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Kriminalität im Kreis EuskirchenWeniger Straftaten, doch die Unsicherheit bleibt

Lesezeit 5 Minuten

Angstraum: Beim Gang durch die Unterführung am Euskirchener Bahnhof ist das mulmige Gefühl vor allem abends dabei.

Euskirchen – Die Polizeistatistik ist eindeutig. Die Kriminalität im Kreis Euskirchen geht zurück. 10.830 Straftaten registrierte die Polizei 2017 im Kreis. 46,1 Prozent aller Straftaten ereignen sich in Euskirchen – beides sind rückläufige Zahlen, wie der Abteilungsleiter der Euskirchener Polizei, Christian Außem, berichtet.

Doch den harten Zahlen steht eine gefühlte Wahrheit gegenüber. Nicht wenige Euskirchener fühlen sich in der Kreisstadt unsicher – gerade abends. Dennoch sagen sowohl Außem als auch Sacha Reichelt, Chef des Euskirchener Ordnungsamtes, dass es in der Kreisstadt keine Angsträume oder gar No-go-Areas gebe.

„Der Bahnhof war und ist ein Problem“, gibt Außem zu. Gerade in diesem Bereich sei das subjektive Angstgefühl besonders ausgeprägt. „Auch meine Frau meidet den Bahnhof, wenn es dunkel ist. Ich kann nachvollziehen, dass sich Frauen und ältere Menschen dort unwohl fühlen“, sagt der Euskirchener Polizeichef.

Und genau das tun die Euskirchener. „Abends ist mir der Bahnhof unheimlich. Sicher fühle ich mich da nicht“,

sagt Ruth Brobach beispielsweise. Die 22-jährige Anna Lohsem ergänzt: „Tagsüber ist der Bahnhof auch nicht gerade einladend, aber in den Abendstunden ein gefährliches Abenteuer. Ich fahre lieber mit dem Taxi ein paar Meter, als zu Fuß zur Roitzheimer Straße zu gehen.“ Rentnerin Elisabeth Zimmermann sagt: „Für ältere Menschen ist der Bahnhof definitiv ein Angstraum. Ich fürchte mich dort.“

Negativbeispiele bleiben im Kopf

Laut Polizeistatistik gibt es dazu aber keinen belegbaren Grund. Zwischen Juni 2017 und Juni 2018 habe es im gesamten Stadtgebiet elf Raubüberfälle gegeben – vier davon im Bereich des Bahnhofs, berichtet Außem: „Den Menschen bleibt immer das eine Negativbeispiel im Kopf.“ Es sei unheimlich schwierig, dagegen zu argumentieren.

„Täglich sterben im Straßenverkehr Menschen, trotzdem fährt jeder Auto. Am Euskirchener Bahnhof ist noch niemand zu Tode gekommen, trotzdem haben alle Angst vor dem Areal, weil man immer wieder Schauergeschichten hört“, sagt er – gibt aber zu: „Wir gehen davon aus, dass die Dunkelziffer höher ist, weil das ,Abziehen’ unter Jugendlichen verbreitet ist, die es aber nicht zur Anzeige bringen“, so der Experte.

Mehr Frauen zeigen Sexualstraftaten an

Im Bereich des Bahnhofs sei es im vergangenen Jahr zu vier sexuellen Belästigungen gekommen. „Diese Taten haben statistisch gesehen zugenommen, was aber auch am veränderten Anzeigeverhalten der Frauen liegt“, berichtet Außem.

Parkhäuser sind für manche Frauen Angsträume.

Die Euskirchener Polizeibeamten wollen sich verstärkt dem Bereich des Bahnhofs – vor allem der Fußgänger-Unterführung – annehmen, versprach Außem. Unterstützung sei ihm bereits von den Kollegen der Bundespolizei zugesichert worden. Problem sei, dass die Unterführung in die Zuständigkeit der DB Sicherheit falle, nur der Bahnhofsvorplatz und der Parkplatz in die der Polizei.

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Der Klostergarten zwischen City-Forum und Galeria hat die Polizei nach eigener Aussage schon länger im Blick. Im Mai 2016 schlugen 75 Polizisten zu und nahmen bei einer Großrazzia mehrere Tatverdächtige fest. Der Bereich hatte sich, so Außem, als Drogenumschlagplatz etabliert. Nachdem die Beamten dort verstärkt Präsenz gezeigt hätten, habe sich die Szene in den Ruhrpark verlagert. Zuletzt seien wieder verstärkt Aktivitäten im Klostergarten von den Beamten registriert worden.

