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Nach seiner AussageWarum ein Zeuge vor Gericht 3000 Euro vom Angeklagten erhielt

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Ein Spezialeinsatzkommando verhinderte Ende Juli mit seinem Zugriff in Schlebusch einen weiteren Überfall.

  1. Überraschung im Landgericht: Im Prozess gegen eine Bande, die 2016 ein Leichlinger Ehepaar überfallen hat und außerdem einen weiteren Raub plante, ging es am Freitag weiter.
  2. Der Geldkurier, der ausgeraubt werden sollte, machte seine Aussage.
  3. Als er fertig war, stand einer der Angeklagten auf und zahlte ihm 3000 Euro in bar. Warum, erfahren Sie bei uns.

Köln/Leverkusen – Ein Mann betritt einen Gerichtssaal, wird belehrt und macht eine Aussage. Bis hierhin nichts Ungewöhnliches. Dass dieser Mann am Ende dann mit 3 000 Euro in bar aus dem Gerichtssaal geht, ist allerdings alles andere als üblich. Und dennoch ist das Andreas K. (Name geändert) am Freitag passiert.

Der 42-Jährige spielt im Prozess gegen drei Angeklagte, die im Juli 2016 einen Supermarkt-Geldkurier überfallen wollten, eine wesentliche Rolle. Denn er ist eben dieser Geldkurier. Wenige Wochen vorher hatte die Bande ein älteres Leichlinger Ehepaar brutal überfallen.

Mitarbeiter gab Tipp

Schon zu Beginn seines Termins im Landgericht Köln hatte Andreas K. Glück. Denn er war bereits für Mittwoch als Zeuge geladen, war aber nicht erschienen. Er habe den Termin „verschwitzt“. Von einem Ordnungsgeld sah der Richter ab. Dann fing K. seine Aussage an. Zum Zeitpunkt des geplanten Überfalls sei er stellvertretender Leiter in der Supermarktfiliale gewesen, die ins Visier der Bande geraten war. Den Tipp gegeben hatte offenbar eine weitere Führungsperson aus dem Supermarkt. Diese Person soll auch Informationen darüber weitergegeben haben, wann wer aus der Filiale das Geld zur Bank brachte und wie viel zu erbeuten war.

Dass es die Bande auf einen Überfall am Montag abgesehen hatte, war kein Zufall. „Da gibt es Einnahmen von zwei Tagen, nämlich Freitag und Samstag“, sagte der Zeuge. Zwischen 20 000 und 40 000 Euro sollen in der Regel zusammenkommen, je nach Geschäft. Das Geld werde in einem „Safebag“ verstaut und mit einem Jutebeutel zur Bank gebracht. „In der Regel habe das zu 90 Prozent ich gemacht“, sagte K., dessen korpulente Statur ihn möglicherweise zu einem interessanten Ziel machte, weil er die Täter vermeintlich schlechter verfolgen könnte – so hatte er den Eindruck. Der Überfall ist letztlich nicht zu Stande gekommen, da das Sondereinsatzkommando rechtzeitig eingegriffen und die Bande am Bahnhof in Leverkusen Schlebusch festgenommen hatte.

Schwere Folgen für den Geldkurier

Und dennoch hatte er für Andreas K. gravierende Folgen. Denn seinen damaligen Job im Supermarkt ist er nun los. Er habe erst von der Polizei erfahren, was eigentlich geschehen sollte. Sein Arbeitgeber habe ihm nichts gesagt. Als K. dann um eine zweitägige Pause bat, um alles verarbeiten zu können, sei er entlassen worden. Zwar habe ihm der Gang vor das Arbeitsgericht noch Recht und eine Abfindung gebracht – eine neue Anstellung habe er sich aber trotzdem suchen müssen. Inzwischen sei er damit aber erfolgreich gewesen.

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Auch psychisch sei der Vorfall für Andreas K. nicht ohne Folgen geblieben. Zwar leide er nicht an Panikattacken oder Ähnlichem, eine gewisse Angst sei in den Folgewochen aber da gewesen. „Man hat sich lieber drei-, viermal mehr umgedreht“, sagte er. Als die Vernehmung des ehemaligen stellvertretenden Supermarktleiters dann vorbei war, kam es zur eigentlichen Überraschung. Einer der Angeklagten ergriff das Wort, entschuldigte sich ausgiebig, stand auf und gab Andreas K. als Entschädigung 3 000 Euro in bar.

Neben K. ist am Montag auch eine Polizistin verhört worden, die ihre Version der Abläufe schilderte. Weiterhin wurden aufgezeichnete Telefongespräche der Angeklagten angehört.