Nettersheim-Marmagen – Nicht mit dem üblichen Spatenstich, sondern mit einer Sprengung des felsigen Untergrunds begannen im Mai 1972 die vorbereitenden Arbeiten zum Bau der Eifelhöhen-Klinik. Gut drei Jahre später, im September 1975, wurden die ersten Patienten behandelt. Ein Blick auf die über 40-jährige Geschichte:
Der Geheimplan
Die Idee zum Bau der Klinik stammte vom Marmagener Forstoberamtmann Egon Latussek. Er regte Mitte der 1960er Jahre in einem elitären Kreis an, ein Sanatorium zu errichten. Dies griff Dr. Reiner Vosen, Arzt und einer der Gründungsväter und späteren Investoren, auf. Für das Projekt konnte er eine Reihe von Kollegen aus dem Kölner Raum gewinnen, die darin ein steuerlich günstiges Abschreibungsobjekt sahen. Die Pläne blieben zunächst geheim. Vor allem sollten die Kurorte Gemünd und Bad Münstereifel keinen Wind davon bekommen. Die eingeweihten Ratsmitglieder der damals zum Amt Schmidtheim gehörigen Gemeinde Marmagen, angeführt vom wortgewaltigen Peter Milz, stellvertretender Landrat und späterer MdB, hielten dicht. Der nach der Kommunalreform zuständige Nettersheimer Bürgermeister wurde erst gar nicht informiert. Den Protagonisten gelang es, dass der Aachener Regierungspräsident seine Einwände aufgab.
Die Lage
Die trotz des Bahnanschlusses in Nettersheim vorhandenen Standortnachteile wischte letztlich der Bau der Eifelautobahn A 1 mit dem Anschluss Nettersheim weitestgehend vom Tisch. Auch dies war ein Verdienst von Peter Milz, der als Mitglied des Verkehrsausschusses des Bundestages die Karten zum Verlauf der A 1 mit der Abfahrt Nettersheim/Marmagen günstig mischte. Dem Klinik-Projekt ordnete die Gemeinde letztlich alles unter. So benannte sie sogar das Flurstück Galgenberg, auf dem sie errichtet werden sollte, um: Mühlenberg ist doch viel wohlklingender...
Das Konzept
Dr. Reiner Vosen erläuterte die Philosophie des geplanten Hauses: „Zum Wohl erholungsuchender und kurbedürftiger Menschen im Industrieballungszentrum Antwerpen-Rhein-Ruhr soll auf den heilklimatisch günstigen und zentral gelegenen Eifelhöhen Marmagens ein nach modernen Konzeptionen gestaltetes Erholungs- und Rehabilitationszentrum geschaffen werden.“ Dazu benötigte die „Naturparksanatorium Eifel GmbH“ eine Grundstücksfläche von rund 9,5 Hektar. Die Kosten der ersten Bauphase beliefen sich auf rund 30 Millionen Mark.
Der Plan sah mit 162 Einzel- und 72 Doppelzimmer, normale und Diätküche, Gesellschafts-, Sport- und Fitnessräume und einladenden Außenanlagen vor. Vier Abteilungen sollten sich um die Gesundheit der Kurgäste mit Herz-Kreislauf- sowie Leber- und Stoffwechselerkrankungen, um orthopädische und psychosomatische Rehabilitation und um eine neurologische Unfallnachbehandlung kümmern. Im Mai 1973 begannen der Bau des sechsstöckigen Kliniktrakts. Die Gesellschaftsform wechselte in „Eifelhöhen-Klinik GmbH & Co KG“, drei Fachrichtungen wurden festgelegt: Innere Medizin, Orthopädie, Neurologie.
Der Start
Wenige Tage nach der Einweihung im September 1975 kamen die ersten 20 Patienten. Sie wurden von den 150 Mitarbeitern, darunter drei Chefärzte sowie weitere 23 Ärzte, 40 Krankenschwestern und -pflegern und 20 Krankengymnasten, die teils bereits am 1. Mai 1975 eingestellt worden waren, betreut. Zu den Mitarbeitern der ersten Stunde zählten Emilie Auel, Rita Schmitz, Erich Weynands und Annegret Plötz, die heute noch dort arbeiten. Sie erlebten eine „Aufbruchstimmung, vergleichbar wohl mit der Goldgräberzeit in Amerika“, so Weynands (s. Interview). „Da wir am 1. Mai eingestellt wurden, die Patienten aber noch fehlten, wies man uns allerlei handwerkliche und Räumarbeiten zu. Wir mussten Büros und Arbeitsräume säubern und einrichten“, erinnert sich Plötz. Die Eifelhöhen-Klinik entwickelte sich zu einem heute noch gewichtigen Arbeitgeber in der Region.
Gute und schlechte Zeiten
Die 1980er Jahre brachten der Reha-Klinik eine Phase der Konsolidierung, aber auch des Ausbaus auf bis zu 450 Betten. Fortan schwankte die Anzahl der Patienten und Mitarbeiter. 1984 schrieb die Klinik erstmals schwarze Zahlen. Zwei Jahre später stand die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft (AG) an. Im Juni 1991 ging die Einrichtung als erste deutsche Reha-Klinik an die Börse. 1997 brachte die dritte Stufe der Gesundheitsreform, die eine Verkürzung der Rehamaßnahmen von 28 auf 21 Tage vorsah, entscheidende Einschnitte. Bis 2000 verbesserte sich die Lage wieder. Die Anzahl der Mitarbeiter stieg auf rund 400, man verzeichnete durchschnittlich 300 Patienten.
Einkaufstour
Gut gerüstet ging die AG in den ersten Jahren des neuen Jahrhunderts auf „Einkaufstour“: Mal übernahm sie Firmenanteile, mal ganze Unternehmen – darunter die Kaiser-Karl-Klinik in Bonn und die Aatalklinik in Bad Wünnenberg. Die guten Zeiten währten nicht lange. Die Auslastung der Klinik sank bis März 2005 auf 55 Prozent. Die Klinik sah sich in ihrer Existenz bedroht und trennte sich von zwei defizitären Einrichtungen, dem Krankenhaus Wetter/Ruhr und der Reha Düsseldorf.
Die Zukunft
Zurzeit liegt die Verantwortung im medizinischen Bereich bei den Chefärzten Prof. Dr. Claus Weiss (ärztlicher Direktor), Dr. Mario Broich und Dr. Arno Kreischer. Seit Oktober 2014 sind Detlef Hambücker und Rüdiger Pfeifer Geschäftsführer. Die Klinik hat 320 Mitarbeiter. Hambücker sieht die Klinik gut aufgestellt: „Die Fachbereiche decken den wesentlichen Bedarf im Rehabilitationssektor ab.“ Gleichwohl müsse man Entwicklungen auf dem Markt beachten. Die Vernetzung von akut- und rehabilitativer Behandlung werde vor dem Hintergrund der zu erwartenden knappen wirtschaftlichen, sprich finanziellen Ressourcen wichtig bleiben.