Am Wochenende ist Weihnachtsmarkt in Wiehl. Alle Jahre wieder wird der Allgäuer Bergkäse der Verkaufsschlager in den Buden vor dem Rathaus sein. Den hat Bernhard Kocher einst nach Oberberg gebracht.
Der Mann aus den BergenBernhard Kocher ist Botschafter des Allgäus in Oberwiehl
Der Bergkäse ist ein Importprodukt und steht dennoch für eine Urwiehler Tradition. Denn seit mehr als 30 Jahren sorgt eine Gruppe von Oberwiehler Nachbarn für Transport und Verkauf der Spezialität.
In dieser Woche sind die Leute aus dem Hambuch-Viertel wieder ins Allgäu gefahren und mit einem Kleinbus voller Käseräder zurückgekommen. Knapp 80.000 Euro sind über die Jahre für gute Zwecke eingenommen worden. Die Käse-Connection kam damals über einen Botschafter des äußersten deutschen Südens zustande: Bernhard Kocher stammt aus Bad Hindelang. Seinem Haus am Oberwiehler Pützberg mit dem Holzbalkon sieht man das an.
Wenn Bayern München gewinnt, bläst Kocher das Alphorn
Mit dem Architekten fuhr Kocher Anfang der 1980er Jahre eigens in den Skiurlaub, damit dieser sah, was dem Bauherrn vorschwebte. Für die hölzerne Auskleidung engagierte Kocher einen Allgäuer Zimmermann. Überall im Haus bis zum Herrgottswinkel in der Stube unterm Dach finden sich Erinnerungsstücke an die alte Heimat. Zu Silvester und wenn Bayern München gewonnen hat, tritt er mit dem Alphorn auf den Balkon und lässt es im Wiehltal erklingen. Doch großes Heimweh habe ihn nie geplagt, versichert der heute 86-jährige Kocher. „Ich bin hier in Oberwiehl zu Hause.“
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In den 1950er Jahre hatte er in seinem Heimatort Bad Hindelang die Bekanntschaft mit Oberwiehler Eheleuten gemacht, die dort regelmäßig Urlaub machten. Als er und zwei andere junge Hindelanger beschlossen, ihr Glück im Norden zu suchen, bat er sie in einem Brief um Vermittlung. So fanden der Schlosser Helmut Bischof, der Schreiner Hermann Blanz und der Installateur Kocher einen Job in Oberberg.
Die drei machten nach Feierabend zusammen Musik. Mit Gitarre, Akkordeon, Kontrabass und alpenländischer Tanzmusik avancierten sie schnell zu Stimmungskanonen, die beinahe jedes Wochenende auftraten und bis nach Holland weiterempfohlen wurden. Diese Zeitung titelte 1959: „Drei Hindelanger Buam jodeln im Wiehler Land.“ Bernhard Kocher schwärmt auch heute noch: „Das war eine wunderschöne Zeit. Das hätten wir zu Hause nicht erlebt.“
Die beiden anderen kehrten planmäßig nach einem Jahr zurück nach Hindelang. Bernhard Kocher blieb an Oberwiehl hängen. Der Grund hieß Hannelore Menninger. Nach einem halben Jahr auf der Meisterschule in Stuttgart kam der junge Installateur zurück ins Oberbergische und gründete 1962 mit der patenten Buchhalterin aus der Achsenfabrik seine eigene Firma. Im Jahr darauf wurde geheiratet, 1964 komplettierte Sohn Christian das junge Glück.
Die gute Nachbarschaft ließ Kocher Oberwiehl zur Heimat werden
Die beiden hatten viel zu tun, die Firma Kocher profitierte vom Boom der 1960er Jahre und stattete die Neubauten weit und breit mit Heizungen aus. Die Senioren helfen noch immer täglich im Betrieb, obwohl Sohn Christian bereits 1997 die Leitung übernommen und mit Enkel Florian bereits die nächste Installateursgeneration die Meisterprüfung abgelegt hat.
Dass Oberwiehl Bernhard Kocher zur Heimat wurde, lag nicht zuletzt an der guten Nachbarschaft, so sagt er selbst. Die befreundeten Familien trafen sich regelmäßig zum Spießbratenfest, als 1990 die Idee aufkam, sich für einen guten Zweck zu engagieren. Die Käseverkaufserlöse wurden in den ersten Jahren der Kinderkrebshilfe gespendet, später unter anderem an die Tafel.
So hat sich Bernhard Kocher für die Willkommenskultur, mit der er einst in Wiehl aufgenommen wurde, vielfach revanchiert. „Man hat mich hier nie spüren lassen, dass ich kein Einheimischer bin.“