Angstraum Klostergarten

„Ich glaube, dass ich nicht zu viel verrate, dass wir den Bereich bald noch mal ganz genau unter die Lupe nehmen“, so Außem. Ein Angstraum sei der Klostergarten aber nicht. Torsten Klinkhammer widerspricht: „Abends halten sich dort fragwürdige Gestalten auf. Es gibt dort zahlreiche dunkle Ecken.“ Dort müsse personell stärkere Präsenz gezeigt werden, so der Euskirchener.

„Am Viehplätzen ereignen sich einige Straftaten, aber nicht im öffentlichen Raum“, sagt Außem. Hinter den Fassaden, so der Chef der Euskirchener Polizei, würden vor allem „Drogengeschäfte und andere Straftaten im halbseidenen Bereich“ abgewickelt. Ein Angstraum sei der Bereich zwischen Kapellen-, Bischofstraße und Rüdesheimer Torwall deshalb nicht. Daran änderten Außem zufolge auch die Personen nichts, die sich gerne vor dem Kiosk aufhalten und Alkohol in größeren Mengen konsumieren. „Doch“, sagt Birgit Münch. Die junge Mutter habe ein mulmiges Gefühl, sobald sie die Kapellenstraße betrete: „Dann bin ich sofort in Alarmstimmung.“

Die städtebauliche Aufwertung habe dem Viehplätzchen gutgetan, heißt es von der Polizei. Einige Euskirchener sehen das anders.

Um das Viertel attraktiver zu machen, müsse sich die Wohnstruktur ändern, erläutert Außem. Die architektonische Veränderung habe dem Areal bereits gut getan. Das sieht auch Sacha Reichelt, Leiter des Euskirchener Ordnungsamts, so: „Wir sind der Meinung, dass die Straße, so wie sie sich jetzt darstellt, dazu beiträgt, dass sich eine gehobenere Schicht ansiedeln könnte.“ Die Verwaltung finde das Viehplätzchen, das Straßenpflaster und die offene Gestaltung schön, so Reichelt: „Das Areal ist genau das Gegenteil eines Angstraums.“

Der Alkoholkonsum im Bereich des Viehplätzchen sei kritisch, die Schließung des Kiosks würde das Problem aber nur örtlich verlagern, so der Ordnungsamt-Chef: „Wir können nicht verbieten, dass Bier auf der Straße getrunken wird. Das ist keine Straftat.“ Man müsse Angebote für das Klientel anbieten und die Prävention verstärken. Da sei auch die Politik gefordert, so Außem.

„Wenn ich abends durch die Fußgängerzone gehe, habe ich ein komisches Gefühl. Gerade Gruppen mit zahlreichen Jugendlichen machen mir Angst“, berichtet die 27-jährige Sina Breuer.

Polizeichef Außem hält dagegen:

„In Euskirchen muss niemand Angst haben, auf die Straße zu gehen. Von Verhältnissen wie am Kölner Ebertplatz sind wir weit entfernt.“

Reichelt gibt zu, dass die Fußgängerzone nach Ladenschluss schnell leer sei. „Früher gab es mehr Kneipen. Da war abends noch mehr los. Wo etwas los ist, halten sich zwielichtige Gestalten nicht auf. Hier sind alle gefordert“, so der Fachbereichsleiter.

Unsicherheitsgefühl im Parkhaus

Ein Gewaltverbrechen in einem der Euskirchener Parkhaus verzeichnete die Polizei im vergangenen Jahr nicht. Dennoch fühlt sich Britta von Sturm unwohl, wenn sie in den Abendstunden beispielsweise vom Kino zu ihrem Auto geht.

Nach Ladenschluss ist die Fußgängerzone schnell menschenleer. Bei den Euskirchenern trägt das nicht zum positiven Sicherheitsgefühl bei.

Das liege auch daran, dass man nach der Abendvorstellung durch die Außentreppe das Kino in Richtung Klostergarten verlassen müssen. „Es sind nur ein paar Schritte, trotzdem habe ich das Gefühl, dass Euskirchen mal sicherer war.“ Euskirchens Polizeichef hält dagegen: „Es ist ist nicht so, wie es sich anfühlt.“