LeverkusenSchlebuscher Künstler modelliert Skulpturen für den Garten der Kanzlerin
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Die Tonfiguren von Richard Bausewein sind nicht nur in der Stadt zu finden – Öffentliche Schau zur Kunstnacht
Leverkusen-Schlebusch – Mit geduldigen Blicken beobachten die Tonfiguren im Skulpturengarten in Schlebusch ihre Betrachter. Hunderte Büsten zieren die Gartenlandschaft, stehen gesellig beieinander und doch sticht jede für sich heraus. Efeu rankt sich um die Figuren und verleiht dem Garten etwas wildes, als würden die Skulpturen aus dem Boden wachsen und hinter jedem Busch ein Geheimnis lauern.
Der Mann hinter dem Schaffensprozess der Skulpturen ist Richard Bausewein, der in Wiesdorf geboren wurde, zum studieren fortging und wiederkam, um sich hier künstlerisch auszuleben. „Ich habe im naturwissenschaftlichen Bereich gearbeitet“, erzählt er. „Aber ich habe festgestellt, dass das nichts für mich ist. Dann probierte ich zu singen und zu musizieren, aber irgendwie war das alles nicht das Richtige.“ An einem Punkt entsann er sich, dass ihm in der Schule immer Modellieren und Zeichnen lag. „Daraufhin bin ich an die Kunstakademie in München gegangen und habe dort bei einem Professor für Bildhauerei gelernt.“
30 Jahre lang lebt und arbeitet Bausewein in München, schließlich zieht es ihn aber wieder zurück in die Heimat. Die Münchener Nachbarschaft stehe seiner Kunst um einiges kritischer gegenüber, als die Leverkusener. „Wenn man nicht gerade Picasso ist, hat man es dort schwer“, bedauert Bausewein. In Schlebusch seien die Leute sehr aufgeschlossen, tolerant und interessiert, vor allem die Jüngeren, sagt er.
Der Stil von Bauseweins Tonskulpturen ist geerdet und die Figuren sind simpel gehalten, wenig aufregend – aber das sollen sie auch nicht sein.
Frostsichere Kunstwerke
Der Ton wird bei so hohen Temperaturen gebrannt, dass die Figuren bei jedem Wetter draußen stehen können und frostsicher sind. Das steht im Einklang mit der Arbeitsweise des Künstlers, denn Bausewein arbeitet bei Wind und Wetter draußen, auch im Winter, betont er. „Die Arbeit mit Ton macht viel Schmutz und Dreck und das möchte man nicht gerne im Haus haben. Außerdem sind die Lichtverhältnisse hier im Garten viel besser“, begründet er die Entscheidung, seinen Garten gleichzeitig zu seinem Atelier zu machen.
Etwa 20 bis 30 Stunden Arbeit stecken in einer Büste, besonders aufwendig seien aber die Abbildungen von Liebespaaren, in denen zwei Menschen miteinander verbunden sind. Die Figuren und Gesichter sind frei modelliert. „Mich interessiert zunächst das Gestalterische. Symmetrie ist mir sehr wichtig“, erklärt Bausewein sein Vorgehen. „Der Betrachter soll kein fieses Gefühl bekommen, wenn er meine Büsten anschaut.“
Die Inspiration zu seiner Kunst findet er auf Kulturreisen. Erst vor kurzem sei er in Wien gewesen, was ihn als Stadt und vom Kulturellen und Künstlerischen sehr beeindruckt habe. Bei seinen Reisen schaue er sich vornehmlich Kunst an, besucht Vorträge und Ausstellungen und versucht mit den Menschen ins Gespräch zu kommen.
In der deutschen Kunstwelt ist Richard Bausewein nicht unbekannt. Seine Skulpturen stehen unter anderem in den Botanischen Gärten der Bonner Universität, an der Europäischen Fachhochschule in Brühl und im Ministerium für Bauen und Verkehr in Düsseldorf.
Natürlich zieren die Tonfiguren auch einige Orte in Leverkusen, zu denen das Alte Rathaus in Schlebusch, das Saunaparkgelände des Calevornia und die Räumlichkeiten vor dem Ratssaal in Wiesdorf zählen. Fast beiläufig erzählt der Künstler im Gespräch, dass seine Skulpturen zudem im Garten des Bundeskanzleramts stehen und seit letztem Herbst auch im Bundesjustizministerium. Alle Skulpturen, die seinen Garten verlassen, sind Dauerleihgaben. Die gesamte Sammlung wurde einer öffentlichen Stiftung versprochen, was an bestimmte Auflagen geknüpft ist, daher werden die Figuren nicht verkauft.
Eine Lieblingsbüste hat Bausewein nicht. „Ich liebe sie alle“, sagt er lachend. Trotzdem hat er vor fünf Jahren mit seinen Tonskulpturen aufgehört. Seitdem experimentiert er mit Metallgebilden, die in seinem Garten neben den Tonskulpturen stehen. „Konstruktive Plastik“ nennt er das und ist ein starker Kontrast zu den freundlichen, bodenständigen Tonfiguren. Auf die Frage nach dem Warum antwortet er: „Ich muss selber testen, wann ich befriedet bin und ob meine Neugier schon erloschen ist. Ich möchte vieles ausprobieren.“
Das Ausprobieren, sich fallen lassen und auf die innere Stimme hören, sei mittlerweile etwas, das vor allem vielen jüngeren Menschen fremd ist, findet Bausewein. „Man muss auch einfach mal dem Herzen folgen“, ist der Rat, den er allen auf den Weg geben würde. Deshalb freue er sich auch immer, wenn sich Menschen an ihn wenden, die nicht weiter wissen mit ihrem Studium und ihrer Zukunft. „Ich kann dieses Gefühl sehr gut nachvollziehen, mir ging es ja früher auch so“, sagt er.
Für alle Interessierten öffnet Richard Bausewein auch dieses Jahr seinen Garten zur Leverkusener Kunstnacht am 5. Oktober.