Oberbergischer Kreis – Ausgerechnet am Montag sollte im Impfzentrum in Gummersbach die Zahl der Injektionen mit dem Vakzin von Astrazeneca erhöht werden. Deshalb wurde auch früher als zuvor mit den Astra-Impfungen begonnen, nämlich schon um 14 Uhr. „Aber dann kam nach zwei Stunden der Stopp“, berichtet der ärztliche Leiter Dr. Johannes Schlechtingen.
„In den letzten zwei Wochen haben wir in den ersten zwei, drei Stunden täglich vorwiegend Biontech verimpft, den Astrazeneca schwerpunktmäßig etwas später am Tag, insbesondere, weil die Astra-Impflinge überwiegend berufstätig sind.“ Es handelte sich dabei schwerpunktmäßig um Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher, vereinzelt aber auch um Ergotherapeuten, Physiotherapeuten, Psychotherapeuten und andere medizinische Berufsgruppen.
Das am Montagnachmittag verkündete vorläufige Aussetzen der Impfungen mit Astrazeneca hat auch im Impfzentrum die Abläufe durcheinandergebracht. Wie wirkt sich das organisatorisch auf das Impfzentrum in Gummersbach aus? „Wir haben jetzt eventuell ein bisschen zu viele Impfärzte und Medizinische Fachangestellte vor Ort, aber wir haben heute morgen entschieden, dass wir jetzt die Entwicklung der nächsten Tage abwarten“, erklärte Schlechtingen am Dienstag, „denn wir wissen nicht, wie schnell möglicherweise wieder geimpft wird – nicht, dass wir jetzt absagen und dann zu wenig Leute haben .“ Es werde aktuell vor Ort entschieden, wie viele Ärzte und Fachangestellte gebraucht würden.
Weil er die Entwicklung um die Impf-Empfehlung noch nicht kenne, will sich Schlechtingen auch nicht festlegen, wie viele Impfungen ausfallen werden. „Aber ich kann sagen: Heute fallen im Impfzentrum Gummersbach 500 aus“, so der ärztliche Leiter am Dienstag.
2000 Termine müssen storniert werden
Kreisgesundheitsdezernent Ralf Schmallenbach, zugleich der Leiter des Impfzentrums, sagt, dass die Telefonisten die 2000 bereits vereinbarten Termine zunächst stornieren müssen, um sie dann – bei einer eventuellen Freigabe, neu zu vergeben.
Im Impfzentrum Gummersbach, wo noch am Sonntag 780 Menschen geimpft werden konnten, gab es bis Montag getrennte Impfstraßen für Biontech- und Astrazeneca-Impfungen. Es wurde von Stunde zu Stunde geschaut, wie viele Impflinge für welchen Impfstoff erwartet wurden und entsprechend der aktuellen Lage wurden die Impfstraßen eingeteilt und gegebenenfalls kurzfristig „geswitcht“, so Schlechtingen.
Da in Gummersbach seit Montagnachmittag aber ausschließlich das Vakzin von Biontech verabreicht wird, werden nun alle Impfstraßen für Biontech geöffnet. Das dürfte die bisher ohnehin sehr kurzen Wartezeiten noch weiter verkürzen.Und was geschieht mit den Astrazeneca-Dosen, die jetzt in Gummersbach auf Lager liegen? „Die sind drei Monate haltbar und bleiben erst mal liegen“, sagt Schlechtingen, „aber alle hoffen, dass es schnell weiter geht.“
Dass sich an der Grundschule Lindlar-West am Montag gleich vier Lehrkräfte mit heftigen Impfnebenwirkungen krank gemeldet haben, überrascht Schlechtingen nicht. „Grippale Symptome als Nebenwirkung einer Impfung treten regelmäßig auf“, erklärt er, „das ist aber nicht abhängig von der Art des Impfstoffs.“
Der Anteil der Geimpften, die wegen der Nebenwirkungen am nächsten Tag nicht arbeiten können, liege durchschnittlich bei acht bis zehn Prozent. Weil sich jetzt die Impfungen von Lehrern und Erziehern verzögern, fürchtet auch Kreisgesundheitsdezernent Ralf Schmallenbach eine zusätzliche Infektionsgefahr in den Schulen.
Die meisten von ihnen warten noch auf die Corona-Tests für ihre Schüler. Treffen die nicht spätestens übermorgen ein, wird sich der Teil der Schülerschaft, der gerade in der Schule ist, wieder in den Distanzunterricht verabschieden.
Noch keine Antwort auf die Forderung nach Aussetzen des Präsenzunterrichts
Nach wie vor warten die heimischen Gymnasien und Gesamtschulen zu Wochenbeginn auf eine erneute Reaktion aus Düsseldorf auf ihre Forderung, den Präsenzunterricht bis Ostern auszusetzen und wegen des erhöhten Infektionsrisikos in den Schulen nur die Abschlussjahrgänge und -prüflinge in Präsenz zu unterrichten. Das hatte die Landesregierung bereits am Freitag abgelehnt.
Doch nicht alle hielten sich an das Verbot. Die Leitung des kreiseigenen Berufskollegs Wipperfürth/Wermelskirchen ignorierte die Weisung und unterrichtete weiterhin nur Prüflinge und Vollzeitschüler – in Absprache mit den Kreisverwaltungen Oberbergs und Rhein-Bergs, wie es heißt.
Die Inzidenz von knapp 120 ist für den Kreis kein Anlass, die Coronaschutz-Maßnahmen zu verschärfen, was er eigentlich schon längst hätte tun müssen. Eine entsprechende Anfrage am Dienstag blieb unbeantwortet. Der Kreis habe seit Weihnachten auf die jeweilige Pandemielage reagiert, hieß es lediglich.