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BundestagswahlChristian Schubert tritt im Kreis Euskirchen für die Grünen an

Lesezeit 5 Minuten
Ein Porträt von Christian Schubert, dem Kandidaten von Bündnis 90/Die Grünen für die Bundestagswahl.

Der erste Einzug von Donald Trump ins Weiße Haus hat Christian Schubert bewegt, sich politisch zu engagieren.

Am 23. Februar dürfen im Wahlkreis 91 (Kreis Euskirchen, Brühl, Erftstadt und Wesseling) 248.603 Menschen ihr Kreuz machen. Neun Kandidaten stehen zur Wahl. Wir stellen sie vor. Heute: Christian Schubert von den Grünen.

Wann haben Sie begonnen, sich für Politik zu interessieren? Gab es eine Initialzündung?

Das war 2016 zur US-Wahl, in der sich am Ende Donald Trump gegen Hillary Clinton durchgesetzt hat. Eine Schulfahrt zur Gedenkstätte in Auschwitz im Jahr 2018 hat mich dann endgültig dazu motiviert, mich politisch zu engagieren. Die Berge an Haaren und Schuhen der Ermordeten haben sich tief in meinen Kopf eingebrannt. Auch ein Gespräch mit dem mittlerweile verstorbenen Holocaust-Überlebenden Karol Tendera hat mir verdeutlicht, dass unsere Demokratie keine Selbstverständlichkeit ist und Tag für Tag durch Engagement belebt werden muss. Ich habe mir dann ein Jahr Zeit genommen, mich intensiv über alle demokratischen Parteien zu informieren.

Welches politische Ereignis hat Sie in den vergangenen Jahren am meisten bewegt/berührt?

Die Flutkatastrophe im Juli 2021. Menschen sind gestorben, die materiellen Schäden sind immens, und noch heute werden viele nervös, wenn es tagelang regnet und die Pegel der Flüsse immer weiter steigen. Egal, welchen Bereich wir uns anschauen, wir waren nicht auf ein solches Ereignis vorbereitet. Seitdem wurden zwar viele Schritte, gerade im Katastrophenschutz, unternommen, doch die Prozesse hin zu mehr Hochwasserschutz dauern zu lange. Ich setze mich dafür ein, dass Hochwasserschutzmaßnahmen als überragendes öffentliches Interesse eingestuft werden, um Planungs- und Umsetzungszeiträume deutlich zu verkürzen. Beim Klimaschutz dürfen wir nicht zurückfallen.

Wenn ich trotzdem etwas Positives aus der Katastrophe ziehe, dann ist es der Zusammenhalt der Menschen. Einsatzkräfte, freiwillig Helfende und insbesondere Landwirtinnen und Landwirte haben Außerordentliches geleistet. Wir haben uns in dieser Krisenzeit nachbarschaftlich untergehakt. Von dem Zusammenhalt brauchen wir mehr.

Was ist die größte Baustelle im Kreis Euskirchen?

Zum einen die finanzielle Lage der Kommunen: Sie führt dazu, dass in den kommenden Jahren Steuern und Gebühren steigen, während gleichzeitig lokale Angebote zusammengespart werden. Davon betroffen sind Kitas, Schulen, die Jugendarbeit, Kultur und Integration. Zum anderen kommen wir beim Hochwasserschutz nicht schnell genug voran. Es braucht mehr finanzielle Mittel und die Einstufung von Hochwasserschutzmaßnahmen als überragendes öffentliches Interesse, um Verfahren deutlich zu beschleunigen.

Warum sollten die Menschen im Wahlkreis 91 Sie wählen?

Bei mir stehen die Städte und Gemeinden vor Ort an erster Stelle. Sie haben in Berlin nicht die Priorität, die sie haben sollten. Mein Motto lautet „Mehr Geld vor Ort“ und dafür setze ich mich mit Leidenschaft und Tatkraft ein. Zwar ziehe ich den Altersschnitt nach unten, aber ich bin Teil einer neuen Generation, die pragmatisch nach Lösungen sucht und kein Phrasendreschen mehr hören kann. Ich möchte ihr verbindlicher Ansprechpartner vor Ort sein.

Warum ist der Kreis Euskirchen lebenswert?

Der Kreis Euskirchen zeichnet sich durch malerische Innenstädte und eine einzigartige Natur aus – doch entscheidend sind die Menschen. Wir packen an, schätzen Ehrenamt wert, sind mit unserer rheinländischen Art herzlich und wollen „maache statt schwaade“. Das macht meine Heimatregion aus, und hier fühle ich mich zuhause.

