Bergisch Gladbach – Denkmalschützer sind alarmiert: Durch die aktuellen Bauarbeiten vor dem Verwaltungsgebäude des Papierunternehmens Zanders an der Gohrsmühle könnten wichtige Teile der von den Experten des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) als denkmalwürdig eingestuften Anlage in Gefahr sein.
Dort finden gerade umfangreiche Kanalbauarbeiten im Rahmen des Großprojektes „Strunde hoch vier“ zum Hochwasserschutz statt.
Stadt verweist auf Unfall
Dass die Sorge nicht unberechtigt ist, beweist die Tatsache, dass bereits eine der am Eingang stehenden markanten historischen Leuchten beschädigt worden ist und abgebaut werden musste. Das bestätigte gestern Marion Linnenbrink, Sprecherin der Stadt.
„Mit Sorge und Unverständnis beobachten wir, dass der Denkmalbestand (...) nicht angemessen geschützt und gesichert wird“, so Sabine Cornelius, Sprecherin des Amtes für Denkmalpflege des LVR auf Nachfrage Es sei zu befürchten, dass auf diese Weise die schutzwürdigen Objekte reduziert würden, noch bevor sie von der Stadt in die Denkmalliste eingetragen worden seien. Zu ihnen zählt die Fachbehörde nicht nur das Verwaltungsgebäude, sondern das gesamte Entree mit Freiflächen, alten Bäumen, Wegen und historischen Leuchten.
Besonders gebangt hatten Denkmalschützer immer um die markanten Pfeiler mit den aufgesetzten bronzenen Laternen am Eingang, von denen nun eine beschädigt wurde. Die Leuchten sind Werke des Architekten Otto March und noch weitgehend im Originalzustand erhalten. Sie waren offenbar nicht vorsorglich gegen Beschädigungen durch Baumaschinen geschützt oder eingehaust worden.
„Es war nicht absehbar und nicht geplant, sondern ein Unfall der bauausführenden Firma“, verteidigte Linnenbrink die Stadt, die das Bauprojekt „sehr intensiv“ begleite. Die beschädigte Leuchte sei abgebaut worden und solle wiederhergestellt werden. Die Arbeiten auf dem Gelände der Firma Zanders seien „nicht willkürlich“, sondern dienten dem notwendigen Hochwasserschutz. „Einen Kanal kann man nicht einfach anders verlaufen lassen.“
Um die Unterschutzstellung der zahlreichen historischen Gebäude, die sich auf dem weitläufigen Gelände befinden, wird schon geraume Zeit gestritten. Seit Jahren wird von Denkmalschützern kritisiert, dass kein einziges der Gebäude, die im Laufe der vergangenen rund 150 Jahre dort von teilweise namhaften Architekten entworfen worden sind, bisher auf der Denkmalliste der Stadt auftaucht. Damit sind sie nicht gesetzlich vor Veränderungen oder Abriss geschützt.
Derzeit sind zwei Gutachten in Arbeit, die die Relikte der Industriearchitektur offenbar sehr unterschiedlich bewerten. Das Amt für Denkmalpflege im Rheinland, die zuständige Fachbehörde, betrachtet die historischen Teile der Papierfabrik als Ensemble und möchte weite Teile der Anlage als Industriedenkmal unter Schutz stellen lassen. Hier biete sich die einmalige Chance, die Entwicklung der Papierproduktion von ihren industriellen Anfängen bis zur neuesten Zeit zu dokumentieren, so die Argumentation.
Der Stadtverwaltung Bergisch Gladbach, die den Architekten und Architekturhistoriker Dr. Michael Werling mit einem eigenen Gutachten beauftragt hat, ging diese Sichtweise bisher immer zu weit. Statt eine „Käseglocke“ über die Anlage zu stülpen, möchte sie nur die historisch bedeutsamsten Objekte als Denkmal schützen – dies auch vor dem Hintergrund, dass auf dem Gelände noch Papier produziert wird und Standort und Arbeitsplätze gesichert werden sollen. Relativ unstrittig ist auf beiden Gutachterseiten der Denkmalwert des ehemaligen Verwaltungsgebäudes.
Gleiches gilt für das Kraftwerk des Architekten Dominikus Böhm, der sonst nur Kirchen gebaut hat, und auch für den historischen Kern, die Urzelle der Papierfabrik, zudem Holländersaal, Lagerhochhaus, Sortierhalle und Teile der alten Werkstatt.