Bei der Flutkatastrophe im Juli 2021 im Westen Deutschlands kommen allein in Rheinland-Pfalz mindestens 135 Menschen ums Leben – 134 im Ahrtal und ein Mann in der Eifel. Zwei Menschen werden noch vermisst. In Nordrhein-Westfalen sterben bei Hochwasser nach extremem Starkregen 49 Menschen; mit 180 Städten und Gemeinden ist fast die Hälfte der Kommunen betroffen. Eine Chronologie der Ereignisse:
11. Juli
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnt am Vormittag vor extremem Starkregen mit bis zu 200 Litern Regen pro Quadratmeter innerhalb von 60 Stunden. Eine genaue Vorhersage, wo die riesigen Mengen niedergehen werden, ist nicht möglich.
14. Juli
Der Pegelstand der Ahr steigt. Der Kreis Ahrweiler im Norden von Rheinland-Pfalz ruft die zweithöchste Alarmstufe aus, 23 Minuten zuvor hatte das Landesumweltamt schon die höchste Warnstufe ausgerufen. Der Landrat von Ahrweiler, Jürgen Pföhler, und der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz besuchen die Einsatzzentrale des Krisenstabs in der Kreisbehörde. Anschließend verlassen sie den Krisenstab und kehren nicht mehr zurück. Am späten Abend empfiehlt der Kreis Ahrweiler eine Evakuierung der Häuser in Gebieten an der Ahr. In NRW gehen an dem Tag zahlreiche Notrufe ein, Hänge rutschen weg. Immer mehr Kommunen sind betroffen, größere Evakuierungen beginnen. Zwei Feuerwehrmänner ertrinken bei Einsätzen.
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15. Juli
Im Ahrtal kommt es zu dramatischen Szenen, die Wassermassen reißen ganze Häuser mit, Menschen flüchten verzweifelt auf Dächer. Die Polizei spricht nachmittags von etwa 18 Toten im Raum Bad Neuenahr-Ahrweiler, die Zahl steigt. Auch in NRW verwandeln sich Flüsse und Bäche in reißende Ströme. Immer mehr Opfer werden entdeckt, am Abend geht man von mindesten 30 Toten aus. Teile des Bahnverkehrs werden eingestellt, auch viele Straßen gesperrt. Mancherorts bricht die Stromversorgung zusammen. Das Leverkusener Klinikum wird geräumt. Die Bundeswehr hilft mit Panzern und Hubschraubern. Mehrere Kreise rufen den Katastrophenfall aus.
17. Juli
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) lacht während einer Rede des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier in Erftstadt. Ein fataler Fehler, der als Mitgrund für seine spätere Niederlage als CDU-Kanzlerkandidat bei der Bundestagswahl gilt.
Trauer am Jahrestag
In Trauer vereint haben die Menschen in Rheinland-Pfalz und NRW am ersten Jahrestag der Hochwasserkatastrophe den insgesamt mehr als 180 Flutopfern gedacht. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kam am Donnerstag zunächst in das im Juli 2021 schwer getroffene Ahrtal. In Begleitung der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sprach er beim Besuch einer wiederaufgebauten Weinstube im teilzerstörten Winzerdorf Altenahr mit Betroffenen, Helfern und Kommunalpolitikern. Anschließend wollte Steinmeier in Euskirchen in Nordrhein-Westfalen an einem Gedenkgottesdienst für die dortigen Flutopfer teilnehmen.
Anlässlich des ersten Jahrestages der Katastrophe mahnte der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Ralph Tiesler, an, Deutschland müsse krisenfester werden – mit einer besseren Organisation und Warnung sowie sensibilisierten Bürgern. „Wir müssen uns besser vorbereiten“, sagte er im ZDF-„Morgenmagazin“. Die Krisenvorsorge müsse auch bei jedem Einzelnen optimiert werden. Wichtig sei eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Akteuren und der Ausbau des Warnsystems, betonte Tiesler. „Wir haben ein Sirenen-Förderprogramm beispielsweise aufgelegt, wir wollen den Warnmix verschiedener Warnmittel ausbauen (...), damit eben eine Warnung effektiver bei den Menschen ankommen kann.“ (dpa)
20. Juli
Kanzlerin Merkel (CDU) zeigt sich tief erschüttert beim Besuch des Katastrophengebiets in Bad Münstereifel im Süden von NRW.
6. August
Die Staatsanwaltschaft Koblenz gibt bekannt, dass sie gegen Landrat Pföhler ermittelt. Es geht um den Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung und Körperverletzung durch Unterlassen.
1. Oktober
Die politische Aufarbeitung der Flutkatastrophe beginnt mit der ersten Sitzung des Landtagsuntersuchungsausschusses in Mainz. Das Gremium soll auch mögliches Behördenversagen aufdecken.
27. Oktober
Eine Enquete-Kommission des Landtags nimmt die Arbeit auf. Sie soll Gründe, Ablauf und Folgen des verheerenden Hochwassers analysieren und Empfehlungen für einen besseren Katastrophenschutz, aber auch für Anpassungen an den Klimawandel erarbeiten.
31. Oktober
Landrat Pföhler wird in den Ruhestand versetzt. Nach der Flutkatastrophe hatte er sich zunächst krankschreiben lassen und dann einen Antrag auf dauerhafte Dienstunfähigkeit gestellt. Einen Rücktritt hatte er abgelehnt.
11. April 2022
Die Grünen-Politikerin Anne Spiegel tritt als Bundesfamilienministerin zurück. Zum Zeitpunkt der Flutkatastrophe war sie Umweltministerin in Rheinland-Pfalz. Sie stand unter anderem wegen eines längeren Familienurlaubs in der Kritik, den sie zehn Tage nach der Flut angetreten hatte, was erst Monate später bekannt wurde. (dpa)