Leverkusen – Trotz guter Vorbereitung und jahrzehntelanger Routine kann etwas schiefgehen beim Bau. Das zeigt die Ferngasleitung, die das Essener Unternehmen Open Grid Europe gerade um die Stadt zieht. Beim Durchstich unter der A 3 und der L 288 nebenan ist das Erdreich abgesackt. Die Folgen spüren Autofahrer seit nunmehr zweieinhalb Wochen.
Und es ist überhaupt nicht abzusehen, wann die beiden rechten Spuren wieder freigegeben und das Tempolimit auf 40 Stundenkilometer aufgehoben werden kann. „Einen Zeitplan können wir noch nicht nennen“, sagte am Freitag Sebastian Bauer. Die Autobahn-GmbH prüfe gerade mit einem Gutachter und dem Gasleitungsbauer, ob die Bruchstellen und Hohlräume unter der Fernstraße provisorisch verfüllt werden können. „Das ist dann so eine Art Ersatzvornahme“, sagte der Sprecher der Kölner Filiale der Autobahn-GmbH.
Genau das fordert Leser Karl Wilhelm Bergfeld. Der Bauingenieur fragt sich: „Warum werden die Hohlräume nicht schnellstens verpresst, damit der Verkehr wieder reibungslos fließen kann?“ Das könne geschehen, ohne dass die Schuldfrage restlos geklärt sei. Allerdings sei auch die provisorische Füllung der Hohlräume unter der A 3 noch keine Garantie dafür, dass Teilsperrung und Tempolimit aufgehoben werden können, so Autobahn-Sprecher Bauer. Klar sei, dass nicht nur der Untergrund verfestigt, sondern auch die Fahrbahn der A 3 saniert werden muss.
Unterdessen verfolgt Open Grid seine Pipeline-Planung weiter. Nächste Woche werden in und um Paffrath 13 000 Handzettel in die Briefkästen geworfen, auf denen das Unternehmen erklärt, was in den kommenden zehn Monaten unter anderem im Wald passiert. Zwischen der Bensberger Straße auf der Leverkusener Seite und Neudiepeschrath müssen Wege insgesamt bis zu drei Monate für den Bau der Ferngasleitung in Beschlag genommen werden.
Neue Technik für Deutschland
Dabei setze sein Unternehmen erstmals in Deutschland mit „Pipe Express“ ein Verfahren ein, das sich zum Beispiel in Schweden bewährt habe und weniger Fläche in Anspruch nehme, sagte am Freitag John Abert, Technischer Leiter des Pipeline-Baus rund um die Stadt. Dabei werden zunächst mehr als ein Dutzend der jeweils 17,3 Meter langen Gasrohre an der Baustelle verschweißt, dann werden sie mit Hilfe einer Schubeinheit unter die Erde gebracht. Den dafür nötigen Platz schafft eine Fräse, die das Erdreich zutage befördert, bevor es über ein Förderband entweder direkt wieder in den gerade aufgeworfenen Graben geworfen oder daneben abgelegt wird.
Bestechend an „Pipe Express“ seien die hohe Geschwindigkeit und der deutlich geringere Flächenverbrauch, sagte Abert. Die eigentliche Verlegung des Rohrs dauere rund eine Woche, der geringe Platzbedarf bedeute, dass viel weniger Bäume gefällt werden müssen. Allerdings lasse sich das die Umwelt am meisten schonende Verfahren nicht überall anwenden. Südlich der Bensberger Straße zum Beispiel wird die Hochdruck-Gasleitung in offener Bauweise verlegt.
Mit dem besonders kritischen Abschnitt unmittelbar neben der Waldschule werde sich Open Grid Europe übrigens erst in mehr als einem Jahr befassen, so Abert. Deshalb werde dort auch der Wald noch in Ruhe gelassen. Die Pipeline – die letzten Änderungen an ihrer Planung wurden erst Anfang der Woche von der Bezirksregierung genehmigt – soll Ende 2022 in der Erde liegen, die Rekultivierung längs der Trasse zieht sich aus heutiger Sicht bis ins darauf folgende Frühjahr. Wie lange es dauert, bis die Folgen des mutmaßlichen Bohr-Unfalls an der Autobahn 3 geheilt sind, muss sich noch herausstellen.