Was wollen Sie als Abgeordneter in Berlin für den Kreis Euskirchen erreichen?

Es braucht in Berlin endlich jemanden, der die Kommunen vor Ort an erste Stelle setzt. Sie sind strukturell unterfinanziert – deutlich über zehn Milliarden Euro allein im Jahr 2024. Die Prognosen sehen immer schlechter aus. Das führt dazu, dass lokale Angebote im Bereich Jugend, Soziales, Bildung, Kultur oder Mobilität zusammengespart werden, während gleichzeitig Gebühren und Steuern massiv steigen und noch stärker steigen werden. Wichtige Investitionsprojekte in den Kommunen werden auf die lange Bank geschoben, da sie kaum finanzierbar sind. Es geht um Kitas, Schulen, Offenen Ganztag, Bäder, die Feuerwehr, Digitalisierung, Wohnraum und Mobilität. Daher setze ich mich für mehr Geld vor Ort ein. Wir müssen die Unterfinanzierung beenden, um die Handlungsfähigkeit der Kommunen sicherzustellen.

Wer ist besser als Kanzler geeignet: Merz oder Scholz?

Ich bin froh, dass es mit Robert Habeck eine dritte Auswahlmöglichkeit gibt. Friedrich Merz' gescheitertes Vorgehen um das Zustrombegrenzungsgesetz hat gezeigt: Auf sein Wort ist kein Verlass. Sein Vorgehen ist entweder damit zu erklären, dass er unüberlegt und impulsiv gehandelt hat, oder damit, dass er sich in einer politischen Strategie massiv verzockt hat. Beide Erklärungen sprechen gegen seine Eignung.

An Olaf Scholz habe ich viel Kritik. Er hat die Ampel nicht geführt, hat sich für die Bekämpfung von Kinderarmut nicht so eingesetzt, wie ich es von einem Sozialdemokraten erwarten würde. Mir fehlt Selbstkritik und sein außenpolitischer Schlingerkurs verunsichert europäische Partner. Doch der eine nimmt Mehrheiten mit Verfassungsfeinden in Kauf und der andere nicht. Daher ist die Antwort auf Ihre Frage: Scholz.

Welchem Ihrer Mitbewerber würden Sie den Einzug ins Parlament gönnen und fachlich zutrauen?

Andrea Kanonenberg. Auch bei ihr stehen Kommunen an erster Stelle, sie ist konsequent in der Außenpolitik und kämpft für soziale Gerechtigkeit. Sie interessiert sich für die Menschen, hört ihnen aufmerksam zu und bezieht das in ihre Positionen ein. Ihre ruhige, sachliche Art tut jeder männerdominierten Diskussion gut. Zieht sie in den Bundestag ein, können sich alle darauf verlassen, dass sie Mehrheiten und Konsens in der demokratischen Mitte sucht.

Das Abstimmungsverhalten von Detlef Seif und Markus Herbrand zeigt, bei allem Respekt für ihre parlamentarische Arbeit, dass auf sie in dieser Frage kein Verlass ist.

Mit welchem Politiker/welcher Politikerin würden Sie niemals ein Bier trinken gehen?

Bei Markus Söder könnte ich es mir schwer vorstellen. Zum einen würde er mich unter den Tisch trinken und zum anderen möchte ich bei einem Bier nicht nur politisch sprechen. Markus Söder schafft es kaum zwei Sätze zu sagen, ohne dass „Robert Habeck“ oder „Die Grünen“ fällt, um von seinen eigenen Verantwortlichkeiten abzulenken. Daher wäre das für uns beide kein schöner Abend. Aber unter Demokraten sollte man niemals „nie“ sagen.

„Nie“ kann ich aber sicher bei denjenigen sagen, die unsere Demokratie verächtlich machen. Da nach einem Namen gefragt wurde, nenne ich stellvertretend für die gesamte AfD Alice Weidel.


Zur Person

Christian Schubert ist 22 Jahre alt und wohnt in Erftstadt. Er studiert in Bonn Politikwissenschaft und Öffentliches Recht. Seit 2021 ist er Parteivorsitzender im Ortsverband Erftstadt und seit zwei Jahren Vorsitzender des Grünen-Kreisverbandes Rhein-Erft. Politische Themenschwerpunkte sind starke Kommunen, Föderalismusreform, europäische Außenpolitik und natürlicher Klimaschutz.

Seine Hobbys sind: Theater, Karneval und Spieleabende mit Freunden.