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Bundestagswahl in OberbergReul: „Die Wähler haben es selbst in der Hand“

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NRW-Innenminister Herbert Reul posiert mit anderen für Handyfotografen.

NRW-Innenminister Herbert Reul beim Bundestagswahlkampf in Gummersbach.

Am Samstag konnte man sich noch einmal kostenfrei mit Gummibärchen und Kugelschreibern eindecken. Die oberbergischen Kreisverbände der Parteien haben an Infoständen in der Gummersbach Innenstadt versucht, die letzten unentschiedenen Wähler zu überzeugen. Auf immerhin bis zu 30 Prozent wird die Zahl der noch Unentschlossenen geschätzt.

Die CDU hat für ihren Stargast sogar eine Bühne aufgebaut. Für NRW-Innenminister Herbert Reul ist es eine Art Heimspiel. Der Leichlinger Bezirksvorsitzende der CDU im Bergischen Land war hier einst als Europaabgeordneter zuständig. Er ist wegen seiner Volksnähe beliebt. Eine der jungen Polizistinnen im Sicherheitseinsatz begrüßt er mit Handschlag.

Auf der Bühne wird er vom CDU-Bundestagsabgeordneten und -kandidaten Carsten Brodesser interviewt. Reul spricht über die allgemein schwierige politische Lage und warnt vor dem Vertrauensverlust, den die staatlichen Institutionen erleiden. „Deswegen ist das morgen nicht ganz unwichtig“, sagt der Minister mit Blick auf die Bundestagswahl. Er wünsche sich stabile politische Verhältnisse, also dass die CDU nur auf einen einzigen Koalitionspartner angewiesen ist. Die schwarz-grüne NRW-Variante empfiehlt er als Erfolgsrezept. „Die Wähler haben es selbst in der Hand“, appelliert Herbert Reul. „Sauer sein reicht nicht, wir müssen auch eine handlungsfähige Regierung hinbekommen.“

CDU-Kandidat Brodesser hatte zuvor gefordert, dass die Demokraten trotz aller hitzigen Diskussionen jetzt zusammenstehen müssen, und daran erinnert: „Die Stimmabgabe ist der kleinste Beitrag zur Demokratie.“

Einen etwas größeren Beitrag leisten an diesem Samstag die Ehrenamtler der Parteien. Und nicht nur von der CDU. Am anderen Ende des Lindenplatzes schenkt Marius Roth unter dem Schirm der Volt-Partei Kaffee aus. Der Direktkandidat aus Engelskirchen hat in den Gesprächen am Stand feststellen müssen, dass viele Wähler taktisch wählen und „Angst vor der Fünf-Prozent-Hürde“ haben, also fürchteten, dass eine Volt-Stimme nicht zählt. Aber vielleicht habe seine Kandidatur der Partei zu einer Bekanntheit verholfen, die sich bei der Kommunalwahl im Herbst auszahlt.

Ein Stück die Hindenburgstraße hinunter stehen die Grünen, ein Passant hat deren Vertreter in ein kontroverses Gespräch verwickelt. Wahlkämpfer Daniel Skambracks sagt, dass er populistische Dampfplauderei nicht gut vertrage. Eine andere Meinung sollte immer respektvoll vorgetragen werden. Insgesamt zieht er aber ein positives Fazit für den Straßenwahlkampf: „Hier in Gummersbach ist die politische Kultur noch völlig in Ordnung.“

Auf der Kaiserstraße verteilt Michael Schoger aus Bergneustadt Flugblätter des Bündnisses Sahra Wagenknecht, für ihn die Partei, die sich am konsequentesten für den Frieden einsetzt. Sein Eindruck ist, dass viele Wähler sich schon entschieden haben.

Helga Auerswald und Frank Lichtmann von der Gummersbacher SPD hoffen dagegen, dass sie den einen oder anderen noch für ihre Partei erwärmen können. Hoffnung gibt ihnen der Eindruck, dass viele Menschen sich vor einem Rechtsruck in der Politik fürchten, wie Auerswald festgestellt hat. Und Lichtmann berichtet, dass er viele ältere Menschen gesprochen habe, die noch den Krieg erlebt hätten und die „Besonnenheit“, die Olaf Scholz bei den Waffenlieferungen gezeigt habe, sehr schätzten.

Nebenan bauen die Linken ihren Pavillon gegen 13 Uhr ab. Spitzenkandidat Jan Köstering kommt noch zu einem Plausch bei der SPD vorbei. Er hat den 12. Platz auf der Landesliste, der rasante Aufschwung, den die Linke in den Umfragen erlebt, bringt ein Mandat in Sichtweise. 9,6 Prozent würden ausreichen, hat er berechnet. Will er dennoch jetzt schon nach Hause gehen? „Nein, jetzt geht es wieder von Haustür zu Haustür.“