der Odenthaler Straße geschuldet. Die Mehrkosten durch die Entsorgung von giftigem Material im Umfeld des Kreisverkehrs betragen eine Million Euro. Die Verwaltung versuche, die Mehrkosten bei der Belkaw und bei der Firma Zanders als Verursacher geltend zu machen, berichtet Projektleiterin Reuscher. (ub)
Kathrin Hardenbicker hat sich kein einziges Mal beschwert: „Das hätte ja nichts geändert.“ Sie war in der langen Zeit gleich doppelt betroffen: als Autofahrerin und als Anwohnerin. „An manchen Tagen haben die Wände und die Gläser in den Regalen vibriert“, erzählt sie. Da sie abends arbeite, schlafe sie normalerweise morgens länger. Mit den Presslufthämmern und Rüttlern vor der Tür sei das nicht möglich gewesen. Oft sei sie schon um 7 Uhr aus dem Schlaf gerissen worden: „Ich bin froh, dass der Mist endlich vorbei ist.“ Aufatmen werden auch die Anwohner der Straßen Am Mühlenberg und Vollmühlenberg, wo die Einbahnstraßen-Regelung ab sofort aufgehoben ist. Die Parkpalette im Buchmühlenpark steht wieder ohne Einschränkungen zur Verfügung.
Auch der Bauabschnitt am Kreisverkehr Schnabelsmühle nähert sich seinem Ende. So können voraussichtlich ab 8. Juni die Busse wieder die Haltestellen am Markt und am Forumpark anfahren, kündigt Höller an. Die Fahrspur zwischen Zanders-Werk und neuem Kreisverkehr bleibt noch gesperrt, vermutlich bis Anfang Oktober. Auch auf dieser Baustrecke werden Hochwasserkanäle verlegt. Anfang Dezember sollen die Bauarbeiten endgültig fertig sein: wenn die Baustelle an der Buchmühlenstraße beendet ist.