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Beratung für die Bergisch Gladbacher BürgerGekippte Fenster im Visier der Experten

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Die Polizeibeamten  Annika Fischer und Tizio Fata im Gespräch mit Hausbesitzer Rolf Höck (M.), der bereits ein wachsames Auge auf mögliche Risiken hat. 

Bergisch Gladbach – Nur scheinbar ziellos schlendern Annika Fischer und Tizio Fata die Refrather Wohnstraße entlang – bis sie ein auf Kipp stehendes Fenster sehen. Im Nu sind sie an dem freistehenden Einfamilienhaus. Nein, Einbrecher sind sie nicht. im Gegenteil. Die Kriminalhauptkommissarin und der Kriminalkommissar sind an diesem Nachmittag ganz gezielt in Wohnsiedlungen unterwegs, um mögliche „Einladungen“ für Einbrecher aufzuspüren und die Bewohner darauf aufmerksam zu machen.

Im Fall des Einfamilienhauses, das sie angesteuert haben, besteht allerdings keine Gefahr für Hab und Gut des Bewohners. Denn der steht unvermittelt vor den Polizeibeamten. „Ich weiß Bescheid“, sagt Rolf Höck, „aber dass Sie selbst unterwegs sind und die Leute auf mögliche Schwachstellen aufmerksam machen, finde ich super. Man ist ja doch verwundbar.“ Vor einigen Jahren haben Unbekannte in seinen Fahrradschuppen eingebrochen. Aber auch den hat der Refrather zwischenzeitlich gesichert. „Und jetzt neulich haben sie versucht, ein Auto in unserer Straße zu knacken.“

Die Haltestelle im Blick: Einige Einbrecher kommen mit der Bahn.

Hotspots für Einbrecher

„Refrath und Frankenforst sind immer schon Hotspots für Einbrecher gewesen“, weiß Kriminalhauptkommissarin Fischer. Die Lage des Bergisch Gladbacher Stadtteils direkt an der Autobahn ermögliche auch durchreisenden Einbrecherbanden eine schnelle Flucht. „Aber auch die Straßenbahnanbindung“, so die Polizeibeamtin des Kommissariats Kriminalprävention/Opferschutz. „Tatsächlich: Einige Täter reisen aus Köln mit der Straßenbahn an“, sagt die Kriminalexpertin und wirft einen kritischen Blick hinüber zur Haltestelle der Linie 1. Auch die haben sie und ihre Kollegen häufiger im Blick, um nach verdächtigen Personen Ausschau zu halten.

Mit Rollladensperren hat Ehepaar Hammel sich gesichert.

Bei Rolf Höck ist für die Berater wenig zu tun, er hat sich bereits gut informiert. Und er hat einen Blick auch auf die Nachbarn. „Es ist gut, wenn die Nachbarn auch aufeinander achten“, sagt Tizio Fata und schaut hinüber zu einem anderen Haus in der Straße: „Da zum Beispiel wäre ein Einbrecher über den Zaun schnell auf dem Flachdach und dann rüber zum Balkon mit dem gekippten Fenster – eine Sache von Sekunden“, sagt der ausgebildete Pädagoge und Polizeibeamte, der über das Programm „Spezialisten zu Polizisten“ in einem zweiten Ausbildungsgang in den Polizeiberuf kam.

Achtsame Nachbarn

Achtsame Nachbarn sind insbesondere in städtischeren Gegenden nicht immer selbstverständlich. In der Refrather Straße, in der das Polizeiteam an diesem Nachmittag unterwegs ist, aber schon. Bereits der Hund des Nachbarn merke, wenn auf ihrem Balkon etwas anders sei und etwa spät abends das Licht noch brenne, erklärt Ehepaar Hammel den Polizeibeamten an der Wohnungstür. Sichtlich erfreut holt er eine Kiste mit Rollladenverriegelungen und zeigt sie Kriminalhauptkommissarin Fischer: „Wenn wir nicht da sind, werden die Rollläden damit gesichert“, erklärt der Rentner.

Dämmerung: Die Polizei sucht nach „auffälligen“ Wohnungen.

Ein paar Häuser weiter entspannt sich die Situation nicht ganz so, als die Polizeibeamten an einer Wohnung klingeln, deren Balkontür im Hochparterre „auf Kipp“ steht. Niemand macht auf. Offenbar sind die Bewohner nicht zu Hause. Tizio Fata beschriftet eine Karte mit einem Hinweis auf die gekippte Balkontür und wirft sie mit weiteren Sicherheitstipps in den Briefkasten – damit die Bewohner auch künftig keinen ungebetenen Besuch bekommen.

