Das Thema Abtreibung soll entkriminalisiert werden, sagt Oberbergs Grünen-Bundestagsabgeordnete Sabine Grützmacher.
„Abtreibung darf keine Straftat sein“Oberbergs Grünen-Abgeordnete tritt für Neuregelung des §218 ein
Der Deutsche Bundestag debattiert seit Donnerstag über eine Reform des Abtreibungsrechts. Im Vorfeld wurde ein Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht, der parteiübergreifend unterschrieben worden ist. So auch von der Gummersbacher Grünen-Abgeordneten Sabine Grützmacher.
Die Gruppe der Unterzeichner fordert, dass ein Schwangerschaftsabbruch bis zum Ende der zwölften Schwangerschaftswoche grundsätzlich nicht mehr rechtswidrig sein soll. Sie wollen das Thema entkriminalisieren, wie es auch am Donnerstag von Befürwortern der Gesetzesänderung im Bundestag hieß. Bleiben soll indes die Pflicht zur Beratung, allerdings ohne eine Wartepflicht zwischen Beratung und Abtreibung von drei Tagen. An einer Gesetzesänderung ist auch Sabine Grützmacher gelegen. Sie erhalte aktuell unglaublich viele Zuschriften, auch aus ihrem Wahlkreis, in denen sie in ihrem Engagement Bestätigung finde, wie sie beim Treffen mit dieser Zeitung berichtet.
Abtreibung: Immer wenige Ärzte können den Eingriff vornehmen
„Das größte Problem ist in unseren Augen, dass ein Schwangerschaftsabbruch nach wie vor im Strafgesetzbuch geregelt ist“, sagt Grützmacher. Immer mehr jüngere Ärzte könnten den entsprechenden Eingriff gar nicht mehr durchführen, was die ohnehin schon problematische Lage noch einmal verschärfe. Sie vermutet, dass viele Ärzte in Sorge darüber seien, mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen. Und im Rahmen der medizinischen Ausbildung gehöre der Eingriff auch nicht zum Lehrplan. Das habe dann zur Folge, dass 60 Prozent der Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen wollen, gar keinen direkten Zugang zu einem Mediziner hätten, der diesen Eingriff durchführen könne, erklärt Grützmacher. Und in 85 von 400 Kreisen bundesweit gebe es gar keine Versorgung. Nach Grützmachers Kenntnisstand auch im Oberbergischen nicht.
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Und die Hürden, die sich für Betroffene auftun, gehen weiter: „Die Frauen, die abbrechen wollen, müssen schauen, wie sie zu einem Mediziner kommen, der den Eingriff vornehmen kann. Vielfach haben die Betroffenen aber kein eigenes Auto und nach dem Eingriff selbst benötigen sie ein Auto und eine zweite Person, um wieder nach Hause zu kommen.“ Grützmacher denkt, dass die Zahl der Menschen, die den Schwangerschaftsabbruch nicht mehr im Strafgesetzbuch haben wollen, immer größer wird.
Schwangerschaftsabbruch: Frauen droht sogar die Verfolgung
Auch im Bundestag kommen die Befürworter im Grunde aus allen Fraktionen. „In den Reihen der FDP war das Interesse zur Zeit der Ampel hoch und ich hoffe weiterhin auf Zustimmung“, sagt die Gummersbacherin. Und sie sagt auch, dass der Gesetzesentwurf kein parteipolitisches, sondern ein feministisches Thema sei. Mit großem Unbehagen blickt die Bundestagsabgeordnete derweil ins europäische Ausland und in die USA. Dort würden Frauen, die abgetrieben hätten, regelrecht verfolgt. In Polen seien Arztpraxen von Abtreibungsgegner gestürmt worden, um an Patientendaten zu kommen. In den USA würden Frauen ihre Menstruations-Apps vom Handy löschen, um nicht getrackt zu werden.
Ob der Gesetzesentwurf eine Mehrheit bekommt, kann Sabine Grützmacher nicht abschätzen. „Wir haben derzeit 733 Abgeordnete, für eine Mehrheit brauchen wir 367 Stimmen und sind bei 328. Es braucht eine einfache Mehrheit, das heißt: Die Mehrheit sinkt, wenn einige Abgeordnete nicht anwesend sind. Gerade ist eher das Problem, dass die Aufsetzung auf die Tagesordnung anscheinend verzögert wird.“
Das sagt Carsten Brodesser von der CDU
Der oberbergische Bundestagsabgeordnete der CDU, Carsten Brodesser, findet weite Teile des Gesetzesentwurfs diskutabel. So auch die Übernahme der Kosten für einen Abbruch durch die Krankenkassen. Brodesser stört sich allerdings an einem Punkt – und hier geht es um den Wegfall der drei Tage zwischen einer Beratung und dem Abbruch der Schwangerschaft.
Dadurch werde der Abbruch deutlich erleichtert, das Kind zu bekommen oder nicht. Dabei seien diese drei Tage die einzige Chance des ungeborenen Lebens, die ihm mit der neuen Regelung weggenommen werde. „Und das finde ich traurig“, wie Brodesser gegenüber dieser Zeitung sagt. Ein Leben sollte man nicht einfach so preisgeben, findet der Christdemokrat.