Oberberg – „Bevor man sofort ,Ja’ sagt, muss man zumindest gut darüber nachdenken“, gibt Martina Dammüller, Sprecherin der Apothekerkammer Nordrhein für den Oberbergischen Kreis, ehrlich zu bedenken auf die Frage, ob sie sich vorstellen könne, bald auch in ihren beiden Apotheken in Wipperfürth Impfungen anzubieten. Kann sie derzeit nicht, denn so einfach zu organisieren, wie es vielleicht viele denken, ist das Ganze nicht.
Die aktuelle Corona-Impfverordnung schreibt eine Reihe an notwendigen Voraussetzungen für Impfungen in Apotheken vor. Darunter zunächst eine Schulung, die die Apotheker erst dazu berechtigt, Schutzimpfungen durchführen zu dürfen. Die Schulung wird von der Bundesapothekerkammer organisiert und findet zunächst online statt. „Das sind sechs Stunden Theorie mit anschließender Prüfung als Wissenskontrolle und dann noch ein sechsstündiger Praxisteil bei der Kammer“, berichtet Dammüller.
„Genügend Angebote sind da“
Darüber hinaus müssen die vorhandenen Betriebsräume der Apotheken den notwendigen Platz, also einen eigenen Raum für die Impfungen, sowie die notwendige Ausstattung haben. „Eine Liege haben wir, das ist ja schon jetzt Vorschrift. Aber im laufenden Betrieb zu impfen, ist kaum möglich“, sagt Dammüller und erklärt: „Impfen dürfen außerdem nur Personen, die gegen Masern und Hepatitis geimpft sind.“ Denn das schreibt wiederum das Infektionsschutz- sowie Arbeitsschutzgesetz vor.
Apotheker generierten täglich viele Kontakte, sagt Jens Krömer, Sprecher der Apothekerkammer Nordrhein. Gerade deshalb werde es Zeit, dass auch seine Kolleginnen und Kollegen künftig Impfungen anbieten können. „Ich halte das für ein sinnvolles und vor allem niederschwelliges Angebot.“
Viele der Schulungstermine, die von der Bundesapothekerkammer angeboten werden, seien ausgebucht. Die Schulung ist für die Apotheker kostenlos und besteht aus insgesamt zwölf Stunden – sechs in der Theorie und sechs in der Praxis.
Schließe man auf die bisherigen Anmeldezahlen, werde landesweit bald in jeder zweiten Apotheke geimpft, prognostiziert Krömer. „Natürlich hängt das auch von der zeitlichen Kapazität und vom Personal ab. Wenn es eine Apotheke nicht schafft zu impfen, ist das absolut okay und verständlich.“ (lth)
Am Wochenende oder abends zu impfen würde die Belastung im Apothekenalltag zwar entzerren, es sei aber dennoch eine zusätzliche Belastung. Schon jetzt arbeite sie rund um die Uhr, in manchen Wochen bis zu 80 Stunden. „Ich habe drei Kinder, mit denen ich ab und zu auch mal Zeit verbringen möchte“, sagt Martina Dammüller und hebt die bereits vorhandenen Impfstellen in Waldbröl, Gummersbach und Hückeswagen hervor. „Genügend Angebote sind da.“
Ausführliches Anamnese-Gespräch braucht Zeit
Ohne Termin in den Apotheken zu impfen, das sei zudem undenkbar. „Wir müssen die Dosen, die wir aufziehen natürlich auch verimpfen“, sagt Sebastian Gissinger, Inhaber der Hirsch-Apotheke in Ründeroth und gleichzeitig Kreisvertrauensapotheker. Bei seinen Einsätzen im Gummersbacher Impfzentrum habe er bereits viele Erfahrungen in Bezug auf die Impfungen gesammelt. So weiß er auch: Bei Erst- und Zweitimpfungen muss ein ausführliches Anamnese-Gespräch durchgeführt
Da die Kapazität und das Raumangebot in der Ründerother Apotheke nicht ausreichen, will Gissinger selbst keine Impfungen anbieten, finde es aber gut, dass die Nachfrage der Apotheken im Oberbergischen für die Impfschulung so groß ist. Von den 60 Apotheken in Oberberg hätten bereits zwölf gemeldet, dass sie sofort oder generell Interesse hätten, in die Impfungen einzusteigen, berichtet Sebastian Gissinger. „Das zeigt, dass wir als Apotheker eine wichtige Funktion haben und immer mehr Dienstleistungen bringen.“
Räumlichkeiten werden derzeit vorbereitet
So sieht das auch Zekiye Aktas, Inhaberin der Linden-Apotheke in Oberwiehl. „Wir haben uns dafür entschieden, Impfungen in unserer Apotheke anzubieten“, berichtet sie. Aktas und zwei weitere Apotheker haben bereits am ersten Teil der Schulung teilgenommen. „Momentan läuft es mit dem Impfangebot gut, aber ich sehe die nächste Welle nach den Sommerferien auf uns zukommen. Dann möchten wir vorbereitet sein und reagieren können“, sagt Aktas, die mit ihrem Team auch die Arztpraxis entlasten möchte, mit der die Apotheke zusammenarbeitet. Genügend Platz gibt es in der Linden-Apotheke. „Wir werden vorrangig samstags nach 13 Uhr impfen, aber auch unter der Woche – allerdings nicht zu den Stoßzeiten“, so die Apothekerin.
Die Zusammenarbeit mit den Ärzten ist auch dem Gummersbacher Apotheker Jan Simons, Inhaber der Medica- und der Agger-Apotheke, wichtig. „In der Agger-Apotheke sind wir bereit zu impfen, aber es muss von den Ärzten gewünscht sein, sodass wir nicht gegeneinander arbeiten. Deswegen werde ich die Ärzte zunächst informieren und um Feedback bitten.“ Die entsprechenden Räumlichkeiten in der Agger-Apotheke werden derzeit vorbereitet. Ab Februar könnten dann auch dort die ersten Impfungen stattfinden.