„Viele der Fenster haben auch noch keine Pilzkopfverriegelung“, sieht Kriminalhauptkommissarin Fischer schon den gekippten „Einladungen“ an Einbrecher auf etliche Meter an. Diese Sicherungen erschweren ein Aufbrechen von Fenstern deutlich. Und Einbrechern komme es immer darauf an, möglichst schnell irgendwo hineinzukommen, weiß Tizio Fata. „30 Sekunden rein, drei bis fünf Minuten wieder raus – wenn’s länger dauert, wird“s für die schon unattraktiv.“

Gekippte Fenster, aber keine Gefahr: Rolf Höck (M.) ist zu Hause, hat einen wachsamen Blick und sich gegen Einbrecher bereits geschützt. Annika Fischer und Tizio Fata geben weitere Tipps.

Dass sie es Einbrechern leicht machen, ist manchen Bewohnern offenbar nicht bewusst. „Das gekippte Fenster da zum Beispiel“, sagt Annika Fischer und deutet auf ein Fenster in etwa 1,80 Metern Höhe, „das ist keineswegs zu hoch für einen schnellen Einbruch.“ Meist seien die Täter ja nicht alleine unterwegs. „Und dann einmal kurz Räuberleiter halten, und einer ist drin“, sagt sie.

Mit dem Blick des Einbrechers

Am besten, so rät sie Einfamilienhausbesitzern mit Garten, sollten sich diese mal in einen Einbrecher hineinversetzen und über ihr Grundstück gehen: „Alles, womit ich irgendwo hinaufsteigen kann oder eine Scheibe einschlagen, gehört besser verschlossen in einen Schuppen oder den Keller“, sagt sie.

Freude bereitet ihr unterdessen ein Senior, der gerade Bücher aus seinem Auto lädt. Er zeigt den Polizeibeamten nicht nur seine metallbandverstärkten Rollläden, die abends zentral heruntergefahren werden, sondern auch Bewegungsmelder und Kameras rund ums Haus. „Klar, wenn es Bildmaterial gibt, macht uns das natürlich auch die Arbeit leichter, eventuelle Täter zu identifizieren. Und: Auch Kameras schrecken Täter natürlich ab“, so die Expertin.

Angepasste Zeitschaltuhr

Es dämmert bereits in der Siedlung. Tizio Fata und Annika Fischer steigen in den Streifenwagen und fahren langsam die Siedlungsstraße entlang. In Wohnungen oder Häusern, wo jetzt kein Licht angeht, ist mit einiger Wahrscheinlichkeit niemand zu Hause. Es sei denn der oder die Besitzerin hat vorgebaut und Zeitschaltuhren ans Licht angeschlossen.

Ungesicherte Balkontür auf Kipp und niemand zu Hause: Tizio Fata schreibt einen Hinweis und wirft ihn in den Briefkasten der Wohnung.

Alles, was Leben und Bewegung in einer Wohnung zeige, helfe, dass Einbrecher es in diesem Gebäude dann doch lieber nicht versuchten, sagt sie. „Natürlich muss die Zeitschaltuhr auch angepasst sein: Wo am helllichten Tag plötzlich überall das Licht angeht, kann das natürlich auch gerade ein Hinweis darauf sein, dass der Wohnungsbesitzer den Trick mit den Zeitschaltuhren anzuwenden versucht.“

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Bürger sensibilisieren

„Bei uns haben sie schon mal eingebrochen“, tönt es von einem Balkon, als Tizio Fata und Annika Fischer an einem Haus klingeln, um die Bewohner zu informieren. Die beiden drehen sich herum und sehen eine Nachbarin auf dem Balkon: „Das war am helllichten Tag und ich habe sogar noch was gehört, aber in der Nachbarschaft war gerade ein Umzug, da habe ich mir nichts bei gedacht“, sagt die Mitfünfzigerin. „So schnell kann’s gehen.“

Annika Fischer und Tizio Fata nicken. Das wissen sie nur zu gut – und wollen mit ihren Dämmerungsstreifen dazu beitragen, dass noch mehr Bürger auch entsprechend sensibilisiert werden. „Gut, dass das mit den Einbrüchen und den Tipps gegen Einbrecher auch immer in der Zeitung steht“, ruft die Nachbarin den Beamten noch zu. „Da denkt man ja schon jedes Mal drüber nach, was man vielleicht noch besser machen kann.“