OrgelbauerRalf Müller kennt die Orgel in St. Franziskus schon seit fast 50 Jahren
Gummersbach – Noch ist die Orgel in der katholischen Kirche St. Franziskus in Gummersbach eine Baustelle. Abgesperrt mit rot-weißem Flatterband, es stehen Bretter und andere Baumaterialien herum, Werkzeuge warten auf ihren Einsatz und Kisten mit Bauteilen darauf, ausgepackt zu werden. Aber nach gut einem Jahr Bauzeit nimmt die Orgel Gestalt an: Der Spieltisch ist fertig, am sogenannten Hauptwerk und am Pedalwerk legt Orgelbaumeister Ralf Müller letzte Hand an. Er leitet die Traditionsfirma Speith Orgelbau im ostwestfälischen Rietberg, die bereits die historische Orgel in der alten Kirche 1929 installiert hatte.
300 Orgeln hat er gebaut, in aller Herren Länder, darunter Korea, Japan, China, zahlreiche andere restauriert, getreu dem Wahlspruch der 1849 gegründeten Firma: „Wir bauen Musik – Unsere Hände schaffen Kunst.“ Die Orgel von St. Franziskus, sagt er, sei für ihn eine Herzensangelegenheit. „Mein Vater hat die historischen Pfeifen aus der Orgel der alten Kirche, die 1973 wegen Baufälligkeit abgerissen werden musste, in ein neues Gehäuse eingebaut. Da war damals ein kleiner Junge mit dabei, und das war ich. Seitdem bin ich mit dem Instrument vertraut.“
Brand im November 2018
Umso härter traf es ihn, als er nach dem Brand am 7. November 2018 vor den verkohlten Resten der Orgel stand, die er gerade erst überholt hatte: „Wir hatten sie so schön hinbekommen, die alte ,Oboe’ hatte einen wunderbaren Klang, mit einer belederten Zunge. Und dann zündet das einfach jemand an – und alles ist zerstört.“ Er habe geweint, sagt er. „Es war ja auch das Instrument, das Werk meines Vaters.“
Es war traurig, die verkohlten Überreste zu verpacken und in die Werkstatt nach Rietberg zu schaffen. „Aber wenn es einen umhaut, muss man wieder aufstehen. Und die Orgel wird jetzt schöner als vorher, angepasst an die moderne Zeit!“ Dann erzählt Müller von der Computersteuerung der Registerauswahl, vom größeren Klangumfang, vom beweglichen Spieltisch, den man drehen kann, sodass die Organisten auch der Gemeinde zugewandt spielen können. Von der neuen Farbe, die das leuchtende Rot der Kirchenfester aufnimmt und spiegelt.
Die Bauteile wurden in Rietberg hergestellt: die Pfeifen, gefertigt im traditionellen Gussverfahren, der Blasebalg als „Lunge“ der Orgel, die flexiblen Windkanäle, die Windlade, durch die die Luft strömt, Pedale und Manualtasten und noch viel mehr. Was gerettet werden konnte von der alten Orgel, verbirgt sich eine Etage höher hinter den großen Pfeifen des „Hauptwerks“. Über eine hohe Leiter geht es ins Herz der Orgel, und da sind sie: große Pfeifen aus Holz, hellklingende „Prospektpfeifen“ aus einer Zinn- Legierung. Matt schimmernd die geretteten, blank glänzend die neuen.
Ein Cello für den tiefsten Klang
14 Register stammen aus der alten Orgel, 13 kommen neu hinzu. Gerade hat der Meister ein neues Register eingebaut, ein „Cello“ für den tiefsten Klang zur Ergänzung des alten, „etwas mulmig klingenden Subbasses“, erklärt er. Vom Spieltisch aus demonstriert Müller, was er meint: Ein Klang, dessen Schwingungen man bis in die Zehenspitzen spürt. „Wunderschön“ findet der Orgelbauer auch die alte „Offenflöte“: „Die historische Speith-Orgel hatte einen romantischen Klang, deshalb fügen wir viele romantische Register hinzu.“ Das sei in St. Franziskus die eigentliche Herausforderung, die Verbindung von Historischem und Neuem. Bei jedem Wort spürt man Müllers Leidenschaft, die Liebe, die Begeisterung für seine Arbeit. „Oft bin ich hier ganz allein in der Kirche. Allein mit dem lieben Gott.“
Das könnte Sie auch interessieren:
Noch gähnt die untere Abteilung, der große Kasten des sogenannten Schwellwerks, kahl und leer, mit nackten Luftschläuchen. In diesen Tagen soll begonnen werden, dort 773 Pfeifen zu montieren, die dann hinter Türen verschwinden, die man auf- und zuklappen kann, je nach gewünschter Lautstärke. Das ist der letzte große Akt, dann bleiben nur noch ein paar Restarbeiten. Mitte Juni, schätzt Ralf Müller, wird alles fertig sein. „Dann sind die Organisten dran.“